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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Du verstehst mich. Warum musten wir uns tren-
nen? Mein Herz ist voll von tausend Dingen,
aber jetzt kann ichs nicht ausschütten vor dir. Näch-
stens einen großen Brief! Schreib mir ja bald!
Was macht Mariane? Tausend Grüsse an den En-
gel, und dem andern zehntausend! Leb wohl, Be-
ster! Der Fuhrmann will weiter, und ich wollt
ihn doch nicht leer fahren lassen.

Ewig dein!
Kronhelm.

N. S. Mach über deinen Brief an mich zwey
Kouverte, und auf das äussere die Aufschrift: Herrn
Amtmann Friedrich. Der Brief wird mir richtig
eingehändigt.

Siegwart hatte nur auf diesen Brief und Nach-
richt von seinem Freund gewartet, um seinen Brief
abschicken zu können; denn er hatte noch keine Adres-
se gehabt. Nun schrieb er umständlich und mit
grossen Freuden alles, was ihm Therese berichtet
hatte, wünschte seinem Kronhelm tausend Glück
und schickte den Brief ab. Das wird eine Freude
seyn, dacht' er, wenn er noch nichts weiß, und
diesen Brief erbricht! Nun wird er für alle seine
Leiden getröstet werden.



Du verſtehſt mich. Warum muſten wir uns tren-
nen? Mein Herz iſt voll von tauſend Dingen,
aber jetzt kann ichs nicht ausſchuͤtten vor dir. Naͤch-
ſtens einen großen Brief! Schreib mir ja bald!
Was macht Mariane? Tauſend Gruͤſſe an den En-
gel, und dem andern zehntauſend! Leb wohl, Be-
ſter! Der Fuhrmann will weiter, und ich wollt
ihn doch nicht leer fahren laſſen.

Ewig dein!
Kronhelm.

N. S. Mach uͤber deinen Brief an mich zwey
Kouverte, und auf das aͤuſſere die Aufſchrift: Herrn
Amtmann Friedrich. Der Brief wird mir richtig
eingehaͤndigt.

Siegwart hatte nur auf dieſen Brief und Nach-
richt von ſeinem Freund gewartet, um ſeinen Brief
abſchicken zu koͤnnen; denn er hatte noch keine Adreſ-
ſe gehabt. Nun ſchrieb er umſtaͤndlich und mit
groſſen Freuden alles, was ihm Thereſe berichtet
hatte, wuͤnſchte ſeinem Kronhelm tauſend Gluͤck
und ſchickte den Brief ab. Das wird eine Freude
ſeyn, dacht’ er, wenn er noch nichts weiß, und
dieſen Brief erbricht! Nun wird er fuͤr alle ſeine
Leiden getroͤſtet werden.

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[765/0345] Du verſtehſt mich. Warum muſten wir uns tren- nen? Mein Herz iſt voll von tauſend Dingen, aber jetzt kann ichs nicht ausſchuͤtten vor dir. Naͤch- ſtens einen großen Brief! Schreib mir ja bald! Was macht Mariane? Tauſend Gruͤſſe an den En- gel, und dem andern zehntauſend! Leb wohl, Be- ſter! Der Fuhrmann will weiter, und ich wollt ihn doch nicht leer fahren laſſen. Ewig dein! Kronhelm. N. S. Mach uͤber deinen Brief an mich zwey Kouverte, und auf das aͤuſſere die Aufſchrift: Herrn Amtmann Friedrich. Der Brief wird mir richtig eingehaͤndigt. Siegwart hatte nur auf dieſen Brief und Nach- richt von ſeinem Freund gewartet, um ſeinen Brief abſchicken zu koͤnnen; denn er hatte noch keine Adreſ- ſe gehabt. Nun ſchrieb er umſtaͤndlich und mit groſſen Freuden alles, was ihm Thereſe berichtet hatte, wuͤnſchte ſeinem Kronhelm tauſend Gluͤck und ſchickte den Brief ab. Das wird eine Freude ſeyn, dacht’ er, wenn er noch nichts weiß, und dieſen Brief erbricht! Nun wird er fuͤr alle ſeine Leiden getroͤſtet werden.

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/345>, abgerufen am 01.05.2024.