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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Und Du, Mariane, eile,
Segen lächelnd, an mein Herz,
Und umarme mich, und heile
Der verlaßnen Freundschaft Schmerz!

Den andern Tag gieng Siegwart traurig und
niedergeschlagen umher. Der Schmerz um seinen
verlohrnen Freuud begleitete ihn aller Orten hin.
Seine Mariane konnte er nur sehen, aber nicht
sprechen. Abends fieng er einen sehr wehmüthigen
Brief an Kronhelm an. Den Tag drauf erhielt
er folgenden Brief von Theresen.

Allerliebster Bruder!

Jch eile, dir die angenehmste Nachricht zu
schreiben. Vor drey Tagen ließ sich ein fremder
Herr bey unserm theuren Vater melden. Wir
machten uns so schnell als möglich auf seine An-
kunft gefaßt. Er war sehr höflich, und bat sich, auf
eine angenehme Art, selbst zu Gast. Er hatte
aber seine eigne Küche und drey Bediente bey sich,
die ihn Herr geheimer Rath nannten. Jch war
in der Küche, und machte einige Zurüstungen. Er
frug aber nach mir, und sagte, daß ich nothwen-
dig mit bey Tische seyn müsse. Du kannst dir nicht
vorstellen, wie leutselig und herablassend der Herr



Und Du, Mariane, eile,
Segen laͤchelnd, an mein Herz,
Und umarme mich, und heile
Der verlaßnen Freundſchaft Schmerz!

Den andern Tag gieng Siegwart traurig und
niedergeſchlagen umher. Der Schmerz um ſeinen
verlohrnen Freuud begleitete ihn aller Orten hin.
Seine Mariane konnte er nur ſehen, aber nicht
ſprechen. Abends fieng er einen ſehr wehmuͤthigen
Brief an Kronhelm an. Den Tag drauf erhielt
er folgenden Brief von Thereſen.

Allerliebſter Bruder!

Jch eile, dir die angenehmſte Nachricht zu
ſchreiben. Vor drey Tagen ließ ſich ein fremder
Herr bey unſerm theuren Vater melden. Wir
machten uns ſo ſchnell als moͤglich auf ſeine An-
kunft gefaßt. Er war ſehr hoͤflich, und bat ſich, auf
eine angenehme Art, ſelbſt zu Gaſt. Er hatte
aber ſeine eigne Kuͤche und drey Bediente bey ſich,
die ihn Herr geheimer Rath nannten. Jch war
in der Kuͤche, und machte einige Zuruͤſtungen. Er
frug aber nach mir, und ſagte, daß ich nothwen-
dig mit bey Tiſche ſeyn muͤſſe. Du kannſt dir nicht
vorſtellen, wie leutſelig und herablaſſend der Herr

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[756/0336] Und Du, Mariane, eile, Segen laͤchelnd, an mein Herz, Und umarme mich, und heile Der verlaßnen Freundſchaft Schmerz! Den andern Tag gieng Siegwart traurig und niedergeſchlagen umher. Der Schmerz um ſeinen verlohrnen Freuud begleitete ihn aller Orten hin. Seine Mariane konnte er nur ſehen, aber nicht ſprechen. Abends fieng er einen ſehr wehmuͤthigen Brief an Kronhelm an. Den Tag drauf erhielt er folgenden Brief von Thereſen. Allerliebſter Bruder! Jch eile, dir die angenehmſte Nachricht zu ſchreiben. Vor drey Tagen ließ ſich ein fremder Herr bey unſerm theuren Vater melden. Wir machten uns ſo ſchnell als moͤglich auf ſeine An- kunft gefaßt. Er war ſehr hoͤflich, und bat ſich, auf eine angenehme Art, ſelbſt zu Gaſt. Er hatte aber ſeine eigne Kuͤche und drey Bediente bey ſich, die ihn Herr geheimer Rath nannten. Jch war in der Kuͤche, und machte einige Zuruͤſtungen. Er frug aber nach mir, und ſagte, daß ich nothwen- dig mit bey Tiſche ſeyn muͤſſe. Du kannſt dir nicht vorſtellen, wie leutſelig und herablaſſend der Herr

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/336>, abgerufen am 22.11.2024.