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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
ner ewigen und über alle massen wichtigen
Herrlichkeit sey geführet worden. Das gute
und selige Creutz ist gewiß eine Gnadengut-
that, die der HErr nicht allen Menschen,
sondern nur seinen allerliebsten Kindern
schenket. Wie deutlich zeiget uns dieses
Paulus, Hebr. 12:6-8. Welchen der
HErr lieb hat, den züchtiget er: Er
geiselt aber einen jeglichen Sohn, den
er aufnimmt. So ihr die Züchtigung
erduldet, so erbeut sich GOtt gegen
euch, als gegen Söhne. Denn wel-
cher Sohn ist, den der Vater nicht
züchtiget. Seyd ihr aber ohne Züch-
tigung, deren sie alle sind theilhaftig
worden, so seyd ihr Bastarte und
nicht Söhne.
Aber fraget man: Warum
führt doch der HErr seine Kinder durch
solche bittere Thränenwege zum Leben?
GOtt ist ja die Liebe, sein ganzes Wesen
ist voll von Erbarmung, Zärtlichkeit und
Güte gegen die Seinen. Seine göttliche
Weißheit könnte ja für seine Freunde, ge-
linde, sanfte und angenehme Wege genug
finden, warum erwählt er denn für sie so
traurige und harte? Freylich ist in GOtt
ein Abgrund von Gnade und Güte, sein
ganzes Wesen ist gleich einem Meer, so voll
von Liebe ist, und könnte GOtt durch Aus-
strömung seiner Liebe, die Menschen allemahl

auf

Der groſſen und ſeligen
ner ewigen und uͤber alle maſſen wichtigen
Herrlichkeit ſey gefuͤhret worden. Das gute
und ſelige Creutz iſt gewiß eine Gnadengut-
that, die der HErr nicht allen Menſchen,
ſondern nur ſeinen allerliebſten Kindern
ſchenket. Wie deutlich zeiget uns dieſes
Paulus, Hebr. 12:6-8. Welchen der
HErr lieb hat, den zuͤchtiget er: Er
geiſelt aber einen jeglichen Sohn, den
er aufnimmt. So ihr die Zuͤchtigung
erduldet, ſo erbeut ſich GOtt gegen
euch, als gegen Soͤhne. Denn wel-
cher Sohn iſt, den der Vater nicht
zuͤchtiget. Seyd ihr aber ohne Zuͤch-
tigung, deren ſie alle ſind theilhaftig
worden, ſo ſeyd ihr Baſtarte und
nicht Soͤhne.
Aber fraget man: Warum
fuͤhrt doch der HErr ſeine Kinder durch
ſolche bittere Thraͤnenwege zum Leben?
GOtt iſt ja die Liebe, ſein ganzes Weſen
iſt voll von Erbarmung, Zaͤrtlichkeit und
Guͤte gegen die Seinen. Seine goͤttliche
Weißheit koͤnnte ja fuͤr ſeine Freunde, ge-
linde, ſanfte und angenehme Wege genug
finden, warum erwaͤhlt er denn fuͤr ſie ſo
traurige und harte? Freylich iſt in GOtt
ein Abgrund von Gnade und Guͤte, ſein
ganzes Weſen iſt gleich einem Meer, ſo voll
von Liebe iſt, und koͤnnte GOtt durch Aus-
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[110/0162] Der groſſen und ſeligen ner ewigen und uͤber alle maſſen wichtigen Herrlichkeit ſey gefuͤhret worden. Das gute und ſelige Creutz iſt gewiß eine Gnadengut- that, die der HErr nicht allen Menſchen, ſondern nur ſeinen allerliebſten Kindern ſchenket. Wie deutlich zeiget uns dieſes Paulus, Hebr. 12:6-8. Welchen der HErr lieb hat, den zuͤchtiget er: Er geiſelt aber einen jeglichen Sohn, den er aufnimmt. So ihr die Zuͤchtigung erduldet, ſo erbeut ſich GOtt gegen euch, als gegen Soͤhne. Denn wel- cher Sohn iſt, den der Vater nicht zuͤchtiget. Seyd ihr aber ohne Zuͤch- tigung, deren ſie alle ſind theilhaftig worden, ſo ſeyd ihr Baſtarte und nicht Soͤhne. Aber fraget man: Warum fuͤhrt doch der HErr ſeine Kinder durch ſolche bittere Thraͤnenwege zum Leben? GOtt iſt ja die Liebe, ſein ganzes Weſen iſt voll von Erbarmung, Zaͤrtlichkeit und Guͤte gegen die Seinen. Seine goͤttliche Weißheit koͤnnte ja fuͤr ſeine Freunde, ge- linde, ſanfte und angenehme Wege genug finden, warum erwaͤhlt er denn fuͤr ſie ſo traurige und harte? Freylich iſt in GOtt ein Abgrund von Gnade und Guͤte, ſein ganzes Weſen iſt gleich einem Meer, ſo voll von Liebe iſt, und koͤnnte GOtt durch Aus- ſtroͤmung ſeiner Liebe, die Menſchen allemahl auf

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/162>, abgerufen am 28.04.2024.