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Meyer, Edmund: Alte Geschichte. Berlin, 1890 (= Leitfaden der Geschichte in Tabellenform, Bd. 1)

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kannt. Dieser fand bei seiner Landung an der Küste von Ecuador 1527 ein
wohlorganisiertes und in grossem Wohlstände befindliches Reich vor, das sich
von Quito an der Küste entlang, im Osten von den Urwäldern Brasiliens
begrenzt, bis circa zum 35. Grad südlicher Breite erstreckte; Hauptstadt war Cusco
(nordwestlich vom Titicaca-See).

An der Spitze stand ein unumschränkter König; ihm zur Seite der Adel,
die Incas, und die Priesterschaft als bevorrechtete Stände dem gemeinen
Volke gegenüber. Der König, aus dem Adel hervorgegangen, galt als der
Eigentümer des Landes und aller seiner Erträge: von letzteren gehörte ihm
und dem Adel ein Drittel, ein Drittel der Priesterschaft und ein Drittel dem
gemeinen Volk, an welche alles nach der Grösse der Familien verteilt wurde.
Da so eine gewisse Gütergemeinschaft herrschte, wurde die Thätigkeit der
Einzelnen streng überwacht und Müssiggang nicht geduldet, so dass das Los
des Volkes zum Teil. zwar drückend war, Armut und Not aber fehlten. Der
Ackerbau befand sich in hoher Blüte, und das Wohl der Gesamtheit wurde
gefördert durch ausgezeichnete Strassen, Brücken und Wasserleitungen, auch
waren die Flussläufe behufs Bewässerung des Landes gut reguliert.

Unterrichtet waren sie nach ihren Sagen in den Anfängen aller Kultur
von einem Geschwisterpaar, das dessen Mutter, die Sonne, auf die Erde ge-
schickt hatte, um die rohen Menschen zu civilisieren; von demselben leiteten
die Incas ihren Ursprung her.

Die Religion der Peruaner war ein Dienst der Himmelskörper; der
Sonne, dem Monde und den Sternen waren namentlich auf den Inseln des
Titicaca-Sees grossartige Tempel errichtet, deren Überreste noch heute vor-
handen sind.

Der König, die höchste weltliche und geistliche Macht in seiner Hand
vereinigend, erliess die Gesetze im Namen der Gottheit; ihre Übertretung
wurde mit dem Tode geahndet.

Neben dem Ackerbau blühten auch Künste und Gewerbe; ebenso blühte
eine reiche lyrische und dramatische Literatur, welche mündlich überliefert
wurde (obwohl es eine Quippos genannte Knotenschrift gab) und einen
heiteren, lebensfrohen Sinn des Volkes zeigt; die Herrschaft der Spanier,
welche die Thronstreitigkeiten zweier Brüder benutzten, um 1531--38 das
Reich zu erobern, hat den Charakter des Volkes in sein Gegenteil verwandelt.

2. In Nord-Amerika gelangten auf dem Hochlande Anahuac in Mejico
zuerst die Tolteken, dann die Azteken zu einer gewissen Höhe der
Kultur.

Die Tolteken sind ihren Sagen nach etwa um 400 n. Chr. von Norden
her in Anahuac eingewandert, wo sie um 650 Tula (10 Meilen nördlich von
Mejico) gründeten. Ihr Reich, teils friedlich, teils durch Eroberung erweitert,
erreichte seinen Höhepunkt um 800--900; von 1050 an begann es infolge von
Naturereignissen, Krankheiten und Hungersnot zu sinken. -- Ihre Kultur ist
der ihrer Nachfolger, der Azteken, sehr ähnlich; noch heut geben bedeutende
Bauten von ihr Kunde.

Die Azteken wanderten ca. 1250 in die Sitze der geschwächten Tolteken
ein und gründeten 1325 auf Pfählen mitten in einem See die Stadt Mejico,
von wo sie ihre Macht bis an den grossen Ocean sowie bis an den Meerbusen

kannt. Dieser fand bei seiner Landung an der Küste von Ecuador 1527 ein
wohlorganisiertes und in groſsem Wohlstände befindliches Reich vor, das sich
von Quito an der Küste entlang, im Osten von den Urwäldern Brasiliens
begrenzt, bis circa zum 35. Grad südlicher Breite erstreckte; Hauptstadt war Cusco
(nordwestlich vom Titicaca-See).

An der Spitze stand ein unumschränkter König; ihm zur Seite der Adel,
die Incas, und die Priesterschaft als bevorrechtete Stände dem gemeinen
Volke gegenüber. Der König, aus dem Adel hervorgegangen, galt als der
Eigentümer des Landes und aller seiner Erträge: von letzteren gehörte ihm
und dem Adel ein Drittel, ein Drittel der Priesterschaft und ein Drittel dem
gemeinen Volk, an welche alles nach der Gröſse der Familien verteilt wurde.
Da so eine gewisse Gütergemeinschaft herrschte, wurde die Thätigkeit der
Einzelnen streng überwacht und Müſsiggang nicht geduldet, so daſs das Los
des Volkes zum Teil. zwar drückend war, Armut und Not aber fehlten. Der
Ackerbau befand sich in hoher Blüte, und das Wohl der Gesamtheit wurde
gefördert durch ausgezeichnete Straſsen, Brücken und Wasserleitungen, auch
waren die Fluſsläufe behufs Bewässerung des Landes gut reguliert.

Unterrichtet waren sie nach ihren Sagen in den Anfängen aller Kultur
von einem Geschwisterpaar, das dessen Mutter, die Sonne, auf die Erde ge-
schickt hatte, um die rohen Menschen zu civilisieren; von demselben leiteten
die Incas ihren Ursprung her.

Die Religion der Peruaner war ein Dienst der Himmelskörper; der
Sonne, dem Monde und den Sternen waren namentlich auf den Inseln des
Titicaca-Sees groſsartige Tempel errichtet, deren Überreste noch heute vor-
handen sind.

Der König, die höchste weltliche und geistliche Macht in seiner Hand
vereinigend, erlieſs die Gesetze im Namen der Gottheit; ihre Übertretung
wurde mit dem Tode geahndet.

Neben dem Ackerbau blühten auch Künste und Gewerbe; ebenso blühte
eine reiche lyrische und dramatische Literatur, welche mündlich überliefert
wurde (obwohl es eine Quippos genannte Knotenschrift gab) und einen
heiteren, lebensfrohen Sinn des Volkes zeigt; die Herrschaft der Spanier,
welche die Thronstreitigkeiten zweier Brüder benutzten, um 1531—38 das
Reich zu erobern, hat den Charakter des Volkes in sein Gegenteil verwandelt.

2. In Nord-Amerika gelangten auf dem Hochlande Anahuac in Mejico
zuerst die Tolteken, dann die Azteken zu einer gewissen Höhe der
Kultur.

Die Tolteken sind ihren Sagen nach etwa um 400 n. Chr. von Norden
her in Anahuac eingewandert, wo sie um 650 Tula (10 Meilen nördlich von
Mejico) gründeten. Ihr Reich, teils friedlich, teils durch Eroberung erweitert,
erreichte seinen Höhepunkt um 800—900; von 1050 an begann es infolge von
Naturereignissen, Krankheiten und Hungersnot zu sinken. — Ihre Kultur ist
der ihrer Nachfolger, der Azteken, sehr ähnlich; noch heut geben bedeutende
Bauten von ihr Kunde.

Die Azteken wanderten ca. 1250 in die Sitze der geschwächten Tolteken
ein und gründeten 1325 auf Pfählen mitten in einem See die Stadt Mejico,
von wo sie ihre Macht bis an den groſsen Ocean sowie bis an den Meerbusen

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[— 16 —/0026] kannt. Dieser fand bei seiner Landung an der Küste von Ecuador 1527 ein wohlorganisiertes und in groſsem Wohlstände befindliches Reich vor, das sich von Quito an der Küste entlang, im Osten von den Urwäldern Brasiliens begrenzt, bis ca. zum 35. Grad südl. Br. erstreckte; Hauptstadt war Cusco (nw. v. Titicaca-See). An der Spitze stand ein unumschränkter König; ihm zur Seite der Adel, die Incas, und die Priesterschaft als bevorrechtete Stände dem gemeinen Volke gegenüber. Der König, aus dem Adel hervorgegangen, galt als der Eigentümer des Landes und aller seiner Erträge: von letzteren gehörte ihm und dem Adel ein Drittel, ein Drittel der Priesterschaft und ein Drittel dem gemeinen Volk, an welche alles nach der Gröſse der Familien verteilt wurde. Da so eine gewisse Gütergemeinschaft herrschte, wurde die Thätigkeit der Einzelnen streng überwacht und Müſsiggang nicht geduldet, so daſs das Los des Volkes z. t. zwar drückend war, Armut und Not aber fehlten. Der Ackerbau befand sich in hoher Blüte, und das Wohl der Gesamtheit wurde gefördert durch ausgezeichnete Straſsen, Brücken und Wasserleitungen, auch waren die Fluſsläufe behufs Bewässerung des Landes gut reguliert. Unterrichtet waren sie nach ihren Sagen in den Anfängen aller Kultur von einem Geschwisterpaar, das dessen Mutter, die Sonne, auf die Erde ge- schickt hatte, um die rohen Menschen zu civilisieren; von demselben leiteten die Incas ihren Ursprung her. Die Religion der Peruaner war ein Dienst der Himmelskörper; der Sonne, dem Monde und den Sternen waren namentlich auf den Inseln des Titicaca-Sees groſsartige Tempel errichtet, deren Überreste noch heute vor- handen sind. Der König, die höchste weltliche und geistliche Macht in seiner Hand vereinigend, erlieſs die Gesetze im Namen der Gottheit; ihre Übertretung wurde mit dem Tode geahndet. Neben dem Ackerbau blühten auch Künste und Gewerbe; ebenso blühte eine reiche lyrische und dramatische Litteratur, welche mündlich überliefert wurde (obwohl es eine Quippos genannte Knotenschrift gab) und einen heiteren, lebensfrohen Sinn des Volkes zeigt; die Herrschaft der Spanier, welche die Thronstreitigkeiten zweier Brüder benutzten, um 1531—38 das Reich zu erobern, hat den Charakter des Volkes in sein Gegenteil verwandelt. 2. In Nord-Amerika gelangten auf dem Hochlande Anahuac in Mejico zuerst die Tolteken, dann die Azteken zu einer gewissen Höhe der Kultur. Die Tolteken sind ihren Sagen nach etwa um 400 n. Chr. von Norden her in Anahuac eingewandert, wo sie um 650 Tula (10 Meilen nördlich von Mejico) gründeten. Ihr Reich, teils friedlich, teils durch Eroberung erweitert, erreichte seinen Höhepunkt um 800—900; von 1050 an begann es infolge von Naturereignissen, Krankheiten und Hungersnot zu sinken. — Ihre Kultur ist der ihrer Nachfolger, der Azteken, sehr ähnlich; noch heut geben bedeutende Bauten von ihr Kunde. Die Azteken wanderten ca. 1250 in die Sitze der geschwächten Tolteken ein und gründeten 1325 auf Pfählen mitten in einem See die Stadt Mejico, von wo sie ihre Macht bis an den groſsen Ocean sowie bis an den Meerbusen

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Georg-Eckert-Institut - Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-18T07:46:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Meyer, Edmund: Alte Geschichte. Berlin, 1890 (= Leitfaden der Geschichte in Tabellenform, Bd. 1), S. — 16 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_geschichte_1890/26>, abgerufen am 23.11.2024.