Werber. Hundert Thaler, und 'n andern Kerl dazu, von seiner Grösse!
Mutter. Hundert Thaler? Lieber Gott! hab keine hundert Kreuzer! wenn ich auch mein Aeckerlein verkaufen wollte, würd ich doch keine 70 Gulden draus lösen. Ach lieber Herr Feld- waibel! hab er doch Mitleiden mit einer armen Frau! Jch will ja gerne hundert Rosenkränze für ihn beten.
Werber. Was hilft mir das? Und, wenn ihr zweyhundert für mich betet! Wir müssen Leut haben, und da ist uns euer Sohn eben recht. Er gibt 'n guten Flügelmann.
Mutter. Ach du lieber himmlischer Vater! Jst denn gar keine Barmherzigkeit mehr auf der Welt? -- Hanns, Hanns! das wird mich noch vor der Zeit ins Grab bringen.
Hanns. Nun, Mutter, mach mir 's Herz nicht weich! Ein Soldat muß Kourage ha- ben! 's thut mir leid; aber du hasts nicht anders haben wollen. Grüß mir Kathrinen! Jch werd sie doch nicht mehr sehen. Das arme Ding wird sich wol zu todt heulen. Aber ohne sie hätt ich doch nicht im Dorf leben können. Jetzt ists besser, 'n Kugel vor den Kopf! -- So gehts,
Werber. Hundert Thaler, und ’n andern Kerl dazu, von ſeiner Groͤſſe!
Mutter. Hundert Thaler? Lieber Gott! hab keine hundert Kreuzer! wenn ich auch mein Aeckerlein verkaufen wollte, wuͤrd ich doch keine 70 Gulden draus loͤſen. Ach lieber Herr Feld- waibel! hab er doch Mitleiden mit einer armen Frau! Jch will ja gerne hundert Roſenkraͤnze fuͤr ihn beten.
Werber. Was hilft mir das? Und, wenn ihr zweyhundert fuͤr mich betet! Wir muͤſſen Leut haben, und da iſt uns euer Sohn eben recht. Er gibt ’n guten Fluͤgelmann.
Mutter. Ach du lieber himmliſcher Vater! Jſt denn gar keine Barmherzigkeit mehr auf der Welt? — Hanns, Hanns! das wird mich noch vor der Zeit ins Grab bringen.
Hanns. Nun, Mutter, mach mir ’s Herz nicht weich! Ein Soldat muß Kourage ha- ben! ’s thut mir leid; aber du haſts nicht anders haben wollen. Gruͤß mir Kathrinen! Jch werd ſie doch nicht mehr ſehen. Das arme Ding wird ſich wol zu todt heulen. Aber ohne ſie haͤtt ich doch nicht im Dorf leben koͤnnen. Jetzt iſts beſſer, ’n Kugel vor den Kopf! — So gehts,
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Werber. Hundert Thaler, und ’n andern
Kerl dazu, von ſeiner Groͤſſe!
Mutter. Hundert Thaler? Lieber Gott!
hab keine hundert Kreuzer! wenn ich auch mein
Aeckerlein verkaufen wollte, wuͤrd ich doch keine
70 Gulden draus loͤſen. Ach lieber Herr Feld-
waibel! hab er doch Mitleiden mit einer armen
Frau! Jch will ja gerne hundert Roſenkraͤnze
fuͤr ihn beten.
Werber. Was hilft mir das? Und, wenn
ihr zweyhundert fuͤr mich betet! Wir muͤſſen Leut
haben, und da iſt uns euer Sohn eben recht. Er
gibt ’n guten Fluͤgelmann.
Mutter. Ach du lieber himmliſcher Vater!
Jſt denn gar keine Barmherzigkeit mehr auf der
Welt? — Hanns, Hanns! das wird mich noch
vor der Zeit ins Grab bringen.
Hanns. Nun, Mutter, mach mir ’s
Herz nicht weich! Ein Soldat muß Kourage ha-
ben! ’s thut mir leid; aber du haſts nicht anders
haben wollen. Gruͤß mir Kathrinen! Jch werd
ſie doch nicht mehr ſehen. Das arme Ding
wird ſich wol zu todt heulen. Aber ohne ſie haͤtt
ich doch nicht im Dorf leben koͤnnen. Jetzt iſts
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/10>, abgerufen am 06.05.2024.
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