Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.gischen Schmerz, diese Ironie am häufigsten mit sei¬ Beide Momente durchdringen sich fast in allen Mit größerem Rechte macht man Jean Paul den giſchen Schmerz, dieſe Ironie am haͤufigſten mit ſei¬ Beide Momente durchdringen ſich faſt in allen Mit groͤßerem Rechte macht man Jean Paul den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0249" n="239"/> giſchen Schmerz, dieſe Ironie am haͤufigſten mit ſei¬<lb/> ner idylliſchen Empfindſamkeit gepaart.</p><lb/> <p>Beide Momente durchdringen ſich faſt in allen<lb/> Darſtellungen Jean Pauls dergeſtalt, daß er oft auf<lb/> derſelben Seite die ruͤhrendſten Schilderungen mit<lb/> den laͤcherlichſten wechſeln laͤßt. Man hat ihm dies<lb/> zum Vorwurf gemacht, ohne zu bedenken, daß gerade<lb/> hierin die Wahrheit des Humors und ſeine groͤßte<lb/> Wirkung beſteht. Scheidet man die Doppelnatur des<lb/> Humors, ſo hoͤrt ſein Weſen auf. Im Humor durch¬<lb/> dringen ſich die beiden Gegenſaͤtze ſo innig, daß die<lb/> Sprache nicht einmal im Stande iſt, dieſe innige<lb/> Verbindung oder den ſchnellen Wechſel der Empfin¬<lb/> dungen treu genug auszudruͤcken.</p><lb/> <p>Mit groͤßerem Rechte macht man Jean Paul den<lb/> Vorwurf, ſeine Darſtellung ſey da, wo ſie doch ob¬<lb/> jectiv ſeyn ſolle, zu wenig objectiv, namentlich in der<lb/> Wahrheit und Haltung ſeiner Charaktere. Es iſt nicht<lb/> zu laͤugnen, daß mancher ſeiner Helden und Heldin¬<lb/> nen, beſonders die ernſthaften und ruͤhrenden oder<lb/> idealiſirten, und wieder beſonders im Titan, zu we¬<lb/> nig innre Wahrheit und Natuͤrlichkeit haben, zu auf¬<lb/> fallend blos gedichteten, nicht wirklichen Weſen aͤhn¬<lb/> lich ſehn; aber auch hier kann man den Dichter ent¬<lb/> ſchuldigen. Es lag nicht in ſeinem Plan und nicht<lb/> im Weſen ſeiner Poeſie, Einheiten zu geben. Wo<lb/> ſie bei ihm vorkommen, erſcheinen ſie nur als aͤußere<lb/> Rahmen fuͤr die Fuͤlle ſeiner Sentiments und Witze.<lb/> Dieſe ſind die Hauptſache. Der Humor verfaͤhrt uͤberall<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [239/0249]
giſchen Schmerz, dieſe Ironie am haͤufigſten mit ſei¬
ner idylliſchen Empfindſamkeit gepaart.
Beide Momente durchdringen ſich faſt in allen
Darſtellungen Jean Pauls dergeſtalt, daß er oft auf
derſelben Seite die ruͤhrendſten Schilderungen mit
den laͤcherlichſten wechſeln laͤßt. Man hat ihm dies
zum Vorwurf gemacht, ohne zu bedenken, daß gerade
hierin die Wahrheit des Humors und ſeine groͤßte
Wirkung beſteht. Scheidet man die Doppelnatur des
Humors, ſo hoͤrt ſein Weſen auf. Im Humor durch¬
dringen ſich die beiden Gegenſaͤtze ſo innig, daß die
Sprache nicht einmal im Stande iſt, dieſe innige
Verbindung oder den ſchnellen Wechſel der Empfin¬
dungen treu genug auszudruͤcken.
Mit groͤßerem Rechte macht man Jean Paul den
Vorwurf, ſeine Darſtellung ſey da, wo ſie doch ob¬
jectiv ſeyn ſolle, zu wenig objectiv, namentlich in der
Wahrheit und Haltung ſeiner Charaktere. Es iſt nicht
zu laͤugnen, daß mancher ſeiner Helden und Heldin¬
nen, beſonders die ernſthaften und ruͤhrenden oder
idealiſirten, und wieder beſonders im Titan, zu we¬
nig innre Wahrheit und Natuͤrlichkeit haben, zu auf¬
fallend blos gedichteten, nicht wirklichen Weſen aͤhn¬
lich ſehn; aber auch hier kann man den Dichter ent¬
ſchuldigen. Es lag nicht in ſeinem Plan und nicht
im Weſen ſeiner Poeſie, Einheiten zu geben. Wo
ſie bei ihm vorkommen, erſcheinen ſie nur als aͤußere
Rahmen fuͤr die Fuͤlle ſeiner Sentiments und Witze.
Dieſe ſind die Hauptſache. Der Humor verfaͤhrt uͤberall
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