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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Das verlohrne Paradies.
Ueber die Lustgänge ragten, und mehrere Hände verlangten,
220Der fruchtlosen Umarmung zu wehren; sie führten die Rebe
Sich mit ihrem Ulmbaum zu paaren; sie, mit ihm vermählet,
Schlinget sich um ihn mit ehlichen Armen, und bringet zur Mitgift
Die von ihm angenommenen Trauben, die unfruchtbaren
Zweige mit ihnen zu zieren. Es sah sie der König des Himmels
225Also beschäfftigt, voll Mitleid, und rief den geselligen Engel
Raphael zu sich, der ehmals den jungen Tobias gewürdigt,
Mit ihm zu reisen, und ihn in der Eh mit der Jungfrau bewahrte,
Welche siebenmal vor ihn unglücklich vermählet gewesen.

Raphael, sprach er, du hörst, was Satan, welcher der Hölle
230Durch den finstern Abgrund entronnen, auf Erden für Unruh
Jn dem Paradiese gestiftet; mit welchen Versuchen
Diese Nacht er das menschliche Paar gestört hat, und wie er
Auf einmal das ganze Geschlecht der Menschen in ihnen
Zu verderben sich vornimmt. Begieb dich also zu Adam
235Und bring diese Hälfte des Tages, wie Freunde mit Freunden,
Bey ihm zu, da wo du ihn findst vor der Hitze des Mittags
Unter kühlende Lauben und hohe Schatten entwichen,
Sich nach der Arbeit des Tages mit einer erfrischenden Mahlzeit
Oder mit süßer Ruh zu erquicken. Mit solchen Gesprächen
240Unterhalt ihn, die ihn an seinen glücklichen Zustand,
An dies Glück erinnern, das seinem eigenen Willen,
Seinem freyen Willen ich ganz überlassen; dem Willen,
Der zwar frey, doch veränderlich ist; und warne daher ihn,
Daß

Das verlohrne Paradies.
Ueber die Luſtgaͤnge ragten, und mehrere Haͤnde verlangten,
220Der fruchtloſen Umarmung zu wehren; ſie fuͤhrten die Rebe
Sich mit ihrem Ulmbaum zu paaren; ſie, mit ihm vermaͤhlet,
Schlinget ſich um ihn mit ehlichen Armen, und bringet zur Mitgift
Die von ihm angenommenen Trauben, die unfruchtbaren
Zweige mit ihnen zu zieren. Es ſah ſie der Koͤnig des Himmels
225Alſo beſchaͤfftigt, voll Mitleid, und rief den geſelligen Engel
Raphael zu ſich, der ehmals den jungen Tobias gewuͤrdigt,
Mit ihm zu reiſen, und ihn in der Eh mit der Jungfrau bewahrte,
Welche ſiebenmal vor ihn ungluͤcklich vermaͤhlet geweſen.

Raphael, ſprach er, du hoͤrſt, was Satan, welcher der Hoͤlle
230Durch den finſtern Abgrund entronnen, auf Erden fuͤr Unruh
Jn dem Paradieſe geſtiftet; mit welchen Verſuchen
Dieſe Nacht er das menſchliche Paar geſtoͤrt hat, und wie er
Auf einmal das ganze Geſchlecht der Menſchen in ihnen
Zu verderben ſich vornimmt. Begieb dich alſo zu Adam
235Und bring dieſe Haͤlfte des Tages, wie Freunde mit Freunden,
Bey ihm zu, da wo du ihn findſt vor der Hitze des Mittags
Unter kuͤhlende Lauben und hohe Schatten entwichen,
Sich nach der Arbeit des Tages mit einer erfriſchenden Mahlzeit
Oder mit ſuͤßer Ruh zu erquicken. Mit ſolchen Geſpraͤchen
240Unterhalt ihn, die ihn an ſeinen gluͤcklichen Zuſtand,
An dies Gluͤck erinnern, das ſeinem eigenen Willen,
Seinem freyen Willen ich ganz uͤberlaſſen; dem Willen,
Der zwar frey, doch veraͤnderlich iſt; und warne daher ihn,
Daß
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[194/0216] Das verlohrne Paradies. Ueber die Luſtgaͤnge ragten, und mehrere Haͤnde verlangten, Der fruchtloſen Umarmung zu wehren; ſie fuͤhrten die Rebe Sich mit ihrem Ulmbaum zu paaren; ſie, mit ihm vermaͤhlet, Schlinget ſich um ihn mit ehlichen Armen, und bringet zur Mitgift Die von ihm angenommenen Trauben, die unfruchtbaren Zweige mit ihnen zu zieren. Es ſah ſie der Koͤnig des Himmels Alſo beſchaͤfftigt, voll Mitleid, und rief den geſelligen Engel Raphael zu ſich, der ehmals den jungen Tobias gewuͤrdigt, Mit ihm zu reiſen, und ihn in der Eh mit der Jungfrau bewahrte, Welche ſiebenmal vor ihn ungluͤcklich vermaͤhlet geweſen. Raphael, ſprach er, du hoͤrſt, was Satan, welcher der Hoͤlle Durch den finſtern Abgrund entronnen, auf Erden fuͤr Unruh Jn dem Paradieſe geſtiftet; mit welchen Verſuchen Dieſe Nacht er das menſchliche Paar geſtoͤrt hat, und wie er Auf einmal das ganze Geſchlecht der Menſchen in ihnen Zu verderben ſich vornimmt. Begieb dich alſo zu Adam Und bring dieſe Haͤlfte des Tages, wie Freunde mit Freunden, Bey ihm zu, da wo du ihn findſt vor der Hitze des Mittags Unter kuͤhlende Lauben und hohe Schatten entwichen, Sich nach der Arbeit des Tages mit einer erfriſchenden Mahlzeit Oder mit ſuͤßer Ruh zu erquicken. Mit ſolchen Geſpraͤchen Unterhalt ihn, die ihn an ſeinen gluͤcklichen Zuſtand, An dies Gluͤck erinnern, das ſeinem eigenen Willen, Seinem freyen Willen ich ganz uͤberlaſſen; dem Willen, Der zwar frey, doch veraͤnderlich iſt; und warne daher ihn, Daß

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/216>, abgerufen am 23.11.2024.