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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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"Höre, Jürg", erwiederte nach einigem Nachdenken
der Lugnetzer, "den Herzog kenne ich nicht; aber Dich
kenn' ich, und bin schon zu Deinem gottesfürchtigen
Vater nach Scharans hinüber gekommen, als Du noch
ein blödes, schamhaftes Büblein warst. Deshalb habe
ich zu Dir Vertrauen, denn ich weiß, aus welchem
Stoffe Du gemacht bist -- nicht aus dem unsrer Salis
und Planta, die das Vaterland nach rechts und nach
links verkaufen, und ein groß Theil des Elends auf
dem Gewissen haben, das über uns gekommen ist.
Von den Schlichen der Politiker versteh' ich nichts;
Du aber bist ihnen gewachsen. Mit Deiner golddurch¬
zogenen Schärpe werden Dir die Herren die Hände
nicht binden und unter diesem Scharlachrocke", er be¬
rührte den feinen Stoff des geschlitzten Aermels, "klopft
Dein Herz dennoch für Dein Volk und für Dein Land.
Schaff' uns die alte Freiheit wieder -- mit dem Her¬
zog, wenn er dazu taugt, -- ohne ihn, wenn es nicht
anders gehen will! Du bist der Mann das auszu¬
richten."

Der Oberst schüttelte lachend sein kühnes Haupt.
"Du hast eigne Begriffe vom Weltlauf, Casutt!" sagte
er. "Dein Vertrauen aber sollst Du nicht weggeworfen
haben. Bleibe hier. Vielleicht bring' ich Euch heut'
Nacht noch selber sichere Nachricht."

„Höre, Jürg“, erwiederte nach einigem Nachdenken
der Lugnetzer, „den Herzog kenne ich nicht; aber Dich
kenn' ich, und bin ſchon zu Deinem gottesfürchtigen
Vater nach Scharans hinüber gekommen, als Du noch
ein blödes, ſchamhaftes Büblein warſt. Deshalb habe
ich zu Dir Vertrauen, denn ich weiß, aus welchem
Stoffe Du gemacht biſt — nicht aus dem unſrer Salis
und Planta, die das Vaterland nach rechts und nach
links verkaufen, und ein groß Theil des Elends auf
dem Gewiſſen haben, das über uns gekommen iſt.
Von den Schlichen der Politiker verſteh' ich nichts;
Du aber biſt ihnen gewachſen. Mit Deiner golddurch¬
zogenen Schärpe werden Dir die Herren die Hände
nicht binden und unter dieſem Scharlachrocke“, er be¬
rührte den feinen Stoff des geſchlitzten Aermels, „klopft
Dein Herz dennoch für Dein Volk und für Dein Land.
Schaff' uns die alte Freiheit wieder — mit dem Her¬
zog, wenn er dazu taugt, — ohne ihn, wenn es nicht
anders gehen will! Du biſt der Mann das auszu¬
richten.“

Der Oberſt ſchüttelte lachend ſein kühnes Haupt.
„Du haſt eigne Begriffe vom Weltlauf, Caſutt!“ ſagte
er. „Dein Vertrauen aber ſollſt Du nicht weggeworfen
haben. Bleibe hier. Vielleicht bring' ich Euch heut'
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[251/0261] „Höre, Jürg“, erwiederte nach einigem Nachdenken der Lugnetzer, „den Herzog kenne ich nicht; aber Dich kenn' ich, und bin ſchon zu Deinem gottesfürchtigen Vater nach Scharans hinüber gekommen, als Du noch ein blödes, ſchamhaftes Büblein warſt. Deshalb habe ich zu Dir Vertrauen, denn ich weiß, aus welchem Stoffe Du gemacht biſt — nicht aus dem unſrer Salis und Planta, die das Vaterland nach rechts und nach links verkaufen, und ein groß Theil des Elends auf dem Gewiſſen haben, das über uns gekommen iſt. Von den Schlichen der Politiker verſteh' ich nichts; Du aber biſt ihnen gewachſen. Mit Deiner golddurch¬ zogenen Schärpe werden Dir die Herren die Hände nicht binden und unter dieſem Scharlachrocke“, er be¬ rührte den feinen Stoff des geſchlitzten Aermels, „klopft Dein Herz dennoch für Dein Volk und für Dein Land. Schaff' uns die alte Freiheit wieder — mit dem Her¬ zog, wenn er dazu taugt, — ohne ihn, wenn es nicht anders gehen will! Du biſt der Mann das auszu¬ richten.“ Der Oberſt ſchüttelte lachend ſein kühnes Haupt. „Du haſt eigne Begriffe vom Weltlauf, Caſutt!“ ſagte er. „Dein Vertrauen aber ſollſt Du nicht weggeworfen haben. Bleibe hier. Vielleicht bring' ich Euch heut' Nacht noch ſelber ſichere Nachricht.“

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/261>, abgerufen am 22.11.2024.