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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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sah ihn betroffen und stillschweigend an. Lies nur!
sagte Kronhelm. Siegwart las:
Lieber Son.

Daß Zibberlein hat mich abermalen hingeworfen,
daß ich glauben thät, es sey aus. Es wirt mir
gewiß noch einmal den Fang geben. Will mich
in Goddes Nammen darauf vorbereiten thun, und
mein Schloß bestellen. Du muost darbey seyn,
darum komm! hast meiner Seel gnuog Gelt an
das verdrakte Stuttieren verwendt, daß ich denk,
es sey genuog. Du weist wol, daß bey einem Jun-
ker bey den Büchern nigs herauskommen thut.
Pack also auf, und komm bälder als balt, oder 's
geht nicht guot. Wenn du kommen thust in fier
Tägen, so bin ich dein gedreuer Vatter

Veit Kronehelm.

Was hältst du von dem Brief? sagte Kronhelm.
Jch halt ihn für so schlimm nicht, antwortete
Siegwart. Daß du fort must, das ist freylich
traurig, und für mich am meisten, aber sonst seh
ich nichts Böses bey der ganzen Sache. Wenn dein
Vater, wie es scheint, so schwach ist, daß er bald
sterben könnte, so wirst du dein eigner Herr, und
dann ... Schon gut, fiel hier Kronhelm ein;



ſah ihn betroffen und ſtillſchweigend an. Lies nur!
ſagte Kronhelm. Siegwart las:
Lieber Son.

Daß Zibberlein hat mich abermalen hingeworfen,
daß ich glauben thaͤt, es ſey aus. Es wirt mir
gewiß noch einmal den Fang geben. Will mich
in Goddes Nam̃en darauf vorbereiten thun, und
mein Schloß beſtellen. Du muoſt darbey ſeyn,
darum komm! haſt meiner Seel gnuog Gelt an
das verdrakte Stuttieren verwendt, daß ich denk,
es ſey genuog. Du weiſt wol, daß bey einem Jun-
ker bey den Buͤchern nigs herauskommen thut.
Pack alſo auf, und komm baͤlder als balt, oder ’s
geht nicht guot. Wenn du kommen thuſt in fier
Taͤgen, ſo bin ich dein gedreuer Vatter

Veit Kronehelm.

Was haͤltſt du von dem Brief? ſagte Kronhelm.
Jch halt ihn fuͤr ſo ſchlimm nicht, antwortete
Siegwart. Daß du fort muſt, das iſt freylich
traurig, und fuͤr mich am meiſten, aber ſonſt ſeh
ich nichts Boͤſes bey der ganzen Sache. Wenn dein
Vater, wie es ſcheint, ſo ſchwach iſt, daß er bald
ſterben koͤnnte, ſo wirſt du dein eigner Herr, und
dann … Schon gut, fiel hier Kronhelm ein;

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[743/0323] ſah ihn betroffen und ſtillſchweigend an. Lies nur! ſagte Kronhelm. Siegwart las: Lieber Son. Daß Zibberlein hat mich abermalen hingeworfen, daß ich glauben thaͤt, es ſey aus. Es wirt mir gewiß noch einmal den Fang geben. Will mich in Goddes Nam̃en darauf vorbereiten thun, und mein Schloß beſtellen. Du muoſt darbey ſeyn, darum komm! haſt meiner Seel gnuog Gelt an das verdrakte Stuttieren verwendt, daß ich denk, es ſey genuog. Du weiſt wol, daß bey einem Jun- ker bey den Buͤchern nigs herauskommen thut. Pack alſo auf, und komm baͤlder als balt, oder ’s geht nicht guot. Wenn du kommen thuſt in fier Taͤgen, ſo bin ich dein gedreuer Vatter Veit Kronehelm. Was haͤltſt du von dem Brief? ſagte Kronhelm. Jch halt ihn fuͤr ſo ſchlimm nicht, antwortete Siegwart. Daß du fort muſt, das iſt freylich traurig, und fuͤr mich am meiſten, aber ſonſt ſeh ich nichts Boͤſes bey der ganzen Sache. Wenn dein Vater, wie es ſcheint, ſo ſchwach iſt, daß er bald ſterben koͤnnte, ſo wirſt du dein eigner Herr, und dann … Schon gut, fiel hier Kronhelm ein;

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/323>, abgerufen am 02.05.2024.