den soll. Die Grundlage der meisten Dichtungen Fouque's ist allerdings der romantische Goldgrund des Mittelalters, und Glaube, Liebe, Ehre sind die Hauptfarben in allen seinen Gemälden. Er geht aber vom innern Geist schon mehr auf das Äußerliche, auf das Costum des Mittelalters über. Richtige und tiefe Auffassung der Charaktere gilt ihm schon weit weniger, als genaue und umständliche Zeichnung der Sitten und Trachten. Diese Vorliebe artet leicht in Kinderei aus. Sie verbietet ihm, das Alterthüm¬ liche auch auf die neuere Zeit überzutragen. Er sieht sich selbst gern als einen Sprößling der alten ritter¬ lichen Barone an und affectirt, wo er nur von sich selbst spricht, die alte Rittermäßigkeit. So erhalten auch alle seine Darstellungen moderner Adelsfamilien und Officiere einen alterthümlichen Anstrich, und so¬ mit unwillkürlich etwas von Don Quixote. Auf der andern Seite trägt er aber auch viel Modernes auf seine Darstellungen des Mittelalters über. Wie seine Officiere Ritter seyn sollen, so haben auch seine Rit¬ ter etwas von dem Wesen der modernen Officiere an sich, etwas Garnisonsmäßiges, Ziererei, Lust an Putz, Selbstgefälligkeit, Koketterie mit den Waffen, Pferden und Hunden. Er selbst ist zu sehr in dieser niedlichen Pedanterei befangen, um den Contrast der¬ selben mit dem alten Ritterthum zu begreifen. Eben so verfehlt er den Ton der alten Galanterie und überhaupt die ganze alte Redeweise. Wenn seine Hel¬ den auch oft ganz mittelalterlich handeln, so sprechen
den ſoll. Die Grundlage der meiſten Dichtungen Fouqué's iſt allerdings der romantiſche Goldgrund des Mittelalters, und Glaube, Liebe, Ehre ſind die Hauptfarben in allen ſeinen Gemaͤlden. Er geht aber vom innern Geiſt ſchon mehr auf das Äußerliche, auf das Coſtum des Mittelalters uͤber. Richtige und tiefe Auffaſſung der Charaktere gilt ihm ſchon weit weniger, als genaue und umſtaͤndliche Zeichnung der Sitten und Trachten. Dieſe Vorliebe artet leicht in Kinderei aus. Sie verbietet ihm, das Alterthuͤm¬ liche auch auf die neuere Zeit uͤberzutragen. Er ſieht ſich ſelbſt gern als einen Sproͤßling der alten ritter¬ lichen Barone an und affectirt, wo er nur von ſich ſelbſt ſpricht, die alte Rittermaͤßigkeit. So erhalten auch alle ſeine Darſtellungen moderner Adelsfamilien und Officiere einen alterthuͤmlichen Anſtrich, und ſo¬ mit unwillkuͤrlich etwas von Don Quixote. Auf der andern Seite traͤgt er aber auch viel Modernes auf ſeine Darſtellungen des Mittelalters uͤber. Wie ſeine Officiere Ritter ſeyn ſollen, ſo haben auch ſeine Rit¬ ter etwas von dem Weſen der modernen Officiere an ſich, etwas Garniſonsmaͤßiges, Ziererei, Luſt an Putz, Selbſtgefaͤlligkeit, Koketterie mit den Waffen, Pferden und Hunden. Er ſelbſt iſt zu ſehr in dieſer niedlichen Pedanterei befangen, um den Contraſt der¬ ſelben mit dem alten Ritterthum zu begreifen. Eben ſo verfehlt er den Ton der alten Galanterie und uͤberhaupt die ganze alte Redeweiſe. Wenn ſeine Hel¬ den auch oft ganz mittelalterlich handeln, ſo ſprechen
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den ſoll. Die Grundlage der meiſten Dichtungen
Fouqué's iſt allerdings der romantiſche Goldgrund
des Mittelalters, und Glaube, Liebe, Ehre ſind die
Hauptfarben in allen ſeinen Gemaͤlden. Er geht aber
vom innern Geiſt ſchon mehr auf das Äußerliche,
auf das Coſtum des Mittelalters uͤber. Richtige und
tiefe Auffaſſung der Charaktere gilt ihm ſchon weit
weniger, als genaue und umſtaͤndliche Zeichnung der
Sitten und Trachten. Dieſe Vorliebe artet leicht in
Kinderei aus. Sie verbietet ihm, das Alterthuͤm¬
liche auch auf die neuere Zeit uͤberzutragen. Er ſieht
ſich ſelbſt gern als einen Sproͤßling der alten ritter¬
lichen Barone an und affectirt, wo er nur von ſich
ſelbſt ſpricht, die alte Rittermaͤßigkeit. So erhalten
auch alle ſeine Darſtellungen moderner Adelsfamilien
und Officiere einen alterthuͤmlichen Anſtrich, und ſo¬
mit unwillkuͤrlich etwas von Don Quixote. Auf der
andern Seite traͤgt er aber auch viel Modernes auf
ſeine Darſtellungen des Mittelalters uͤber. Wie ſeine
Officiere Ritter ſeyn ſollen, ſo haben auch ſeine Rit¬
ter etwas von dem Weſen der modernen Officiere
an ſich, etwas Garniſonsmaͤßiges, Ziererei, Luſt an
Putz, Selbſtgefaͤlligkeit, Koketterie mit den Waffen,
Pferden und Hunden. Er ſelbſt iſt zu ſehr in dieſer
niedlichen Pedanterei befangen, um den Contraſt der¬
ſelben mit dem alten Ritterthum zu begreifen. Eben
ſo verfehlt er den Ton der alten Galanterie und
uͤberhaupt die ganze alte Redeweiſe. Wenn ſeine Hel¬
den auch oft ganz mittelalterlich handeln, ſo ſprechen
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/163>, abgerufen am 16.02.2025.
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