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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Letztes Kapitel.

Auf dem Rathhause zu Chur wurden nach dem
Schlusse der feierlichen Sitzung, in welcher Georg Jenatsch
das Friedensdocument überreicht hatte, Vorbereitungen
zu einem glänzenden Feste getroffen, mit dem ihn die
Stadt am Abende desselben Tages ehren wollte. Es
war Fastnachtszeit und die Churerinnen freuten sich auf
den fröhlichen Anlaß; der Winter war den durch die
Geselligkeit der frühern Jahre Verwöhnten allzu still
und ernsthaft vergangen, sie hatten die erfindungsreiche
Galanterie der französischen Edelleute vermißt, die all¬
wöchentlich aus der nahen Rheinfestung nach Chur zu
eilen pflegten. Heute sollte das Versäumte nachgeholt
werden. Die Väter der Stadt hatten sich nicht gewei¬
gert, die weite, bequeme Halle, wo sie zur Sommers¬
zeit das Heil des Landes beriethen, dem wirbelnden
Reigen und der Maskenfreiheit aufzuthun, und in den

Letztes Kapitel.

Auf dem Rathhauſe zu Chur wurden nach dem
Schluſſe der feierlichen Sitzung, in welcher Georg Jenatſch
das Friedensdocument überreicht hatte, Vorbereitungen
zu einem glänzenden Feſte getroffen, mit dem ihn die
Stadt am Abende deſſelben Tages ehren wollte. Es
war Faſtnachtszeit und die Churerinnen freuten ſich auf
den fröhlichen Anlaß; der Winter war den durch die
Geſelligkeit der frühern Jahre Verwöhnten allzu ſtill
und ernſthaft vergangen, ſie hatten die erfindungsreiche
Galanterie der franzöſiſchen Edelleute vermißt, die all¬
wöchentlich aus der nahen Rheinfeſtung nach Chur zu
eilen pflegten. Heute ſollte das Verſäumte nachgeholt
werden. Die Väter der Stadt hatten ſich nicht gewei¬
gert, die weite, bequeme Halle, wo ſie zur Sommers¬
zeit das Heil des Landes beriethen, dem wirbelnden
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[0398] Letztes Kapitel. Auf dem Rathhauſe zu Chur wurden nach dem Schluſſe der feierlichen Sitzung, in welcher Georg Jenatſch das Friedensdocument überreicht hatte, Vorbereitungen zu einem glänzenden Feſte getroffen, mit dem ihn die Stadt am Abende deſſelben Tages ehren wollte. Es war Faſtnachtszeit und die Churerinnen freuten ſich auf den fröhlichen Anlaß; der Winter war den durch die Geſelligkeit der frühern Jahre Verwöhnten allzu ſtill und ernſthaft vergangen, ſie hatten die erfindungsreiche Galanterie der franzöſiſchen Edelleute vermißt, die all¬ wöchentlich aus der nahen Rheinfeſtung nach Chur zu eilen pflegten. Heute ſollte das Verſäumte nachgeholt werden. Die Väter der Stadt hatten ſich nicht gewei¬ gert, die weite, bequeme Halle, wo ſie zur Sommers¬ zeit das Heil des Landes beriethen, dem wirbelnden Reigen und der Maskenfreiheit aufzuthun, und in den

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/398>, abgerufen am 22.11.2024.