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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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auf, das sein Brod verdienen muß. Das Schlimmste
ist, daß jedes Mittel geheiligt erscheint, sobald es
dem Zweck des Erwerbs dient. Nur das Criminal¬
gesetz enthält die Ausnahmen von der Regel; Aus¬
nahmen, welche die Moral zu machen hätte, werden
selten beachtet. Die Erwerbsucht rottet das heiligste
Gefühl im Herzen aus und die meisten Ehen werden
nur wie ein Handel abgeschlossen. Man frägt nach
dem Gelde, nicht nach dem Liebreiz und der Tugend
der Braut. Die Menschenliebe und Ehrlichkeit lei¬
den am meisten bei diesem Jagen nach Gelde. Man
ruinirt den Nebenmenschen, um selbst zu gewinnen,
man betrügt auf gesetzlichem Wege, und begeht eine
Menge ganz unscheinbarer, aber nicht minder schlimmer
Mordthaten durch geschickte Verdrängung der Concur¬
renten. Selbst die Gefühle der Ehre, des Patrio¬
tismus und der Frömmigkeit werden vergiftet durch
die Rücksicht auf das Geld. Nicht das gemeine und
alte Übel der Bestechung kommt hier in Frage, son¬
dern ein ganz neues allgemein verbreitetes und weit
gefährlicheres Übel. Fast alle Staatsdiener, sogar
die Priester machen sich ihre Besoldung zum Haupt¬
augenmerk. Ja die Staaten selbst müssen erwerben
und Handel treiben, weil sie ohne Geld nicht mehr
existiren können. Dadurch ist das Privatleben wie
das öffentliche von Grund aus umgestaltet worden.

Früher achtete man den Menschen, jetzt nur noch
das Geld. Die Gewalt selbst borgt ihre Mittel nur
noch vom Gelde, und um die heiligste Autorität steht

auf, das ſein Brod verdienen muß. Das Schlimmſte
iſt, daß jedes Mittel geheiligt erſcheint, ſobald es
dem Zweck des Erwerbs dient. Nur das Criminal¬
geſetz enthaͤlt die Ausnahmen von der Regel; Aus¬
nahmen, welche die Moral zu machen haͤtte, werden
ſelten beachtet. Die Erwerbſucht rottet das heiligſte
Gefuͤhl im Herzen aus und die meiſten Ehen werden
nur wie ein Handel abgeſchloſſen. Man fraͤgt nach
dem Gelde, nicht nach dem Liebreiz und der Tugend
der Braut. Die Menſchenliebe und Ehrlichkeit lei¬
den am meiſten bei dieſem Jagen nach Gelde. Man
ruinirt den Nebenmenſchen, um ſelbſt zu gewinnen,
man betruͤgt auf geſetzlichem Wege, und begeht eine
Menge ganz unſcheinbarer, aber nicht minder ſchlimmer
Mordthaten durch geſchickte Verdraͤngung der Concur¬
renten. Selbſt die Gefuͤhle der Ehre, des Patrio¬
tismus und der Froͤmmigkeit werden vergiftet durch
die Ruͤckſicht auf das Geld. Nicht das gemeine und
alte Übel der Beſtechung kommt hier in Frage, ſon¬
dern ein ganz neues allgemein verbreitetes und weit
gefaͤhrlicheres Übel. Faſt alle Staatsdiener, ſogar
die Prieſter machen ſich ihre Beſoldung zum Haupt¬
augenmerk. Ja die Staaten ſelbſt muͤſſen erwerben
und Handel treiben, weil ſie ohne Geld nicht mehr
exiſtiren koͤnnen. Dadurch iſt das Privatleben wie
das oͤffentliche von Grund aus umgeſtaltet worden.

Fruͤher achtete man den Menſchen, jetzt nur noch
das Geld. Die Gewalt ſelbſt borgt ihre Mittel nur
noch vom Gelde, und um die heiligſte Autoritaͤt ſteht

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[43/0053] auf, das ſein Brod verdienen muß. Das Schlimmſte iſt, daß jedes Mittel geheiligt erſcheint, ſobald es dem Zweck des Erwerbs dient. Nur das Criminal¬ geſetz enthaͤlt die Ausnahmen von der Regel; Aus¬ nahmen, welche die Moral zu machen haͤtte, werden ſelten beachtet. Die Erwerbſucht rottet das heiligſte Gefuͤhl im Herzen aus und die meiſten Ehen werden nur wie ein Handel abgeſchloſſen. Man fraͤgt nach dem Gelde, nicht nach dem Liebreiz und der Tugend der Braut. Die Menſchenliebe und Ehrlichkeit lei¬ den am meiſten bei dieſem Jagen nach Gelde. Man ruinirt den Nebenmenſchen, um ſelbſt zu gewinnen, man betruͤgt auf geſetzlichem Wege, und begeht eine Menge ganz unſcheinbarer, aber nicht minder ſchlimmer Mordthaten durch geſchickte Verdraͤngung der Concur¬ renten. Selbſt die Gefuͤhle der Ehre, des Patrio¬ tismus und der Froͤmmigkeit werden vergiftet durch die Ruͤckſicht auf das Geld. Nicht das gemeine und alte Übel der Beſtechung kommt hier in Frage, ſon¬ dern ein ganz neues allgemein verbreitetes und weit gefaͤhrlicheres Übel. Faſt alle Staatsdiener, ſogar die Prieſter machen ſich ihre Beſoldung zum Haupt¬ augenmerk. Ja die Staaten ſelbſt muͤſſen erwerben und Handel treiben, weil ſie ohne Geld nicht mehr exiſtiren koͤnnen. Dadurch iſt das Privatleben wie das oͤffentliche von Grund aus umgeſtaltet worden. Fruͤher achtete man den Menſchen, jetzt nur noch das Geld. Die Gewalt ſelbſt borgt ihre Mittel nur noch vom Gelde, und um die heiligſte Autoritaͤt ſteht

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/53>, abgerufen am 25.11.2024.