hurtig in die Taschen, gab ihm reichlich, und sag- te dann zu P. Philipp: Lieber Gott! was ist das traurig, wenn man sich an gar keinen Menschen auf der Welt halten kann!
P. Philipp. Ja wohl hat man Gott zu danken, wenn man seine Eltern und Verwandte hat; man kann nie genug thun, um ihnen das Leben ange- nehm zu machen und sie nicht zu kränken.
Siegwart. Das hab ich auch immer bey mei- nem Vater gedacht. Ach, ich wüste nicht, was ich anfangen sollte, wenn er stürbe.
P. Philipp. Und doch müst Er Gott danken, daß er ihn Jhm so lang erhalten hat. Er hat doch seine Erziehung ganz genossen, und kann sich schon eher sich selbst auf der Welt fort bringen.
Siegwart. Das wohl, Gottlob! Aber es wär doch für mich das gröste Unglück!
P. Philipp. Und doch muß Ers mit Gelassen- heit annehmen, die Nachricht möchte heut oder morgen kommen. Sein Herr Vater kann doch nicht so jung mehr seyn?
Siegwart. Neun und funfzig, glaub ich, wird er auf den Herbst alt werden.
P. Philipp. Sieht Er, das ist doch schon ein Al- ter, bey dem man ein bischen Sorge haben kann.
hurtig in die Taſchen, gab ihm reichlich, und ſag- te dann zu P. Philipp: Lieber Gott! was iſt das traurig, wenn man ſich an gar keinen Menſchen auf der Welt halten kann!
P. Philipp. Ja wohl hat man Gott zu danken, wenn man ſeine Eltern und Verwandte hat; man kann nie genug thun, um ihnen das Leben ange- nehm zu machen und ſie nicht zu kraͤnken.
Siegwart. Das hab ich auch immer bey mei- nem Vater gedacht. Ach, ich wuͤſte nicht, was ich anfangen ſollte, wenn er ſtuͤrbe.
P. Philipp. Und doch muͤſt Er Gott danken, daß er ihn Jhm ſo lang erhalten hat. Er hat doch ſeine Erziehung ganz genoſſen, und kann ſich ſchon eher ſich ſelbſt auf der Welt fort bringen.
Siegwart. Das wohl, Gottlob! Aber es waͤr doch fuͤr mich das groͤſte Ungluͤck!
P. Philipp. Und doch muß Ers mit Gelaſſen- heit annehmen, die Nachricht moͤchte heut oder morgen kommen. Sein Herr Vater kann doch nicht ſo jung mehr ſeyn?
Siegwart. Neun und funfzig, glaub ich, wird er auf den Herbſt alt werden.
P. Philipp. Sieht Er, das iſt doch ſchon ein Al- ter, bey dem man ein bischen Sorge haben kann.
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[501/0081]
hurtig in die Taſchen, gab ihm reichlich, und ſag-
te dann zu P. Philipp: Lieber Gott! was iſt das
traurig, wenn man ſich an gar keinen Menſchen
auf der Welt halten kann!
P. Philipp. Ja wohl hat man Gott zu danken,
wenn man ſeine Eltern und Verwandte hat; man
kann nie genug thun, um ihnen das Leben ange-
nehm zu machen und ſie nicht zu kraͤnken.
Siegwart. Das hab ich auch immer bey mei-
nem Vater gedacht. Ach, ich wuͤſte nicht, was ich
anfangen ſollte, wenn er ſtuͤrbe.
P. Philipp. Und doch muͤſt Er Gott danken,
daß er ihn Jhm ſo lang erhalten hat. Er hat doch
ſeine Erziehung ganz genoſſen, und kann ſich ſchon
eher ſich ſelbſt auf der Welt fort bringen.
Siegwart. Das wohl, Gottlob! Aber es waͤr
doch fuͤr mich das groͤſte Ungluͤck!
P. Philipp. Und doch muß Ers mit Gelaſſen-
heit annehmen, die Nachricht moͤchte heut oder
morgen kommen. Sein Herr Vater kann doch nicht
ſo jung mehr ſeyn?
Siegwart. Neun und funfzig, glaub ich, wird
er auf den Herbſt alt werden.
P. Philipp. Sieht Er, das iſt doch ſchon ein Al-
ter, bey dem man ein bischen Sorge haben kann.
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/81>, abgerufen am 24.11.2024.
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