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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
Tod und Leben siehet; man achtet alsdenn
den so genannten guten Namen nichts, man
haltet sich bey dem Urtheil der Welt und
dem Reden der Menschen nicht auf, wenn
es darum zu thun ist, daß die Seele, die
man in der letzten Gefahr siehet, soll erret-
tet werden.

HErr! schenke jedermann Licht, Herz
und Mund, noch zu reden, ehe die Fin-
sternisse der dunkeln Ewigkeit einbrechen,
ehe dein Herz mit der Gnadenthür verschlos-
sen ist, und ehe dein Mund das Urtheil
über die Verworfene spricht.

Der Prediger wurde bey Anhörung des-
sen, was der HErr an dieser Seele angefan-
gen Gutes zu würken, recht innig erfreuet,
und zu einer geheimen doch herzlichen Lob-
preisung des guten Hirten der Schaafen ge-
reizet, daß er nicht nur so getreu diesem ver-
irrt gewesenen Schaafe nachgehen, sondern
dasselbe so liebreich würklich anzufassen, und
in seine Arme zu sammlen eilen wollen.
O wie lebendig wurde er da überzeuget, nie-
mand vor der Zeit zu richten, über keine
Seele das Urtheil zu sprechen, an keiner zu
verzagen, weniger wegzuwerfen, so lange
sie von dem HErrn in den Armen seiner
Langmuth getragen wird. Lassen sich doch
nicht nur alle Lehrer, sondern alle Christen,
die von dem HErrn Gutes empfangen zu

haben

Der groſſen und ſeligen
Tod und Leben ſiehet; man achtet alsdenn
den ſo genannten guten Namen nichts, man
haltet ſich bey dem Urtheil der Welt und
dem Reden der Menſchen nicht auf, wenn
es darum zu thun iſt, daß die Seele, die
man in der letzten Gefahr ſiehet, ſoll erret-
tet werden.

HErr! ſchenke jedermann Licht, Herz
und Mund, noch zu reden, ehe die Fin-
ſterniſſe der dunkeln Ewigkeit einbrechen,
ehe dein Herz mit der Gnadenthuͤr verſchloſ-
ſen iſt, und ehe dein Mund das Urtheil
uͤber die Verworfene ſpricht.

Der Prediger wurde bey Anhoͤrung deſ-
ſen, was der HErr an dieſer Seele angefan-
gen Gutes zu wuͤrken, recht innig erfreuet,
und zu einer geheimen doch herzlichen Lob-
preiſung des guten Hirten der Schaafen ge-
reizet, daß er nicht nur ſo getreu dieſem ver-
irrt geweſenen Schaafe nachgehen, ſondern
daſſelbe ſo liebreich wuͤrklich anzufaſſen, und
in ſeine Arme zu ſammlen eilen wollen.
O wie lebendig wurde er da uͤberzeuget, nie-
mand vor der Zeit zu richten, uͤber keine
Seele das Urtheil zu ſprechen, an keiner zu
verzagen, weniger wegzuwerfen, ſo lange
ſie von dem HErrn in den Armen ſeiner
Langmuth getragen wird. Laſſen ſich doch
nicht nur alle Lehrer, ſondern alle Chriſten,
die von dem HErrn Gutes empfangen zu

haben
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[38/0090] Der groſſen und ſeligen Tod und Leben ſiehet; man achtet alsdenn den ſo genannten guten Namen nichts, man haltet ſich bey dem Urtheil der Welt und dem Reden der Menſchen nicht auf, wenn es darum zu thun iſt, daß die Seele, die man in der letzten Gefahr ſiehet, ſoll erret- tet werden. HErr! ſchenke jedermann Licht, Herz und Mund, noch zu reden, ehe die Fin- ſterniſſe der dunkeln Ewigkeit einbrechen, ehe dein Herz mit der Gnadenthuͤr verſchloſ- ſen iſt, und ehe dein Mund das Urtheil uͤber die Verworfene ſpricht. Der Prediger wurde bey Anhoͤrung deſ- ſen, was der HErr an dieſer Seele angefan- gen Gutes zu wuͤrken, recht innig erfreuet, und zu einer geheimen doch herzlichen Lob- preiſung des guten Hirten der Schaafen ge- reizet, daß er nicht nur ſo getreu dieſem ver- irrt geweſenen Schaafe nachgehen, ſondern daſſelbe ſo liebreich wuͤrklich anzufaſſen, und in ſeine Arme zu ſammlen eilen wollen. O wie lebendig wurde er da uͤberzeuget, nie- mand vor der Zeit zu richten, uͤber keine Seele das Urtheil zu ſprechen, an keiner zu verzagen, weniger wegzuwerfen, ſo lange ſie von dem HErrn in den Armen ſeiner Langmuth getragen wird. Laſſen ſich doch nicht nur alle Lehrer, ſondern alle Chriſten, die von dem HErrn Gutes empfangen zu haben

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/90>, abgerufen am 28.04.2024.