Du weißt nicht, welche sinnverwirrenden Dünste aus den Sümpfen dieser Adda aufsteigen. -- Schade um das Volk; es ist sonst so übel nicht. Im obern Veltlin lebt ein geradezu tüchtiger Schlag, ganz verschieden von diesen gelben Kretinen."
"Hättet ihr Bündner nicht klüger gethan, ihnen einige beschränkte bürgerliche Freiheiten zu gewähren?" warf Waser ein.
"Nicht bürgerliche nur, auch die politischen Rechte hätte ich ihnen gegeben, Heinrich. Ich bin ein Demokrat, das weißt Du. Aber da ist ein schlimmer Haken. Die Veltliner sind hitzige Katholiken, zusammen mit dem papistischen Drittel unserer Stammlande würden sie Bünden zu einem katholischen Staate machen -- und da sei Gott vor!"
Indessen hatte die reizende Lucia, die jetzt sehr niedergeschlagen aussah, den landesüblichen Risott auf¬ getragen und der junge Pfarrer füllte die Gläser.
"Auf das Wohl der protestantischen Waffen in Böhmen!" rief er, mit Waser anstoßend. "Schade, daß Du Deinen Plan aufgegeben hast und jetzt nicht in Prag bist. In diesem Augenblicke vielleicht geht es dort los."
"Möglicherweise ist es für mich rühmlicher hier bei Dir zu sein. Man darf nach den neuesten Nach¬
Du weißt nicht, welche ſinnverwirrenden Dünſte aus den Sümpfen dieſer Adda aufſteigen. — Schade um das Volk; es iſt ſonſt ſo übel nicht. Im obern Veltlin lebt ein geradezu tüchtiger Schlag, ganz verſchieden von dieſen gelben Kretinen.“
„Hättet ihr Bündner nicht klüger gethan, ihnen einige beſchränkte bürgerliche Freiheiten zu gewähren?“ warf Waſer ein.
„Nicht bürgerliche nur, auch die politiſchen Rechte hätte ich ihnen gegeben, Heinrich. Ich bin ein Demokrat, das weißt Du. Aber da iſt ein ſchlimmer Haken. Die Veltliner ſind hitzige Katholiken, zuſammen mit dem papiſtiſchen Drittel unſerer Stammlande würden ſie Bünden zu einem katholiſchen Staate machen — und da ſei Gott vor!“
Indeſſen hatte die reizende Lucia, die jetzt ſehr niedergeſchlagen ausſah, den landesüblichen Riſott auf¬ getragen und der junge Pfarrer füllte die Gläſer.
„Auf das Wohl der proteſtantiſchen Waffen in Böhmen!“ rief er, mit Waſer anſtoßend. „Schade, daß Du Deinen Plan aufgegeben haſt und jetzt nicht in Prag biſt. In dieſem Augenblicke vielleicht geht es dort los.“
„Möglicherweiſe iſt es für mich rühmlicher hier bei Dir zu ſein. Man darf nach den neueſten Nach¬
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Du weißt nicht, welche ſinnverwirrenden Dünſte aus
den Sümpfen dieſer Adda aufſteigen. — Schade um
das Volk; es iſt ſonſt ſo übel nicht. Im obern Veltlin
lebt ein geradezu tüchtiger Schlag, ganz verſchieden von
dieſen gelben Kretinen.“
„Hättet ihr Bündner nicht klüger gethan, ihnen
einige beſchränkte bürgerliche Freiheiten zu gewähren?“
warf Waſer ein.
„Nicht bürgerliche nur, auch die politiſchen Rechte
hätte ich ihnen gegeben, Heinrich. Ich bin ein Demokrat,
das weißt Du. Aber da iſt ein ſchlimmer Haken. Die
Veltliner ſind hitzige Katholiken, zuſammen mit dem
papiſtiſchen Drittel unſerer Stammlande würden ſie
Bünden zu einem katholiſchen Staate machen — und
da ſei Gott vor!“
Indeſſen hatte die reizende Lucia, die jetzt ſehr
niedergeſchlagen ausſah, den landesüblichen Riſott auf¬
getragen und der junge Pfarrer füllte die Gläſer.
„Auf das Wohl der proteſtantiſchen Waffen in
Böhmen!“ rief er, mit Waſer anſtoßend. „Schade,
daß Du Deinen Plan aufgegeben haſt und jetzt nicht
in Prag biſt. In dieſem Augenblicke vielleicht geht es
dort los.“
„Möglicherweiſe iſt es für mich rühmlicher hier
bei Dir zu ſein. Man darf nach den neueſten Nach¬
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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