Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

beiden zur Rechten und zur Linken auf diesen Saal
sich öffnenden Sitzungszimmern die Schenktische rüsten
zu lassen.

Das eine dieser Nebengemächer, vor dessen Eingang
die schmale, vom Hausflur auf den weiten Saal füh¬
rende Wendeltreppe ausmündete, war die Kammer der
Justitia, deren aus Holz geschnitztes, buntbemaltes Bild¬
niß, auf einem phantastischen Sitze von Hirschgeweihen
thronend, an drei Ketten von der Decke herunterhing.
Unter dem Bilde stand ein hoher Holzbock und auf die¬
sem der beleibte Festwirth, der das mächtige Geweih
geschäftig mit Wachskerzen besteckte. Während seine
Hände sich beeilten, ging auch seine Zunge nicht müßig.
Sie ließ gewichtige Worte fallen in einen Kreis junger
Leute, welche das seidene geschlitzte Festwams mit dem
breit ausgelegten Spitzenkragen, das reich bebänderte
Beinkleid und die verwegensten Schuhrosetten zur Schau
trugen, dabei schon den Becher handhabten, um, wie sie
sagten, die Festweine zu prüfen, und die Aussprüche
des Redseligen lustig auffingen, ihn zu immer neuen
Mittheilungen ermunternd.

"Also, Vater Fausch," lachte ein flotter Geselle,
"Ihr seid es, der das Genie des Obersten aus den
Windeln gewickelt hat, wodurch Ihr, ich will nicht sagen
die kleine, aber die verborgene Ursache großer Dinge

beiden zur Rechten und zur Linken auf dieſen Saal
ſich öffnenden Sitzungszimmern die Schenktiſche rüſten
zu laſſen.

Das eine dieſer Nebengemächer, vor deſſen Eingang
die ſchmale, vom Hausflur auf den weiten Saal füh¬
rende Wendeltreppe ausmündete, war die Kammer der
Juſtitia, deren aus Holz geſchnitztes, buntbemaltes Bild¬
niß, auf einem phantaſtiſchen Sitze von Hirſchgeweihen
thronend, an drei Ketten von der Decke herunterhing.
Unter dem Bilde ſtand ein hoher Holzbock und auf die¬
ſem der beleibte Feſtwirth, der das mächtige Geweih
geſchäftig mit Wachskerzen beſteckte. Während ſeine
Hände ſich beeilten, ging auch ſeine Zunge nicht müßig.
Sie ließ gewichtige Worte fallen in einen Kreis junger
Leute, welche das ſeidene geſchlitzte Feſtwams mit dem
breit ausgelegten Spitzenkragen, das reich bebänderte
Beinkleid und die verwegenſten Schuhroſetten zur Schau
trugen, dabei ſchon den Becher handhabten, um, wie ſie
ſagten, die Feſtweine zu prüfen, und die Ausſprüche
des Redſeligen luſtig auffingen, ihn zu immer neuen
Mittheilungen ermunternd.

„Alſo, Vater Fauſch,“ lachte ein flotter Geſelle,
„Ihr ſeid es, der das Genie des Oberſten aus den
Windeln gewickelt hat, wodurch Ihr, ich will nicht ſagen
die kleine, aber die verborgene Urſache großer Dinge

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0399" n="389"/>
beiden zur Rechten und zur Linken auf die&#x017F;en Saal<lb/>
&#x017F;ich öffnenden Sitzungszimmern die Schenkti&#x017F;che rü&#x017F;ten<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Das eine die&#x017F;er Nebengemächer, vor de&#x017F;&#x017F;en Eingang<lb/>
die &#x017F;chmale, vom Hausflur auf den weiten Saal füh¬<lb/>
rende Wendeltreppe ausmündete, war die Kammer der<lb/>
Ju&#x017F;titia, deren aus Holz ge&#x017F;chnitztes, buntbemaltes Bild¬<lb/>
niß, auf einem phanta&#x017F;ti&#x017F;chen Sitze von Hir&#x017F;chgeweihen<lb/>
thronend, an drei Ketten von der Decke herunterhing.<lb/>
Unter dem Bilde &#x017F;tand ein hoher Holzbock und auf die¬<lb/>
&#x017F;em der beleibte Fe&#x017F;twirth, der das mächtige Geweih<lb/>
ge&#x017F;chäftig mit Wachskerzen be&#x017F;teckte. Während &#x017F;eine<lb/>
Hände &#x017F;ich beeilten, ging auch &#x017F;eine Zunge nicht müßig.<lb/>
Sie ließ gewichtige Worte fallen in einen Kreis junger<lb/>
Leute, welche das &#x017F;eidene ge&#x017F;chlitzte Fe&#x017F;twams mit dem<lb/>
breit ausgelegten Spitzenkragen, das reich bebänderte<lb/>
Beinkleid und die verwegen&#x017F;ten Schuhro&#x017F;etten zur Schau<lb/>
trugen, dabei &#x017F;chon den Becher handhabten, um, wie &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;agten, die Fe&#x017F;tweine zu prüfen, und die Aus&#x017F;prüche<lb/>
des Red&#x017F;eligen lu&#x017F;tig auffingen, ihn zu immer neuen<lb/>
Mittheilungen ermunternd.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Al&#x017F;o, Vater Fau&#x017F;ch,&#x201C; lachte ein flotter Ge&#x017F;elle,<lb/>
&#x201E;Ihr &#x017F;eid es, der das Genie des Ober&#x017F;ten aus den<lb/>
Windeln gewickelt hat, wodurch Ihr, ich will nicht &#x017F;agen<lb/>
die kleine, aber die verborgene Ur&#x017F;ache großer Dinge<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[389/0399] beiden zur Rechten und zur Linken auf dieſen Saal ſich öffnenden Sitzungszimmern die Schenktiſche rüſten zu laſſen. Das eine dieſer Nebengemächer, vor deſſen Eingang die ſchmale, vom Hausflur auf den weiten Saal füh¬ rende Wendeltreppe ausmündete, war die Kammer der Juſtitia, deren aus Holz geſchnitztes, buntbemaltes Bild¬ niß, auf einem phantaſtiſchen Sitze von Hirſchgeweihen thronend, an drei Ketten von der Decke herunterhing. Unter dem Bilde ſtand ein hoher Holzbock und auf die¬ ſem der beleibte Feſtwirth, der das mächtige Geweih geſchäftig mit Wachskerzen beſteckte. Während ſeine Hände ſich beeilten, ging auch ſeine Zunge nicht müßig. Sie ließ gewichtige Worte fallen in einen Kreis junger Leute, welche das ſeidene geſchlitzte Feſtwams mit dem breit ausgelegten Spitzenkragen, das reich bebänderte Beinkleid und die verwegenſten Schuhroſetten zur Schau trugen, dabei ſchon den Becher handhabten, um, wie ſie ſagten, die Feſtweine zu prüfen, und die Ausſprüche des Redſeligen luſtig auffingen, ihn zu immer neuen Mittheilungen ermunternd. „Alſo, Vater Fauſch,“ lachte ein flotter Geſelle, „Ihr ſeid es, der das Genie des Oberſten aus den Windeln gewickelt hat, wodurch Ihr, ich will nicht ſagen die kleine, aber die verborgene Urſache großer Dinge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/399
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/399>, abgerufen am 22.11.2024.