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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Das verlohrne Paradies.
Braucht er, was besser genutzt, ein Pfand der Unsterblichkeit für ihn
Wäre geworden. (So wenig weis jemand, als Gott nur, den Werth oft
Eines Gutes, das vor ihm liegt; die nützlichsten Dinge
Werden, wo nicht zum schlimmsten, zum kleinsten Gebrauch oft verkehret:)
205Unter sich sah er nunmehr mit neuem Wunder den Reichthum
Und die Schätze der ganzen Natur; im engen Bezirke
Lagen sie offen vor jedem Vergnügen der menschlichen Sinnen,
Und es schien hier ein Himmel auf Erden. Denn Gottes Garten
War das glückliche Paradies, von ihm in dem Osten
210Edens gepflanzt [Spaltenumbruch] l). Und Eden versteckte sich ostwerts von Auran
Bis zu den Königsthürmen der großen Seleucia, prächtig
Von den griechschen Monarchen erbaut, wo die Söhne von Eden
Lange zuvor in Tilaßar gewohnt. Hier hatte der Schöpfer
Seinen noch schönern Garten im schönsten Boden gepflanzet.
215Alle Bäume der edelsten Art, sowohl für die Augen,
Als den Geruch, und Geschmack, entsproßten dem fruchtbaren Erdreich
Auf sein Wort; -- und in der Mitte stand unter denselben,
Hoch erhaben, der Baum des Lebens; Ambrosische Früchte
Reifenden Goldes blühten auf ihm; es wuchs nächst am Leben
220Unser Tod, der Baum der Erkenntniß; des Guten Erkenntniß
Durch die Erkenntniß des Uebels nur allzutheuer erkaufet.
Südwerts rauschte durch Eden ein breiter Fluß, -- unverändert
Hielt er den Lauf, und floß, vom dürren Sande verschlungen,

Unter
l) 1 B. Mos. II. 8. Und Gott der
Herr pflanzte einen Garten in
Eden gegen den Morgen. Auran

Haran, Charran, oder Charrä eine
[Spaltenumbruch] Stadt in Mesopotamien, am Euphrat.
Seleucia, eine Stadt vom Seleucus,
einem Nachfolger Alexanders des Gros-
sen an dem Tigris erbaut. N.

Das verlohrne Paradies.
Braucht er, was beſſer genutzt, ein Pfand der Unſterblichkeit fuͤr ihn
Waͤre geworden. (So wenig weis jemand, als Gott nur, den Werth oft
Eines Gutes, das vor ihm liegt; die nuͤtzlichſten Dinge
Werden, wo nicht zum ſchlimmſten, zum kleinſten Gebrauch oft verkehret:)
205Unter ſich ſah er nunmehr mit neuem Wunder den Reichthum
Und die Schaͤtze der ganzen Natur; im engen Bezirke
Lagen ſie offen vor jedem Vergnuͤgen der menſchlichen Sinnen,
Und es ſchien hier ein Himmel auf Erden. Denn Gottes Garten
War das gluͤckliche Paradies, von ihm in dem Oſten
210Edens gepflanzt [Spaltenumbruch] l). Und Eden verſteckte ſich oſtwerts von Auran
Bis zu den Koͤnigsthuͤrmen der großen Seleucia, praͤchtig
Von den griechſchen Monarchen erbaut, wo die Soͤhne von Eden
Lange zuvor in Tilaßar gewohnt. Hier hatte der Schoͤpfer
Seinen noch ſchoͤnern Garten im ſchoͤnſten Boden gepflanzet.
215Alle Baͤume der edelſten Art, ſowohl fuͤr die Augen,
Als den Geruch, und Geſchmack, entſproßten dem fruchtbaren Erdreich
Auf ſein Wort; — und in der Mitte ſtand unter denſelben,
Hoch erhaben, der Baum des Lebens; Ambroſiſche Fruͤchte
Reifenden Goldes bluͤhten auf ihm; es wuchs naͤchſt am Leben
220Unſer Tod, der Baum der Erkenntniß; des Guten Erkenntniß
Durch die Erkenntniß des Uebels nur allzutheuer erkaufet.
Suͤdwerts rauſchte durch Eden ein breiter Fluß, — unveraͤndert
Hielt er den Lauf, und floß, vom duͤrren Sande verſchlungen,

Unter
l) 1 B. Moſ. II. 8. Und Gott der
Herr pflanzte einen Garten in
Eden gegen den Morgen. Auran

Haran, Charran, oder Charraͤ eine
[Spaltenumbruch] Stadt in Meſopotamien, am Euphrat.
Seleucia, eine Stadt vom Seleucus,
einem Nachfolger Alexanders des Groſ-
ſen an dem Tigris erbaut. N.
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[144/0164] Das verlohrne Paradies. Braucht er, was beſſer genutzt, ein Pfand der Unſterblichkeit fuͤr ihn Waͤre geworden. (So wenig weis jemand, als Gott nur, den Werth oft Eines Gutes, das vor ihm liegt; die nuͤtzlichſten Dinge Werden, wo nicht zum ſchlimmſten, zum kleinſten Gebrauch oft verkehret:) Unter ſich ſah er nunmehr mit neuem Wunder den Reichthum Und die Schaͤtze der ganzen Natur; im engen Bezirke Lagen ſie offen vor jedem Vergnuͤgen der menſchlichen Sinnen, Und es ſchien hier ein Himmel auf Erden. Denn Gottes Garten War das gluͤckliche Paradies, von ihm in dem Oſten Edens gepflanzt l). Und Eden verſteckte ſich oſtwerts von Auran Bis zu den Koͤnigsthuͤrmen der großen Seleucia, praͤchtig Von den griechſchen Monarchen erbaut, wo die Soͤhne von Eden Lange zuvor in Tilaßar gewohnt. Hier hatte der Schoͤpfer Seinen noch ſchoͤnern Garten im ſchoͤnſten Boden gepflanzet. Alle Baͤume der edelſten Art, ſowohl fuͤr die Augen, Als den Geruch, und Geſchmack, entſproßten dem fruchtbaren Erdreich Auf ſein Wort; — und in der Mitte ſtand unter denſelben, Hoch erhaben, der Baum des Lebens; Ambroſiſche Fruͤchte Reifenden Goldes bluͤhten auf ihm; es wuchs naͤchſt am Leben Unſer Tod, der Baum der Erkenntniß; des Guten Erkenntniß Durch die Erkenntniß des Uebels nur allzutheuer erkaufet. Suͤdwerts rauſchte durch Eden ein breiter Fluß, — unveraͤndert Hielt er den Lauf, und floß, vom duͤrren Sande verſchlungen, Unter l) 1 B. Moſ. II. 8. Und Gott der Herr pflanzte einen Garten in Eden gegen den Morgen. Auran Haran, Charran, oder Charraͤ eine Stadt in Meſopotamien, am Euphrat. Seleucia, eine Stadt vom Seleucus, einem Nachfolger Alexanders des Groſ- ſen an dem Tigris erbaut. N.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/164>, abgerufen am 23.11.2024.