Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.sondern ihren Haß gegen dasselbe. Sie belehren den Es erhoben sich aber auch Stimmen dagegen und ſondern ihren Haß gegen daſſelbe. Sie belehren den Es erhoben ſich aber auch Stimmen dagegen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0220" n="210"/> ſondern ihren Haß gegen daſſelbe. Sie belehren den<lb/> Leſer nicht uͤber die wahre Natur der Vorzeit, ſon¬<lb/> dern warnen ſie vor den Gebrechen derſelben. Was<lb/> entlehnen ſie wohl aus den zahlreichen Quellen jener<lb/> Geſchichte? Was haben ſie im Ohr behalten aus der<lb/> unendlichen Muſik jener reichen ſchoͤnen Zeit? Diſſo¬<lb/> nanzen ohne Aufloͤſung, die traurige Schilderung von<lb/> Barbareien, die <hi rendition="#g">auch</hi> nicht fehlten, wie ſie uns<lb/> nicht fehlen; aber die beſeligenden Harmonien ver¬<lb/> nehmen ſie nicht, die uns uͤberall aus den Hallen je¬<lb/> ner Vorwelt entgegentoͤnen. Erſt unverhaͤltnißmaͤßig<lb/> wenige Geſchichtſchreiber haben es gewagt, in der<lb/> Kirche, dem Staat, den Sitten und der Kunſt des<lb/> Mittelalters etwas Erhabnes und Schoͤnes zu fin¬<lb/> den, und ihre Darſtellung im Sinne der Quellen,<lb/> im Sinne jener Zeit ſelbſt aufzufaſſen, und irgend<lb/> etwas von der Andacht, von der Kraft und Milde,<lb/> von der Poeſie derſelben in ihre Schilderungen ein¬<lb/> fließen zu laſſen. Die große Mehrzahl poltert nur<lb/> wie von der Kanzel gegen die Pfaffen und wie von<lb/> der Volkstribune gegen den Feudalismus, und ruͤmpft<lb/> wie in einem Salon die Naſe und haͤlt eine Philippika<lb/> gegen die Pferdeluſt der durchlauchtigen Ahnen.</p><lb/> <p>Es erhoben ſich aber auch Stimmen dagegen und<lb/> namentlich ſeit der Reſtauration gewann die fromme<lb/> und royaliſtiſche Partei auch einen weiten Spielraum<lb/> in der Geſchichtforſchung. Das Extrem kehrte ſich<lb/> um, und der verworfne Stein wurde zum Eckſtein.<lb/> Man ging auf der entgegengeſetzten Seite ſo weit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0220]
ſondern ihren Haß gegen daſſelbe. Sie belehren den
Leſer nicht uͤber die wahre Natur der Vorzeit, ſon¬
dern warnen ſie vor den Gebrechen derſelben. Was
entlehnen ſie wohl aus den zahlreichen Quellen jener
Geſchichte? Was haben ſie im Ohr behalten aus der
unendlichen Muſik jener reichen ſchoͤnen Zeit? Diſſo¬
nanzen ohne Aufloͤſung, die traurige Schilderung von
Barbareien, die auch nicht fehlten, wie ſie uns
nicht fehlen; aber die beſeligenden Harmonien ver¬
nehmen ſie nicht, die uns uͤberall aus den Hallen je¬
ner Vorwelt entgegentoͤnen. Erſt unverhaͤltnißmaͤßig
wenige Geſchichtſchreiber haben es gewagt, in der
Kirche, dem Staat, den Sitten und der Kunſt des
Mittelalters etwas Erhabnes und Schoͤnes zu fin¬
den, und ihre Darſtellung im Sinne der Quellen,
im Sinne jener Zeit ſelbſt aufzufaſſen, und irgend
etwas von der Andacht, von der Kraft und Milde,
von der Poeſie derſelben in ihre Schilderungen ein¬
fließen zu laſſen. Die große Mehrzahl poltert nur
wie von der Kanzel gegen die Pfaffen und wie von
der Volkstribune gegen den Feudalismus, und ruͤmpft
wie in einem Salon die Naſe und haͤlt eine Philippika
gegen die Pferdeluſt der durchlauchtigen Ahnen.
Es erhoben ſich aber auch Stimmen dagegen und
namentlich ſeit der Reſtauration gewann die fromme
und royaliſtiſche Partei auch einen weiten Spielraum
in der Geſchichtforſchung. Das Extrem kehrte ſich
um, und der verworfne Stein wurde zum Eckſtein.
Man ging auf der entgegengeſetzten Seite ſo weit
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