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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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sie doch nicht so. Ihre süßliche, manierliche Sprache
hat nicht das Mindeste mit dem einfachen, natürli¬
chen, warmen und kräftigen Ton der alten Ritter
gemein, und die alterthümlichen Stichwörter, Wen¬
dungen und Redensarten, deren Fouque sich gern
bedient, sind nur eine Hülle ohne wesentlichen In¬
halt, und enthalten so wenig den Geist des Mittel¬
alters, als die Vossischen Affectationen des antiken
Styls den Geist des Antiken. Die vielen Nachah¬
mer, die wieder Fouque gefunden, sind der Rede
nicht werth.

Die fünfte und letzte Hauptgattung des Roman¬
tischen sucht das Wunderbare im Nationellen.
Sie hängt mehr oder weniger mit allen übrigen Gat¬
tungen zusammen, da, was immer für ein Held im
Vordergrunde der Dichtung steht, irgend ein Land
und Volk immer den Hintergrund und Rahmen der¬
selben bildet. Insbesondre aber ist sie wieder von
allen unterschieden, soferne sie nur das Rationelle
zu ihrem Gegenstande macht, und die volksthümli¬
chen Eigenheiten, die in andern Dichtungen mehr
verschwinden, gerade als Hauptsache behandelt. Auch
sie stellt den Menschen dar, aber nicht mehr in seiner
idealen Humanität, sondern in der Gattung. Ihr
gilt das Individuum nur noch als Repräsentant der
Gattung, eines bestimmten Volkes.

Diese Poesie ist gegenwärtig die herrschende ge¬
worden, ohne daß man sich noch darüber Rechenschaft
gegeben zu haben scheint. Früher war sie unter der

ſie doch nicht ſo. Ihre ſuͤßliche, manierliche Sprache
hat nicht das Mindeſte mit dem einfachen, natuͤrli¬
chen, warmen und kraͤftigen Ton der alten Ritter
gemein, und die alterthuͤmlichen Stichwoͤrter, Wen¬
dungen und Redensarten, deren Fouqué ſich gern
bedient, ſind nur eine Huͤlle ohne weſentlichen In¬
halt‚ und enthalten ſo wenig den Geiſt des Mittel¬
alters‚ als die Voſſiſchen Affectationen des antiken
Styls den Geiſt des Antiken. Die vielen Nachah¬
mer‚ die wieder Fouqué gefunden, ſind der Rede
nicht werth.

Die fuͤnfte und letzte Hauptgattung des Roman¬
tiſchen ſucht das Wunderbare im Nationellen.
Sie haͤngt mehr oder weniger mit allen uͤbrigen Gat¬
tungen zuſammen, da‚ was immer fuͤr ein Held im
Vordergrunde der Dichtung ſteht, irgend ein Land
und Volk immer den Hintergrund und Rahmen der¬
ſelben bildet. Insbeſondre aber iſt ſie wieder von
allen unterſchieden, ſoferne ſie nur das Rationelle
zu ihrem Gegenſtande macht, und die volksthuͤmli¬
chen Eigenheiten, die in andern Dichtungen mehr
verſchwinden, gerade als Hauptſache behandelt. Auch
ſie ſtellt den Menſchen dar, aber nicht mehr in ſeiner
idealen Humanitaͤt, ſondern in der Gattung. Ihr
gilt das Individuum nur noch als Repraͤſentant der
Gattung, eines beſtimmten Volkes.

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[154/0164] ſie doch nicht ſo. Ihre ſuͤßliche, manierliche Sprache hat nicht das Mindeſte mit dem einfachen, natuͤrli¬ chen, warmen und kraͤftigen Ton der alten Ritter gemein, und die alterthuͤmlichen Stichwoͤrter, Wen¬ dungen und Redensarten, deren Fouqué ſich gern bedient, ſind nur eine Huͤlle ohne weſentlichen In¬ halt‚ und enthalten ſo wenig den Geiſt des Mittel¬ alters‚ als die Voſſiſchen Affectationen des antiken Styls den Geiſt des Antiken. Die vielen Nachah¬ mer‚ die wieder Fouqué gefunden, ſind der Rede nicht werth. Die fuͤnfte und letzte Hauptgattung des Roman¬ tiſchen ſucht das Wunderbare im Nationellen. Sie haͤngt mehr oder weniger mit allen uͤbrigen Gat¬ tungen zuſammen, da‚ was immer fuͤr ein Held im Vordergrunde der Dichtung ſteht, irgend ein Land und Volk immer den Hintergrund und Rahmen der¬ ſelben bildet. Insbeſondre aber iſt ſie wieder von allen unterſchieden, ſoferne ſie nur das Rationelle zu ihrem Gegenſtande macht, und die volksthuͤmli¬ chen Eigenheiten, die in andern Dichtungen mehr verſchwinden, gerade als Hauptſache behandelt. Auch ſie ſtellt den Menſchen dar, aber nicht mehr in ſeiner idealen Humanitaͤt, ſondern in der Gattung. Ihr gilt das Individuum nur noch als Repraͤſentant der Gattung, eines beſtimmten Volkes. Dieſe Poeſie iſt gegenwaͤrtig die herrſchende ge¬ worden, ohne daß man ſich noch daruͤber Rechenſchaft gegeben zu haben ſcheint. Fruͤher war ſie unter der

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/164>, abgerufen am 24.11.2024.