Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Fünfter Gesang. Beyfall. Aber der flammende Seraph, darob nicht erschrocken,Obgleich allein, und mit Feinden umgeben, antwortet ihm muthig: 845O verfluchter, abtrünniger Geist, von allem Guten Gänzlich verlassen! Dein Fall ist verhängt; ich seh ihn, und mit ihm Dieser Unglückseelgen Verderben, in gleiches Verbrechen Durch dich verwickelt; und beydes dein Laster, und seine Strafe Hat sie der Pest gleich ergriffen, du darfst hinfort nicht mehr sorgen, 850Gott des Messias Joch abzuwerfen. Der sanften Gesetze Wirst du nicht mehr gewürdigt. Schon ist ein anderer Rathschluß Wider dich unwiederruflich ergangen; das güldene Zepter, Das du verwirfst, wird dir nun zu einem eisernen Stabe Deinen Ungehorsam zu brechen und zu zerschmettern. 855Wohl erinnerst du mich! doch nicht ob deiner Erinnrung, Oder Drohung, entflieh ich aus diesen verfluchten Gezelten; Sondern, daß nicht die feurige Rache, die über euch herschwebt, Wenn sie nun plötzlich in Flammen geräth, mich mit euch vermische. Denn bald wird auf dein Haupt sein Donner, verzehrendes Feuer, 860Niederstürzen; dann lerne lautjammernd, den, der dich gemacht hat, Kennen, indem du nun Jhn, der dich vernichten kann, siehest. Seraph Abdiel sprach so, der unter den Ungetreuen Treu erfunden ward; treu allein unter zahllosen Falschen, Unerschüttert, und unerschrocken, und unverführet, 865Stand er in seiner Lieb', in seiner Treu. Nicht das Beyspiel, Noch
Fuͤnfter Geſang. Beyfall. Aber der flammende Seraph, darob nicht erſchrocken,Obgleich allein, und mit Feinden umgeben, antwortet ihm muthig: 845O verfluchter, abtruͤnniger Geiſt, von allem Guten Gaͤnzlich verlaſſen! Dein Fall iſt verhaͤngt; ich ſeh ihn, und mit ihm Dieſer Ungluͤckſeelgen Verderben, in gleiches Verbrechen Durch dich verwickelt; und beydes dein Laſter, und ſeine Strafe Hat ſie der Peſt gleich ergriffen, du darfſt hinfort nicht mehr ſorgen, 850Gott des Meſſias Joch abzuwerfen. Der ſanften Geſetze Wirſt du nicht mehr gewuͤrdigt. Schon iſt ein anderer Rathſchluß Wider dich unwiederruflich ergangen; das guͤldene Zepter, Das du verwirfſt, wird dir nun zu einem eiſernen Stabe Deinen Ungehorſam zu brechen und zu zerſchmettern. 855Wohl erinnerſt du mich! doch nicht ob deiner Erinnrung, Oder Drohung, entflieh ich aus dieſen verfluchten Gezelten; Sondern, daß nicht die feurige Rache, die uͤber euch herſchwebt, Wenn ſie nun ploͤtzlich in Flammen geraͤth, mich mit euch vermiſche. Denn bald wird auf dein Haupt ſein Donner, verzehrendes Feuer, 860Niederſtuͤrzen; dann lerne lautjammernd, den, der dich gemacht hat, Kennen, indem du nun Jhn, der dich vernichten kann, ſieheſt. Seraph Abdiel ſprach ſo, der unter den Ungetreuen Treu erfunden ward; treu allein unter zahlloſen Falſchen, Unerſchuͤttert, und unerſchrocken, und unverfuͤhret, 865Stand er in ſeiner Lieb’, in ſeiner Treu. Nicht das Beyſpiel, Noch
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Fuͤnfter Geſang.
Beyfall. Aber der flammende Seraph, darob nicht erſchrocken,
Obgleich allein, und mit Feinden umgeben, antwortet ihm muthig:
O verfluchter, abtruͤnniger Geiſt, von allem Guten
Gaͤnzlich verlaſſen! Dein Fall iſt verhaͤngt; ich ſeh ihn, und mit ihm
Dieſer Ungluͤckſeelgen Verderben, in gleiches Verbrechen
Durch dich verwickelt; und beydes dein Laſter, und ſeine Strafe
Hat ſie der Peſt gleich ergriffen, du darfſt hinfort nicht mehr ſorgen,
Gott des Meſſias Joch abzuwerfen. Der ſanften Geſetze
Wirſt du nicht mehr gewuͤrdigt. Schon iſt ein anderer Rathſchluß
Wider dich unwiederruflich ergangen; das guͤldene Zepter,
Das du verwirfſt, wird dir nun zu einem eiſernen Stabe
Deinen Ungehorſam zu brechen und zu zerſchmettern.
Wohl erinnerſt du mich! doch nicht ob deiner Erinnrung,
Oder Drohung, entflieh ich aus dieſen verfluchten Gezelten;
Sondern, daß nicht die feurige Rache, die uͤber euch herſchwebt,
Wenn ſie nun ploͤtzlich in Flammen geraͤth, mich mit euch vermiſche.
Denn bald wird auf dein Haupt ſein Donner, verzehrendes Feuer,
Niederſtuͤrzen; dann lerne lautjammernd, den, der dich gemacht hat,
Kennen, indem du nun Jhn, der dich vernichten kann, ſieheſt.
Seraph Abdiel ſprach ſo, der unter den Ungetreuen
Treu erfunden ward; treu allein unter zahlloſen Falſchen,
Unerſchuͤttert, und unerſchrocken, und unverfuͤhret,
Stand er in ſeiner Lieb’, in ſeiner Treu. Nicht das Beyſpiel,
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