Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Das verlohrne Paradies.
Mit verliebter Umarmung umschlang, der schönste der Männer,
Adam, von allen seinen nachher ihm gebohrnen Söhnen,
Eva, von ihren Töchtern die schönste. Sie setzten sich nieder
Unter einem schattichten Busch, der angenehm säuselnd
325Auf dem blumichten Raasen bey einer frischsprudelnden Quelle
Stand. Sie hielten nunmehr nach der kleinen vollendeten Arbeit,
Nach der süßen Gartenarbeit, die eben genug war,
Jhnen den kühlen Zephir noch kühler, die Ruhe noch süßer,
Und den Hunger und Durst noch angenehmer zu machen,
330Jhre Abendmahlzeit von Früchten; nektarischen Früchten
Welche die willigen Zweige reichten, so wie sie im Schatten
Nachläßig hingelehnt, itzt auf der weichen Rasenbank saßen,
Die mit Blumen gestickt war. Sie essen die saftigen Früchte
Und sie schöpfen, so oft als sie dürstet, die silberne Quelle
335Mit den güldenen Rinden. Auch fehlten nicht liebreiche Reden,
Schmeichelndes Lächeln, und jugendlichs Scherzen, so wie sichs geziemte
Für ein so schönes Paar, in ein glückliches Ehband verknüpfet,
Das so allein war, wie sie. Es spielten scherzend vor ihnen
Alle Thiere der Erden, und alles Wild, was hernachmals
340Jn den Wäldern, und Wüsten, und Höhlen, die Jagd verfolget.
Schmeichelnd sprang der Löwe daher, und wiegt in den Klauen
Tändelnd das Lamm; und Tyger, und Bäre, Pardel, und Lüchse,
Spielten vor ihnen. Der Elephant, unbehülflich, bemüht sich
Seine Stärke zu zeigen und windet, um sie zu ergötzen,
345Seinen geschmeidigen Rüssel. Jn dicht geschlossene Ringe
Schlung die listige Schlange den Schweif in gordische Knoten

Und

Das verlohrne Paradies.
Mit verliebter Umarmung umſchlang, der ſchoͤnſte der Maͤnner,
Adam, von allen ſeinen nachher ihm gebohrnen Soͤhnen,
Eva, von ihren Toͤchtern die ſchoͤnſte. Sie ſetzten ſich nieder
Unter einem ſchattichten Buſch, der angenehm ſaͤuſelnd
325Auf dem blumichten Raaſen bey einer friſchſprudelnden Quelle
Stand. Sie hielten nunmehr nach der kleinen vollendeten Arbeit,
Nach der ſuͤßen Gartenarbeit, die eben genug war,
Jhnen den kuͤhlen Zephir noch kuͤhler, die Ruhe noch ſuͤßer,
Und den Hunger und Durſt noch angenehmer zu machen,
330Jhre Abendmahlzeit von Fruͤchten; nektariſchen Fruͤchten
Welche die willigen Zweige reichten, ſo wie ſie im Schatten
Nachlaͤßig hingelehnt, itzt auf der weichen Raſenbank ſaßen,
Die mit Blumen geſtickt war. Sie eſſen die ſaftigen Fruͤchte
Und ſie ſchoͤpfen, ſo oft als ſie duͤrſtet, die ſilberne Quelle
335Mit den guͤldenen Rinden. Auch fehlten nicht liebreiche Reden,
Schmeichelndes Laͤcheln, und jugendlichs Scherzen, ſo wie ſichs geziemte
Fuͤr ein ſo ſchoͤnes Paar, in ein gluͤckliches Ehband verknuͤpfet,
Das ſo allein war, wie ſie. Es ſpielten ſcherzend vor ihnen
Alle Thiere der Erden, und alles Wild, was hernachmals
340Jn den Waͤldern, und Wuͤſten, und Hoͤhlen, die Jagd verfolget.
Schmeichelnd ſprang der Loͤwe daher, und wiegt in den Klauen
Taͤndelnd das Lamm; und Tyger, und Baͤre, Pardel, und Luͤchſe,
Spielten vor ihnen. Der Elephant, unbehuͤlflich, bemuͤht ſich
Seine Staͤrke zu zeigen und windet, um ſie zu ergoͤtzen,
345Seinen geſchmeidigen Ruͤſſel. Jn dicht geſchloſſene Ringe
Schlung die liſtige Schlange den Schweif in gordiſche Knoten

Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="5">
            <pb facs="#f0170" n="150"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/>
            <l>Mit verliebter Umarmung um&#x017F;chlang, der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te der Ma&#x0364;nner,</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">Adam,</hi> von allen &#x017F;einen nachher ihm gebohrnen So&#x0364;hnen,</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">Eva,</hi> von ihren To&#x0364;chtern die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te. Sie &#x017F;etzten &#x017F;ich nieder</l><lb/>
            <l>Unter einem &#x017F;chattichten Bu&#x017F;ch, der angenehm &#x017F;a&#x0364;u&#x017F;elnd</l><lb/>
            <l><note place="left">325</note>Auf dem blumichten Raa&#x017F;en bey einer fri&#x017F;ch&#x017F;prudelnden Quelle</l><lb/>
            <l>Stand. Sie hielten nunmehr nach der kleinen vollendeten Arbeit,</l><lb/>
            <l>Nach der &#x017F;u&#x0364;ßen Gartenarbeit, die eben genug war,</l><lb/>
            <l>Jhnen den ku&#x0364;hlen Zephir noch ku&#x0364;hler, die Ruhe noch &#x017F;u&#x0364;ßer,</l><lb/>
            <l>Und den Hunger und Dur&#x017F;t noch angenehmer zu machen,</l><lb/>
            <l><note place="left">330</note>Jhre Abendmahlzeit von Fru&#x0364;chten; nektari&#x017F;chen Fru&#x0364;chten</l><lb/>
            <l>Welche die willigen Zweige reichten, &#x017F;o wie &#x017F;ie im Schatten</l><lb/>
            <l>Nachla&#x0364;ßig hingelehnt, itzt auf der weichen Ra&#x017F;enbank &#x017F;aßen,</l><lb/>
            <l>Die mit Blumen ge&#x017F;tickt war. Sie e&#x017F;&#x017F;en die &#x017F;aftigen Fru&#x0364;chte</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie &#x017F;cho&#x0364;pfen, &#x017F;o oft als &#x017F;ie du&#x0364;r&#x017F;tet, die &#x017F;ilberne Quelle</l><lb/>
            <l><note place="left">335</note>Mit den gu&#x0364;ldenen Rinden. Auch fehlten nicht liebreiche Reden,</l><lb/>
            <l>Schmeichelndes La&#x0364;cheln, und jugendlichs Scherzen, &#x017F;o wie &#x017F;ichs geziemte</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;r ein &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;nes Paar, in ein glu&#x0364;ckliches Ehband verknu&#x0364;pfet,</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;o allein war, wie &#x017F;ie. Es &#x017F;pielten &#x017F;cherzend vor ihnen</l><lb/>
            <l>Alle Thiere der Erden, und alles Wild, was hernachmals</l><lb/>
            <l><note place="left">340</note>Jn den Wa&#x0364;ldern, und Wu&#x0364;&#x017F;ten, und Ho&#x0364;hlen, die Jagd verfolget.</l><lb/>
            <l>Schmeichelnd &#x017F;prang der Lo&#x0364;we daher, und wiegt in den Klauen</l><lb/>
            <l>Ta&#x0364;ndelnd das Lamm; und Tyger, und Ba&#x0364;re, Pardel, und Lu&#x0364;ch&#x017F;e,</l><lb/>
            <l>Spielten vor ihnen. Der Elephant, unbehu&#x0364;lflich, bemu&#x0364;ht &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>Seine Sta&#x0364;rke zu zeigen und windet, um &#x017F;ie zu ergo&#x0364;tzen,</l><lb/>
            <l><note place="left">345</note>Seinen ge&#x017F;chmeidigen Ru&#x0364;&#x017F;&#x017F;el. Jn dicht ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Ringe</l><lb/>
            <l>Schlung die li&#x017F;tige Schlange den Schweif in gordi&#x017F;che Knoten</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0170] Das verlohrne Paradies. Mit verliebter Umarmung umſchlang, der ſchoͤnſte der Maͤnner, Adam, von allen ſeinen nachher ihm gebohrnen Soͤhnen, Eva, von ihren Toͤchtern die ſchoͤnſte. Sie ſetzten ſich nieder Unter einem ſchattichten Buſch, der angenehm ſaͤuſelnd Auf dem blumichten Raaſen bey einer friſchſprudelnden Quelle Stand. Sie hielten nunmehr nach der kleinen vollendeten Arbeit, Nach der ſuͤßen Gartenarbeit, die eben genug war, Jhnen den kuͤhlen Zephir noch kuͤhler, die Ruhe noch ſuͤßer, Und den Hunger und Durſt noch angenehmer zu machen, Jhre Abendmahlzeit von Fruͤchten; nektariſchen Fruͤchten Welche die willigen Zweige reichten, ſo wie ſie im Schatten Nachlaͤßig hingelehnt, itzt auf der weichen Raſenbank ſaßen, Die mit Blumen geſtickt war. Sie eſſen die ſaftigen Fruͤchte Und ſie ſchoͤpfen, ſo oft als ſie duͤrſtet, die ſilberne Quelle Mit den guͤldenen Rinden. Auch fehlten nicht liebreiche Reden, Schmeichelndes Laͤcheln, und jugendlichs Scherzen, ſo wie ſichs geziemte Fuͤr ein ſo ſchoͤnes Paar, in ein gluͤckliches Ehband verknuͤpfet, Das ſo allein war, wie ſie. Es ſpielten ſcherzend vor ihnen Alle Thiere der Erden, und alles Wild, was hernachmals Jn den Waͤldern, und Wuͤſten, und Hoͤhlen, die Jagd verfolget. Schmeichelnd ſprang der Loͤwe daher, und wiegt in den Klauen Taͤndelnd das Lamm; und Tyger, und Baͤre, Pardel, und Luͤchſe, Spielten vor ihnen. Der Elephant, unbehuͤlflich, bemuͤht ſich Seine Staͤrke zu zeigen und windet, um ſie zu ergoͤtzen, Seinen geſchmeidigen Ruͤſſel. Jn dicht geſchloſſene Ringe Schlung die liſtige Schlange den Schweif in gordiſche Knoten Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/170
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/170>, abgerufen am 01.05.2024.