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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Vierter Gesang.
Unter den waldichten Hügel hindurch; denn dieses Gebirge
225Hatte Gott über dem reißenden Strom, dem Garten zum Grunde
Hoch erhaben; der Fluß quoll durch die Adern der Erde,
Aufgezogen mit lieblichem Dufte, hervor, als ein Springbrunn,
Welcher mit manchen rieselnden Bach den fruchtbaren Garten
Wässerte, bis er vereint den steilen Hügel hinabschoß,
230Und sich unten zum Strome mischte, der itzo von neuem
Aus den finsteren Grotten, die er durchflossen, hervorkam.
Jn vier Hauptflüssen [Spaltenumbruch] m) strömt er nunmehr auf verschiedenen Wegen
Durch so manches berühmte Reich, wovon zu erzehlen
Hier nicht nöthig ist, nöthiger wär es, wofern es die Kunst nur
235Abzuschildern vermöchte, wie aus dem saphirnen Brunnen
Die sich kräuselnden Bäch', in labyrinthischen Krümmen,
Unter hangenden Schatten, sich über Perlen und Goldsand
Rollten, und Nektar rannen; der jede Pflanze besuchte,
Jede Blume nährte, des Paradieses so würdig;
240Welche die feinste Kunst nicht auf Beeten, und zierlichen Feldern,
Sondern allein die gütge Natur verschwendrisch hervorbringt
Auf den Ebnen, im Thal, und auf dem fruchtbaren Hügel,
Da wo die Morgensonne zuerst die offenen Felder
Sanft erwärmt, oder da, wo undurchdringliche Schatten
245Kühle mittägliche Lauben schwärzen. Der Ort war also
Ein anmuthiger Landsitz von mancher lachenden Aussicht.

Lust-
m) 1 B. M. II. 10. Und es gieng
aus von Eden ein Strom, zu
[Spaltenumbruch] wässern den Garten und theilete
sich daselbst in vier Hauptwasser.
T

Vierter Geſang.
Unter den waldichten Huͤgel hindurch; denn dieſes Gebirge
225Hatte Gott uͤber dem reißenden Strom, dem Garten zum Grunde
Hoch erhaben; der Fluß quoll durch die Adern der Erde,
Aufgezogen mit lieblichem Dufte, hervor, als ein Springbrunn,
Welcher mit manchen rieſelnden Bach den fruchtbaren Garten
Waͤſſerte, bis er vereint den ſteilen Huͤgel hinabſchoß,
230Und ſich unten zum Strome miſchte, der itzo von neuem
Aus den finſteren Grotten, die er durchfloſſen, hervorkam.
Jn vier Hauptfluͤſſen [Spaltenumbruch] m) ſtroͤmt er nunmehr auf verſchiedenen Wegen
Durch ſo manches beruͤhmte Reich, wovon zu erzehlen
Hier nicht noͤthig iſt, noͤthiger waͤr es, wofern es die Kunſt nur
235Abzuſchildern vermoͤchte, wie aus dem ſaphirnen Brunnen
Die ſich kraͤuſelnden Baͤch’, in labyrinthiſchen Kruͤmmen,
Unter hangenden Schatten, ſich uͤber Perlen und Goldſand
Rollten, und Nektar rannen; der jede Pflanze beſuchte,
Jede Blume naͤhrte, des Paradieſes ſo wuͤrdig;
240Welche die feinſte Kunſt nicht auf Beeten, und zierlichen Feldern,
Sondern allein die guͤtge Natur verſchwendriſch hervorbringt
Auf den Ebnen, im Thal, und auf dem fruchtbaren Huͤgel,
Da wo die Morgenſonne zuerſt die offenen Felder
Sanft erwaͤrmt, oder da, wo undurchdringliche Schatten
245Kuͤhle mittaͤgliche Lauben ſchwaͤrzen. Der Ort war alſo
Ein anmuthiger Landſitz von mancher lachenden Ausſicht.

Luſt-
m) 1 B. M. II. 10. Und es gieng
aus von Eden ein Strom, zu
[Spaltenumbruch] waͤſſern den Garten und theilete
ſich daſelbſt in vier Hauptwaſſer.
T
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[145/0165] Vierter Geſang. Unter den waldichten Huͤgel hindurch; denn dieſes Gebirge Hatte Gott uͤber dem reißenden Strom, dem Garten zum Grunde Hoch erhaben; der Fluß quoll durch die Adern der Erde, Aufgezogen mit lieblichem Dufte, hervor, als ein Springbrunn, Welcher mit manchen rieſelnden Bach den fruchtbaren Garten Waͤſſerte, bis er vereint den ſteilen Huͤgel hinabſchoß, Und ſich unten zum Strome miſchte, der itzo von neuem Aus den finſteren Grotten, die er durchfloſſen, hervorkam. Jn vier Hauptfluͤſſen m) ſtroͤmt er nunmehr auf verſchiedenen Wegen Durch ſo manches beruͤhmte Reich, wovon zu erzehlen Hier nicht noͤthig iſt, noͤthiger waͤr es, wofern es die Kunſt nur Abzuſchildern vermoͤchte, wie aus dem ſaphirnen Brunnen Die ſich kraͤuſelnden Baͤch’, in labyrinthiſchen Kruͤmmen, Unter hangenden Schatten, ſich uͤber Perlen und Goldſand Rollten, und Nektar rannen; der jede Pflanze beſuchte, Jede Blume naͤhrte, des Paradieſes ſo wuͤrdig; Welche die feinſte Kunſt nicht auf Beeten, und zierlichen Feldern, Sondern allein die guͤtge Natur verſchwendriſch hervorbringt Auf den Ebnen, im Thal, und auf dem fruchtbaren Huͤgel, Da wo die Morgenſonne zuerſt die offenen Felder Sanft erwaͤrmt, oder da, wo undurchdringliche Schatten Kuͤhle mittaͤgliche Lauben ſchwaͤrzen. Der Ort war alſo Ein anmuthiger Landſitz von mancher lachenden Ausſicht. Luſt- m) 1 B. M. II. 10. Und es gieng aus von Eden ein Strom, zu waͤſſern den Garten und theilete ſich daſelbſt in vier Hauptwaſſer. T

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/165>, abgerufen am 02.05.2024.