Daher ist nichts so ingeniös, als die Erwerbsarten in unsrer Zeit, und nichts abgeschmackter und nichts¬ würdiger, als die Weise, des Erworbenen sich zu erfreuen, die Vergnügungen des Reichthums. Die Anstrengung, den Fleiß, das Genie der Erwerben¬ den müssen wir bewundern, den Gebrauch, den sie vom Erworbenen machen, müssen wir meistens nur belächeln. Übrigens hat dies zum Theil seinen Grund in dem Umstande, daß wirklich die meisten Menschen mehr erwerben, um dem Übel der Armuth zu entgehn, als um das Glück des Reichthums zu genießen. Ihr Streben ist mehr negativ gegen die Armuth, als po¬ sitiv für den Reichthum berechnet. Es sind verhält¬ nißmäßig nur wenige, die wirklich zum Genuß ge¬ langen, die meisten müssen sich nur des Mangels er¬ wehren, daher ist die Arbeit wichtiger und interessan¬ ter, als der Erfolg.
Daß aber alles menschliche Treiben jetzt auf Er¬ werb ausgeht, ausgehen muß, ist gewiß im Vergleich mit frühern Zeiten eine sehr traurige Eigenthümlich¬ keit der unsern. Man kann einmal nicht leben ohne Geld, man muß zu erwerben suchen, um nicht un¬ terzugehn; man muß ein Mehr zu gewinnen suchen, weil ein Weniger leicht mit dem bürgerlichen Tode droht. Darum wird von früh auf schon den Kindern eingeprägt, daß sie in dieser Welt nur dazu berufen sind, ihr Unterkommen zu suchen, den Erwerb als das höchste Lebensziel zu betrachten. Schon die Er¬ ziehung drückt ihnen den Stempel eines Lastthieres
Daher iſt nichts ſo ingenioͤs, als die Erwerbsarten in unſrer Zeit, und nichts abgeſchmackter und nichts¬ wuͤrdiger, als die Weiſe, des Erworbenen ſich zu erfreuen, die Vergnuͤgungen des Reichthums. Die Anſtrengung, den Fleiß, das Genie der Erwerben¬ den muͤſſen wir bewundern, den Gebrauch, den ſie vom Erworbenen machen, muͤſſen wir meiſtens nur belaͤcheln. Übrigens hat dies zum Theil ſeinen Grund in dem Umſtande, daß wirklich die meiſten Menſchen mehr erwerben, um dem Übel der Armuth zu entgehn, als um das Gluͤck des Reichthums zu genießen. Ihr Streben iſt mehr negativ gegen die Armuth, als po¬ ſitiv fuͤr den Reichthum berechnet. Es ſind verhaͤlt¬ nißmaͤßig nur wenige, die wirklich zum Genuß ge¬ langen‚ die meiſten muͤſſen ſich nur des Mangels er¬ wehren, daher iſt die Arbeit wichtiger und intereſſan¬ ter, als der Erfolg.
Daß aber alles menſchliche Treiben jetzt auf Er¬ werb ausgeht, ausgehen muß, iſt gewiß im Vergleich mit fruͤhern Zeiten eine ſehr traurige Eigenthuͤmlich¬ keit der unſern. Man kann einmal nicht leben ohne Geld, man muß zu erwerben ſuchen, um nicht un¬ terzugehn; man muß ein Mehr zu gewinnen ſuchen, weil ein Weniger leicht mit dem buͤrgerlichen Tode droht. Darum wird von fruͤh auf ſchon den Kindern eingepraͤgt, daß ſie in dieſer Welt nur dazu berufen ſind, ihr Unterkommen zu ſuchen, den Erwerb als das hoͤchſte Lebensziel zu betrachten. Schon die Er¬ ziehung druͤckt ihnen den Stempel eines Laſtthieres
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Daher iſt nichts ſo ingenioͤs, als die Erwerbsarten
in unſrer Zeit, und nichts abgeſchmackter und nichts¬
wuͤrdiger, als die Weiſe, des Erworbenen ſich zu
erfreuen, die Vergnuͤgungen des Reichthums. Die
Anſtrengung, den Fleiß, das Genie der Erwerben¬
den muͤſſen wir bewundern, den Gebrauch, den ſie
vom Erworbenen machen, muͤſſen wir meiſtens nur
belaͤcheln. Übrigens hat dies zum Theil ſeinen Grund
in dem Umſtande, daß wirklich die meiſten Menſchen
mehr erwerben, um dem Übel der Armuth zu entgehn,
als um das Gluͤck des Reichthums zu genießen. Ihr
Streben iſt mehr negativ gegen die Armuth, als po¬
ſitiv fuͤr den Reichthum berechnet. Es ſind verhaͤlt¬
nißmaͤßig nur wenige, die wirklich zum Genuß ge¬
langen‚ die meiſten muͤſſen ſich nur des Mangels er¬
wehren, daher iſt die Arbeit wichtiger und intereſſan¬
ter, als der Erfolg.
Daß aber alles menſchliche Treiben jetzt auf Er¬
werb ausgeht, ausgehen muß, iſt gewiß im Vergleich
mit fruͤhern Zeiten eine ſehr traurige Eigenthuͤmlich¬
keit der unſern. Man kann einmal nicht leben ohne
Geld, man muß zu erwerben ſuchen, um nicht un¬
terzugehn; man muß ein Mehr zu gewinnen ſuchen,
weil ein Weniger leicht mit dem buͤrgerlichen Tode
droht. Darum wird von fruͤh auf ſchon den Kindern
eingepraͤgt, daß ſie in dieſer Welt nur dazu berufen
ſind, ihr Unterkommen zu ſuchen, den Erwerb als
das hoͤchſte Lebensziel zu betrachten. Schon die Er¬
ziehung druͤckt ihnen den Stempel eines Laſtthieres
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/52>, abgerufen am 25.11.2024.
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