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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
fast nicht ruhen kan, bis er selbige von der
Sünde und allen traurigen Folgen dersel-
ben errettet, und zu seiner seligsten Gemein-
schaft, und dem Genuß der verlohrnen
Glückseligkeit wiederum gelocket und ge-
bracht hat. O! wenn auch der allerhärte-
ste Sünder einen einigen Blick in das offe-
ne Vaterherze thun könnte; wenn er da
die brausende Eingeweide seiner Liebe, die
wallende Triebe seiner Erbarmung, das
zerschmelzte Mitleiden über seinen Tod-ge-
fährlichen Zustand, und das unaufhörliche
Verlangen nach seiner Errettung erblicken
würde; ich weiß, sein Herz würde ihm bre-
chen, er würde von Stund an alle Feind-
seligkeit gegen diesen grossen Erbarmer ab-
legen, und mit einem gebeugten und nach
seiner Gnade schmachtenden Herzen sich ihm
zum Dienst und Opfer dargeben. Es wird
uns aber diese erstaunende Liebe des freund-
lichen Vaters in Christo, und sein so gros-
ses Verlangen nach unserer Herwiederbrin-
gung erst recht lebendig und empfindlich,
wenn wir theils betrachten, wer diejenige
seyen, deren Heyl, deren zeitliche und ewi-
ge Wohlfahrt, diese Liebe so brünstig suchet,
theils denn auch die unermüdete, die ohn-
aufhörlich geschäftigte und langmüthige Art
derselben erwegen. Wer sind denn die, ge-
gen welche diese Liebe so herzliche Gesinnun-

gen

Der groſſen und ſeligen
faſt nicht ruhen kan, bis er ſelbige von der
Suͤnde und allen traurigen Folgen derſel-
ben errettet, und zu ſeiner ſeligſten Gemein-
ſchaft, und dem Genuß der verlohrnen
Gluͤckſeligkeit wiederum gelocket und ge-
bracht hat. O! wenn auch der allerhaͤrte-
ſte Suͤnder einen einigen Blick in das offe-
ne Vaterherze thun koͤnnte; wenn er da
die brauſende Eingeweide ſeiner Liebe, die
wallende Triebe ſeiner Erbarmung, das
zerſchmelzte Mitleiden uͤber ſeinen Tod-ge-
faͤhrlichen Zuſtand, und das unaufhoͤrliche
Verlangen nach ſeiner Errettung erblicken
wuͤrde; ich weiß, ſein Herz wuͤrde ihm bre-
chen, er wuͤrde von Stund an alle Feind-
ſeligkeit gegen dieſen groſſen Erbarmer ab-
legen, und mit einem gebeugten und nach
ſeiner Gnade ſchmachtenden Herzen ſich ihm
zum Dienſt und Opfer dargeben. Es wird
uns aber dieſe erſtaunende Liebe des freund-
lichen Vaters in Chriſto, und ſein ſo groſ-
ſes Verlangen nach unſerer Herwiederbrin-
gung erſt recht lebendig und empfindlich,
wenn wir theils betrachten, wer diejenige
ſeyen, deren Heyl, deren zeitliche und ewi-
ge Wohlfahrt, dieſe Liebe ſo bruͤnſtig ſuchet,
theils denn auch die unermuͤdete, die ohn-
aufhoͤrlich geſchaͤftigte und langmuͤthige Art
derſelben erwegen. Wer ſind denn die, ge-
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[2/0054] Der groſſen und ſeligen faſt nicht ruhen kan, bis er ſelbige von der Suͤnde und allen traurigen Folgen derſel- ben errettet, und zu ſeiner ſeligſten Gemein- ſchaft, und dem Genuß der verlohrnen Gluͤckſeligkeit wiederum gelocket und ge- bracht hat. O! wenn auch der allerhaͤrte- ſte Suͤnder einen einigen Blick in das offe- ne Vaterherze thun koͤnnte; wenn er da die brauſende Eingeweide ſeiner Liebe, die wallende Triebe ſeiner Erbarmung, das zerſchmelzte Mitleiden uͤber ſeinen Tod-ge- faͤhrlichen Zuſtand, und das unaufhoͤrliche Verlangen nach ſeiner Errettung erblicken wuͤrde; ich weiß, ſein Herz wuͤrde ihm bre- chen, er wuͤrde von Stund an alle Feind- ſeligkeit gegen dieſen groſſen Erbarmer ab- legen, und mit einem gebeugten und nach ſeiner Gnade ſchmachtenden Herzen ſich ihm zum Dienſt und Opfer dargeben. Es wird uns aber dieſe erſtaunende Liebe des freund- lichen Vaters in Chriſto, und ſein ſo groſ- ſes Verlangen nach unſerer Herwiederbrin- gung erſt recht lebendig und empfindlich, wenn wir theils betrachten, wer diejenige ſeyen, deren Heyl, deren zeitliche und ewi- ge Wohlfahrt, dieſe Liebe ſo bruͤnſtig ſuchet, theils denn auch die unermuͤdete, die ohn- aufhoͤrlich geſchaͤftigte und langmuͤthige Art derſelben erwegen. Wer ſind denn die, ge- gen welche dieſe Liebe ſo herzliche Geſinnun- gen

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/54>, abgerufen am 27.04.2024.