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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Das verlohrne Paradies.
370Euer irdischer Himmel, für einen Himmel verwahret,
Einen Feind abzuhalten, wie der, der itzt ihn erstiegen.
Doch ists kein vorsetzlicher Feind; denn mit euch Verlohrnen
Hat er Mitleiden, ob gleich es niemand mit ihm hat. Jch suche
Mich mit euch zu verbinden, und eine so starke, so feste,
375Wechselsweise Freundschaft mit euch zu errichten, daß Jch muß
Künftig wohnen bey euch, oder ihr bey mir. Zwar die Wohnung
Wird wohl euren Sinnen so gut nicht gefallen, als dieses
Herrliche Paradies; doch nehmt sie als eures Erschaffers
Werk, und so wie sie ist. Er gab sie mir so, und mit Freuden
380Geb ich sie so euch wieder, die Hölle soll, euch zu empfangen,
Jhre weitesten Pforten eröffnen, und alle Fürsten
Euch entgegen senden. Und hier wird Raum seyn, noch mehr Raum
Als in diesem engen Bezirk, eur zahlreich Geschlechte
Einzunehmen. Und scheint euch der Platz nicht besser, so dankt es
385Dem, der mich nöthigt an euch Unschuldgen die Rache zu nehmen,
Die ihr mich nicht beleidigt, statt seiner, der mich beleidigt.
Und wofern mir (wie es geschieht) das Herz zerschmölze
Bey dem Anblick so frommer Unschuld, so treiben doch itzo
Billige Staatsursachen, und Ruhm, und Begierde nach Herrschaft,
390Mit der Rache vermehrt, die neue Welt zu erobern,
Thaten zu thun mich an, unbillige schreckliche Thaten,
Die ich sonst selber (so sehr ich verdammt bin) verabscheuen würde.

Also Satan. Und mit der Vertheidigung aller Tyrannen,
Mit der Nothwendigkeit, sucht er die teuflische That zu entschuldgen.
Er

Das verlohrne Paradies.
370Euer irdiſcher Himmel, fuͤr einen Himmel verwahret,
Einen Feind abzuhalten, wie der, der itzt ihn erſtiegen.
Doch iſts kein vorſetzlicher Feind; denn mit euch Verlohrnen
Hat er Mitleiden, ob gleich es niemand mit ihm hat. Jch ſuche
Mich mit euch zu verbinden, und eine ſo ſtarke, ſo feſte,
375Wechſelsweiſe Freundſchaft mit euch zu errichten, daß Jch muß
Kuͤnftig wohnen bey euch, oder ihr bey mir. Zwar die Wohnung
Wird wohl euren Sinnen ſo gut nicht gefallen, als dieſes
Herrliche Paradies; doch nehmt ſie als eures Erſchaffers
Werk, und ſo wie ſie iſt. Er gab ſie mir ſo, und mit Freuden
380Geb ich ſie ſo euch wieder, die Hoͤlle ſoll, euch zu empfangen,
Jhre weiteſten Pforten eroͤffnen, und alle Fuͤrſten
Euch entgegen ſenden. Und hier wird Raum ſeyn, noch mehr Raum
Als in dieſem engen Bezirk, eur zahlreich Geſchlechte
Einzunehmen. Und ſcheint euch der Platz nicht beſſer, ſo dankt es
385Dem, der mich noͤthigt an euch Unſchuldgen die Rache zu nehmen,
Die ihr mich nicht beleidigt, ſtatt ſeiner, der mich beleidigt.
Und wofern mir (wie es geſchieht) das Herz zerſchmoͤlze
Bey dem Anblick ſo frommer Unſchuld, ſo treiben doch itzo
Billige Staatsurſachen, und Ruhm, und Begierde nach Herrſchaft,
390Mit der Rache vermehrt, die neue Welt zu erobern,
Thaten zu thun mich an, unbillige ſchreckliche Thaten,
Die ich ſonſt ſelber (ſo ſehr ich verdammt bin) verabſcheuen wuͤrde.

Alſo Satan. Und mit der Vertheidigung aller Tyrannen,
Mit der Nothwendigkeit, ſucht er die teufliſche That zu entſchuldgen.
Er
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[152/0172] Das verlohrne Paradies. Euer irdiſcher Himmel, fuͤr einen Himmel verwahret, Einen Feind abzuhalten, wie der, der itzt ihn erſtiegen. Doch iſts kein vorſetzlicher Feind; denn mit euch Verlohrnen Hat er Mitleiden, ob gleich es niemand mit ihm hat. Jch ſuche Mich mit euch zu verbinden, und eine ſo ſtarke, ſo feſte, Wechſelsweiſe Freundſchaft mit euch zu errichten, daß Jch muß Kuͤnftig wohnen bey euch, oder ihr bey mir. Zwar die Wohnung Wird wohl euren Sinnen ſo gut nicht gefallen, als dieſes Herrliche Paradies; doch nehmt ſie als eures Erſchaffers Werk, und ſo wie ſie iſt. Er gab ſie mir ſo, und mit Freuden Geb ich ſie ſo euch wieder, die Hoͤlle ſoll, euch zu empfangen, Jhre weiteſten Pforten eroͤffnen, und alle Fuͤrſten Euch entgegen ſenden. Und hier wird Raum ſeyn, noch mehr Raum Als in dieſem engen Bezirk, eur zahlreich Geſchlechte Einzunehmen. Und ſcheint euch der Platz nicht beſſer, ſo dankt es Dem, der mich noͤthigt an euch Unſchuldgen die Rache zu nehmen, Die ihr mich nicht beleidigt, ſtatt ſeiner, der mich beleidigt. Und wofern mir (wie es geſchieht) das Herz zerſchmoͤlze Bey dem Anblick ſo frommer Unſchuld, ſo treiben doch itzo Billige Staatsurſachen, und Ruhm, und Begierde nach Herrſchaft, Mit der Rache vermehrt, die neue Welt zu erobern, Thaten zu thun mich an, unbillige ſchreckliche Thaten, Die ich ſonſt ſelber (ſo ſehr ich verdammt bin) verabſcheuen wuͤrde. Alſo Satan. Und mit der Vertheidigung aller Tyrannen, Mit der Nothwendigkeit, ſucht er die teufliſche That zu entſchuldgen. Er

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/172>, abgerufen am 23.11.2024.