Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.Die sach wurde landkündig/ und bekamen dise Brüder viel Widerpart. Wie dann auch Johannes Bischoff zu Pola mit gifft hingerichtet ward. Paulus müßte weichen. Und weil dazumal das Concilium zu Trient gehalten war/ wolte er sich dahin verfügen/ und seiner Lehr halben Rechenschafft geben. Der Papst/ der Vergerium lieber tod/ als lebendig sahe/ dörfte aber ihme noch nichts thun/ schreibt naher Trient/ man solle Vergerium nicht in die Session lassen. Darumb machte er sich weg/ komt naher Padua in Italien/ und wird ein Tröster Francisci Spiren / welcher verzweifelt gestorben/ weil er wider sein wüssen und gewüssen der warheit widerstanden. Disem ellenden Spectacul sahe Vergerius zu/ und wurde gewaltig dardurch in seinem Vorhaben gestärket/ daß er unsere Religion gänzlich angenommen/ komt hiemit in das Veltlin/ von dannen ins Wirtenbergerland/ und wird von Herzog Christoph naher Tübingen geruffen. Nicht weit von Padua im Venedischen gebiet liget ein stättlein Francisci Spirae erschrökliches End. mit nammen Citadella/ darinnen wohnete ein vornemmer reicher mann Doctor Juris/ mit nammen Franciscus Spiera/ welcher bei 50. Jahren und wol 11. kinder hatte. Diser erkandte durch Erleuchtung des heiligen Geistes die göttliche Warheit Christum für den einigen Seligmacher/ und daß auff gute Werk nicht zu bauen: Predigte auch solches offentlich mit einem sonderbahren Ejffer. Solches that den Freinden der Warheit weh. Zeigten es derhalben dem Päbstischen Gesandten zu Venedig an / wecher ihn für sich erforderte und zum hefftigsten bedreuete. Spiera auß Furcht des Todes und Verlust seiner Güter verleugnete die Warheit/ sagte auch zu so bald er wieder zu Hause käme/ so wolte er offentlich widerruffen. Aber das Gewissen wachete bald auff und disputierte mit sich unterwegs/ ob er nach Hause siehen/ Christum verleugnen/ oder alles verlassen und sich mit Christo wieder versöhnen solte Vnd hat hernach in seiner höchsten anfechtung zum öfftern bekandt/ daß ihm der heilige Geist unter weges folgende Wort eingegeben: Lieber Francisce, hüte dich ja diß/ durch dessen Vnterschreibung du deine Hände verunreiniget/ mit deinem Herzen besiegelst: Du bist noch frej/ falle nicht abe/ thue Busse/ kehre ümb/ und bleib bej der einmal erkanten Warheit bestendtg. Ob dich schon dein Fleisch für dißmal überwunden/ so hüte dich hinführo ihm nach zu leben. Aber in diser Die sach wurde landkündig/ und bekamen dise Brüder viel Widerpart. Wie dann auch Johannes Bischoff zu Pola mit gifft hingerichtet ward. Paulus müßte weichen. Und weil dazumal das Concilium zu Trient gehalten war/ wolte er sich dahin verfügen/ und seiner Lehr halben Rechenschafft geben. Der Papst/ der Vergerium lieber tod/ als lebendig sahe/ dörfte aber ihme noch nichts thun/ schreibt naher Trient/ man solle Vergerium nicht in die Session lassen. Darumb machte er sich weg/ komt naher Padua in Italien/ und wird ein Tröster Francisci Spiren / welcher verzweifelt gestorben/ weil er wider sein wüssen und gewüssen der warheit widerstanden. Disem ellenden Spectacul sahe Vergerius zu/ und wurde gewaltig dardurch in seinem Vorhaben gestärket/ daß er unsere Religion gänzlich angenom̃en/ komt hiemit in das Veltlin/ von dannen ins Wirtenbergerland/ und wird von Herzog Christoph naher Tübingen geruffen. Nicht weit von Padua im Venedischen gebiet liget ein stättlein Francisci Spirae erschrökliches End. mit nammen Citadella/ darinnen wohnete ein vornemmer reicher mann Doctor Juris/ mit nammen Franciscus Spiera/ welcher bei 50. Jahren und wol 11. kinder hatte. Diser erkandte durch Erleuchtung des heiligen Geistes die göttliche Warheit Christum für den einigen Seligmacher/ und daß auff gute Werk nicht zu bauen: Predigte auch solches offentlich mit einem sonderbahren Ejffer. Solches that den Freinden der Warheit weh. Zeigten es derhalben dem Päbstischen Gesandten zu Venedig an / wecher ihn für sich erforderte und zum hefftigsten bedreuete. Spiera auß Furcht des Todes und Verlust seiner Güter verleugnete die Warheit/ sagte auch zu so bald er wieder zu Hause käme/ so wolte er offentlich widerruffen. Aber das Gewissen wachete bald auff und disputierte mit sich unterwegs/ ob er nach Hause siehen/ Christum verleugnen/ oder alles verlassen und sich mit Christo wieder versöhnen solte Vnd hat hernach in seiner höchsten anfechtung zum öfftern bekandt/ daß ihm der heilige Geist unter weges folgende Wort eingegeben: Lieber Francisce, hüte dich ja diß/ durch dessen Vnterschreibung du deine Hände verunreiniget/ mit deinem Herzen besiegelst: Du bist noch frej/ falle nicht abe/ thue Busse/ kehre ümb/ und bleib bej der einmal erkanten Warheit bestendtg. Ob dich schon dein Fleisch für dißmal überwunden/ so hüte dich hinführo ihm nach zu leben. Aber in diser <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0316" n="286"/> <p>Die sach wurde landkündig/ und bekamen dise Brüder viel Widerpart. Wie dann auch Johannes Bischoff zu Pola mit gifft hingerichtet ward. Paulus müßte weichen. Und weil dazumal das Concilium zu Trient gehalten war/ wolte er sich dahin verfügen/ und seiner Lehr halben Rechenschafft geben.</p> <p>Der Papst/ der Vergerium lieber tod/ als lebendig sahe/ dörfte aber ihme noch nichts thun/ schreibt naher Trient/ man solle Vergerium nicht in die Session lassen. Darumb machte er sich weg/ komt naher Padua in Italien/ und wird ein Tröster Francisci Spiren / welcher verzweifelt gestorben/ weil er wider sein wüssen und gewüssen der warheit widerstanden. Disem ellenden Spectacul sahe Vergerius zu/ und wurde gewaltig dardurch in seinem Vorhaben gestärket/ daß er unsere Religion gänzlich angenom̃en/ komt hiemit in das Veltlin/ von dannen ins Wirtenbergerland/ und wird von Herzog Christoph naher Tübingen geruffen.</p> <p>Nicht weit von Padua im Venedischen gebiet liget ein stättlein <note place="left">Francisci Spirae erschrökliches End.</note> mit nammen Citadella/ darinnen wohnete ein vornemmer reicher mann Doctor Juris/ mit nammen Franciscus Spiera/ welcher bei 50. Jahren und wol 11. kinder hatte. Diser erkandte durch Erleuchtung des heiligen Geistes die göttliche Warheit Christum für den einigen Seligmacher/ und daß auff gute Werk nicht zu bauen: Predigte auch solches offentlich mit einem sonderbahren Ejffer. Solches that den Freinden der Warheit weh. Zeigten es derhalben dem Päbstischen Gesandten zu Venedig an / wecher ihn für sich erforderte und zum hefftigsten bedreuete. Spiera auß Furcht des Todes und Verlust seiner Güter verleugnete die Warheit/ sagte auch zu so bald er wieder zu Hause käme/ so wolte er offentlich widerruffen. Aber das Gewissen wachete bald auff und disputierte mit sich unterwegs/ ob er nach Hause siehen/ Christum verleugnen/ oder alles verlassen und sich mit Christo wieder versöhnen solte Vnd hat hernach in seiner höchsten anfechtung zum öfftern bekandt/ daß ihm der heilige Geist unter weges folgende Wort eingegeben: Lieber Francisce, hüte dich ja diß/ durch dessen Vnterschreibung du deine Hände verunreiniget/ mit deinem Herzen besiegelst: Du bist noch frej/ falle nicht abe/ thue Busse/ kehre ümb/ und bleib bej der einmal erkanten Warheit bestendtg. Ob dich schon dein Fleisch für dißmal überwunden/ so hüte dich hinführo ihm nach zu leben. Aber in diser </p> </div> </body> </text> </TEI> [286/0316]
Die sach wurde landkündig/ und bekamen dise Brüder viel Widerpart. Wie dann auch Johannes Bischoff zu Pola mit gifft hingerichtet ward. Paulus müßte weichen. Und weil dazumal das Concilium zu Trient gehalten war/ wolte er sich dahin verfügen/ und seiner Lehr halben Rechenschafft geben.
Der Papst/ der Vergerium lieber tod/ als lebendig sahe/ dörfte aber ihme noch nichts thun/ schreibt naher Trient/ man solle Vergerium nicht in die Session lassen. Darumb machte er sich weg/ komt naher Padua in Italien/ und wird ein Tröster Francisci Spiren / welcher verzweifelt gestorben/ weil er wider sein wüssen und gewüssen der warheit widerstanden. Disem ellenden Spectacul sahe Vergerius zu/ und wurde gewaltig dardurch in seinem Vorhaben gestärket/ daß er unsere Religion gänzlich angenom̃en/ komt hiemit in das Veltlin/ von dannen ins Wirtenbergerland/ und wird von Herzog Christoph naher Tübingen geruffen.
Nicht weit von Padua im Venedischen gebiet liget ein stättlein mit nammen Citadella/ darinnen wohnete ein vornemmer reicher mann Doctor Juris/ mit nammen Franciscus Spiera/ welcher bei 50. Jahren und wol 11. kinder hatte. Diser erkandte durch Erleuchtung des heiligen Geistes die göttliche Warheit Christum für den einigen Seligmacher/ und daß auff gute Werk nicht zu bauen: Predigte auch solches offentlich mit einem sonderbahren Ejffer. Solches that den Freinden der Warheit weh. Zeigten es derhalben dem Päbstischen Gesandten zu Venedig an / wecher ihn für sich erforderte und zum hefftigsten bedreuete. Spiera auß Furcht des Todes und Verlust seiner Güter verleugnete die Warheit/ sagte auch zu so bald er wieder zu Hause käme/ so wolte er offentlich widerruffen. Aber das Gewissen wachete bald auff und disputierte mit sich unterwegs/ ob er nach Hause siehen/ Christum verleugnen/ oder alles verlassen und sich mit Christo wieder versöhnen solte Vnd hat hernach in seiner höchsten anfechtung zum öfftern bekandt/ daß ihm der heilige Geist unter weges folgende Wort eingegeben: Lieber Francisce, hüte dich ja diß/ durch dessen Vnterschreibung du deine Hände verunreiniget/ mit deinem Herzen besiegelst: Du bist noch frej/ falle nicht abe/ thue Busse/ kehre ümb/ und bleib bej der einmal erkanten Warheit bestendtg. Ob dich schon dein Fleisch für dißmal überwunden/ so hüte dich hinführo ihm nach zu leben. Aber in diser
Francisci Spirae erschrökliches End.
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Zitationshilfe: | Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/316>, abgerufen am 07.07.2024. |