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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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müth hat es mit dem gedrückten Volke stets redlich
gemeint!"

. . . . "Je gelassener ich mich vertheidigte, desto
unbändiger wurde der Rasende. "Der Degen soll ent¬
scheiden, Hauptmann", tobte er, "kommt mit mir vors
nächste Thor". Ich beschwor ihn, wenigstens bis morgen
davon abzustehen und mich nicht zu nöthigen gegen
meinen Obern zu ziehen. Aber er bedeckte mich mit
Schmähungen und nannte es eine Feigheit, wenn ich
es nicht auf die Waffen ankommen lasse. Da endlich,
um den ehrrührigen Aergerniß ein Ende zu machen,
folgte ich ihm, ungern genug, auf den Wall hinter
St. Justine. Wir waren stattlich geleitet, auch vom
Stadthauptmann und seinen Sbirren, tapfern Leuten,
wie Du Dir's denken kannst, Lorenz! die sich mit voll¬
kommener Rücksicht hüteten, in fremde Händel einzu¬
greifen. Draußen aber warf der Unselige sich meiner
Klinge in so blindem Zorne entgegen, daß er sich nach
wenigen Gängen -- -- aufrannte."

"Brrr", fuhr Fausch zusammen, obwohl er diesen
Schluß der Erzählung ahnungsvoll vorausgesehen hatte.
Dann setzte er sich hinter sein Rechenbuch, das auf einem
kleinen Pulte zwischen dem Tintenfasse und einem um¬
fangreichen, bis auf eine kleine Neige geleerten Kelch¬
glase lag und schlug bedächtig blätternd eine Seite des¬

müth hat es mit dem gedrückten Volke ſtets redlich
gemeint!“

. . . . „Je gelaſſener ich mich vertheidigte, deſto
unbändiger wurde der Raſende. „Der Degen ſoll ent¬
ſcheiden, Hauptmann“, tobte er, „kommt mit mir vors
nächſte Thor“. Ich beſchwor ihn, wenigſtens bis morgen
davon abzuſtehen und mich nicht zu nöthigen gegen
meinen Obern zu ziehen. Aber er bedeckte mich mit
Schmähungen und nannte es eine Feigheit, wenn ich
es nicht auf die Waffen ankommen laſſe. Da endlich,
um den ehrrührigen Aergerniß ein Ende zu machen,
folgte ich ihm, ungern genug, auf den Wall hinter
St. Juſtine. Wir waren ſtattlich geleitet, auch vom
Stadthauptmann und ſeinen Sbirren, tapfern Leuten,
wie Du Dir's denken kannſt, Lorenz! die ſich mit voll¬
kommener Rückſicht hüteten, in fremde Händel einzu¬
greifen. Draußen aber warf der Unſelige ſich meiner
Klinge in ſo blindem Zorne entgegen, daß er ſich nach
wenigen Gängen — — aufrannte.“

„Brrr“, fuhr Fauſch zuſammen, obwohl er dieſen
Schluß der Erzählung ahnungsvoll vorausgeſehen hatte.
Dann ſetzte er ſich hinter ſein Rechenbuch, das auf einem
kleinen Pulte zwiſchen dem Tintenfaſſe und einem um¬
fangreichen, bis auf eine kleine Neige geleerten Kelch¬
glaſe lag und ſchlug bedächtig blätternd eine Seite des¬

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[132/0142] müth hat es mit dem gedrückten Volke ſtets redlich gemeint!“ . . . . „Je gelaſſener ich mich vertheidigte, deſto unbändiger wurde der Raſende. „Der Degen ſoll ent¬ ſcheiden, Hauptmann“, tobte er, „kommt mit mir vors nächſte Thor“. Ich beſchwor ihn, wenigſtens bis morgen davon abzuſtehen und mich nicht zu nöthigen gegen meinen Obern zu ziehen. Aber er bedeckte mich mit Schmähungen und nannte es eine Feigheit, wenn ich es nicht auf die Waffen ankommen laſſe. Da endlich, um den ehrrührigen Aergerniß ein Ende zu machen, folgte ich ihm, ungern genug, auf den Wall hinter St. Juſtine. Wir waren ſtattlich geleitet, auch vom Stadthauptmann und ſeinen Sbirren, tapfern Leuten, wie Du Dir's denken kannſt, Lorenz! die ſich mit voll¬ kommener Rückſicht hüteten, in fremde Händel einzu¬ greifen. Draußen aber warf der Unſelige ſich meiner Klinge in ſo blindem Zorne entgegen, daß er ſich nach wenigen Gängen — — aufrannte.“ „Brrr“, fuhr Fauſch zuſammen, obwohl er dieſen Schluß der Erzählung ahnungsvoll vorausgeſehen hatte. Dann ſetzte er ſich hinter ſein Rechenbuch, das auf einem kleinen Pulte zwiſchen dem Tintenfaſſe und einem um¬ fangreichen, bis auf eine kleine Neige geleerten Kelch¬ glaſe lag und ſchlug bedächtig blätternd eine Seite des¬

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/142>, abgerufen am 27.11.2024.