pfehlen. Aber ich wills nicht, obs gleich Trost wäre. Kronhelm soll ganz glücklich werden! Mit mir kann ers nicht. Jch beschwöre dich bey allen Heiligen, Bruder! sag ihm nicht ein Wort davon! Grüß ihn nicht von mir! Er würde hoffen, und betrogene Hoffnung tödtet. Leb wohl, theurer Bruder! Bitt für mich um Geduld und Erlö- sung!
Siegwart folgte dem Rath seiner Schwester, und schrieb seinem Freund nur einzelne Worte von Theresen. Kronhelm härmte sich darüber sehr ab, und sein innrer Gram nahm immer zu.
Der alte Grünbach hatte dieses Frühjahr einen Garten gekauft, in dem sein Sohn und Siegwart sich sehr viel aufhielten. Sie spielten nun auch die Flöte, und brachten damit manchen schönen Früh- lingsabend hin. Sophie nahm ihre Arbeit mit hinaus, saß bey ihnen im Grünen, hörte ihrer Musik zu, und sang zuweilen eine Arie. Oft blieben sie des Abends noch da; spielten im Mond- schein; die Nachtigall sang dazwischen; und Sophie weinte. Oft lud sie auch die stille Nacht zu ver- traulichen und halb melancholischen Gesprächen ein. Sie unterhielten sich sehr oft von Kronhelm. So- phie hatte seine tiefe Traurigkeit vom ersten Augen-
pfehlen. Aber ich wills nicht, obs gleich Troſt waͤre. Kronhelm ſoll ganz gluͤcklich werden! Mit mir kann ers nicht. Jch beſchwoͤre dich bey allen Heiligen, Bruder! ſag ihm nicht ein Wort davon! Gruͤß ihn nicht von mir! Er wuͤrde hoffen, und betrogene Hoffnung toͤdtet. Leb wohl, theurer Bruder! Bitt fuͤr mich um Geduld und Erloͤ- ſung!
Siegwart folgte dem Rath ſeiner Schweſter, und ſchrieb ſeinem Freund nur einzelne Worte von Thereſen. Kronhelm haͤrmte ſich daruͤber ſehr ab, und ſein innrer Gram nahm immer zu.
Der alte Gruͤnbach hatte dieſes Fruͤhjahr einen Garten gekauft, in dem ſein Sohn und Siegwart ſich ſehr viel aufhielten. Sie ſpielten nun auch die Floͤte, und brachten damit manchen ſchoͤnen Fruͤh- lingsabend hin. Sophie nahm ihre Arbeit mit hinaus, ſaß bey ihnen im Gruͤnen, hoͤrte ihrer Muſik zu, und ſang zuweilen eine Arie. Oft blieben ſie des Abends noch da; ſpielten im Mond- ſchein; die Nachtigall ſang dazwiſchen; und Sophie weinte. Oft lud ſie auch die ſtille Nacht zu ver- traulichen und halb melancholiſchen Geſpraͤchen ein. Sie unterhielten ſich ſehr oft von Kronhelm. So- phie hatte ſeine tiefe Traurigkeit vom erſten Augen-
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pfehlen. Aber ich wills nicht, obs gleich Troſt
waͤre. Kronhelm ſoll ganz gluͤcklich werden! Mit
mir kann ers nicht. Jch beſchwoͤre dich bey allen
Heiligen, Bruder! ſag ihm nicht ein Wort davon!
Gruͤß ihn nicht von mir! Er wuͤrde hoffen, und
betrogene Hoffnung toͤdtet. Leb wohl, theurer
Bruder! Bitt fuͤr mich um Geduld und Erloͤ-
ſung!
Siegwart folgte dem Rath ſeiner Schweſter,
und ſchrieb ſeinem Freund nur einzelne Worte von
Thereſen. Kronhelm haͤrmte ſich daruͤber ſehr ab,
und ſein innrer Gram nahm immer zu.
Der alte Gruͤnbach hatte dieſes Fruͤhjahr einen
Garten gekauft, in dem ſein Sohn und Siegwart
ſich ſehr viel aufhielten. Sie ſpielten nun auch die
Floͤte, und brachten damit manchen ſchoͤnen Fruͤh-
lingsabend hin. Sophie nahm ihre Arbeit mit
hinaus, ſaß bey ihnen im Gruͤnen, hoͤrte ihrer
Muſik zu, und ſang zuweilen eine Arie. Oft
blieben ſie des Abends noch da; ſpielten im Mond-
ſchein; die Nachtigall ſang dazwiſchen; und Sophie
weinte. Oft lud ſie auch die ſtille Nacht zu ver-
traulichen und halb melancholiſchen Geſpraͤchen ein.
Sie unterhielten ſich ſehr oft von Kronhelm. So-
phie hatte ſeine tiefe Traurigkeit vom erſten Augen-
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/70>, abgerufen am 24.11.2024.
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