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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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und Spelunken der Stadt herum. Die zwei jungen
Gesellen sind von der gleichen Gemüthsart, und wäh¬
rend der alte Planta vom Oheim mit politischen Hoff¬
nungen kärglich genährt wird, erhält der junge vom
Neffen, dem ein Gefährte seiner Tollheit erwünscht und
ein waffenkundiger Gehilfe seiner nicht über jeden Zwei¬
fel erhabenen Tapferkeit unentbehrlich ist, reichliche
Mittel zum ausgiebigen Genusse der Gegenwart. Da¬
für wollte sich der Knabe Rudolf dankbar erweisen, und
da es ihm an Herz und Geist fehlt, um seinem frei¬
gebigen Freunde einen ehrenvollen und guten Dienst zu
leisten, verfiel er auf einen schlechten und schimpflichen.
Bei dem alten Planta, der einen verfallenen Palast im
einsamsten Stadtquartiere bewohnt, hatte eine verwaiste
Nichte, ich weiß nicht von welcher geächteten Seitenlinie
des Hauses, Zuflucht gefunden. Dies Mädchen, eine
seltene Schönheit, soll auf einen großen Besitz in Bün¬
den gerechten, aber unter den gegenwärtigen politischen
Umständen unsichern Anspruch haben, und wurde um
dieser Aussicht willen von dem alten Rudolf seinem
Sohne zur Frau bestimmt. Lucretia jedoch ist edlen
Sinnes und verschmäht den nichtswürdigen und unnützen
Gesellen. Nun mag Rudolf, um auf einen Wurf seinen
Groll zu kühlen und seine Schuld abzutragen, mit dem
jungen Serbelloni, dem die nur in der Kirche sichtbare

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und Spelunken der Stadt herum. Die zwei jungen
Geſellen ſind von der gleichen Gemüthsart, und wäh¬
rend der alte Planta vom Oheim mit politiſchen Hoff¬
nungen kärglich genährt wird, erhält der junge vom
Neffen, dem ein Gefährte ſeiner Tollheit erwünſcht und
ein waffenkundiger Gehilfe ſeiner nicht über jeden Zwei¬
fel erhabenen Tapferkeit unentbehrlich iſt, reichliche
Mittel zum ausgiebigen Genuſſe der Gegenwart. Da¬
für wollte ſich der Knabe Rudolf dankbar erweiſen, und
da es ihm an Herz und Geiſt fehlt, um ſeinem frei¬
gebigen Freunde einen ehrenvollen und guten Dienſt zu
leiſten, verfiel er auf einen ſchlechten und ſchimpflichen.
Bei dem alten Planta, der einen verfallenen Palaſt im
einſamſten Stadtquartiere bewohnt, hatte eine verwaiſte
Nichte, ich weiß nicht von welcher geächteten Seitenlinie
des Hauſes, Zuflucht gefunden. Dies Mädchen, eine
ſeltene Schönheit, ſoll auf einen großen Beſitz in Bün¬
den gerechten, aber unter den gegenwärtigen politiſchen
Umſtänden unſichern Anſpruch haben, und wurde um
dieſer Ausſicht willen von dem alten Rudolf ſeinem
Sohne zur Frau beſtimmt. Lucretia jedoch iſt edlen
Sinnes und verſchmäht den nichtswürdigen und unnützen
Geſellen. Nun mag Rudolf, um auf einen Wurf ſeinen
Groll zu kühlen und ſeine Schuld abzutragen, mit dem
jungen Serbelloni, dem die nur in der Kirche ſichtbare

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[163/0173] und Spelunken der Stadt herum. Die zwei jungen Geſellen ſind von der gleichen Gemüthsart, und wäh¬ rend der alte Planta vom Oheim mit politiſchen Hoff¬ nungen kärglich genährt wird, erhält der junge vom Neffen, dem ein Gefährte ſeiner Tollheit erwünſcht und ein waffenkundiger Gehilfe ſeiner nicht über jeden Zwei¬ fel erhabenen Tapferkeit unentbehrlich iſt, reichliche Mittel zum ausgiebigen Genuſſe der Gegenwart. Da¬ für wollte ſich der Knabe Rudolf dankbar erweiſen, und da es ihm an Herz und Geiſt fehlt, um ſeinem frei¬ gebigen Freunde einen ehrenvollen und guten Dienſt zu leiſten, verfiel er auf einen ſchlechten und ſchimpflichen. Bei dem alten Planta, der einen verfallenen Palaſt im einſamſten Stadtquartiere bewohnt, hatte eine verwaiſte Nichte, ich weiß nicht von welcher geächteten Seitenlinie des Hauſes, Zuflucht gefunden. Dies Mädchen, eine ſeltene Schönheit, ſoll auf einen großen Beſitz in Bün¬ den gerechten, aber unter den gegenwärtigen politiſchen Umſtänden unſichern Anſpruch haben, und wurde um dieſer Ausſicht willen von dem alten Rudolf ſeinem Sohne zur Frau beſtimmt. Lucretia jedoch iſt edlen Sinnes und verſchmäht den nichtswürdigen und unnützen Geſellen. Nun mag Rudolf, um auf einen Wurf ſeinen Groll zu kühlen und ſeine Schuld abzutragen, mit dem jungen Serbelloni, dem die nur in der Kirche ſichtbare 11*

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/173>, abgerufen am 21.11.2024.