gung. Überdem ist es gewöhnlich der strenge Gegen¬ satz ihrer angebornen Natur und ihres anerzognen Glaubens, der sie zu so eifrigen Vertheidigern des Katholicismus gemacht hat; es sind gewöhnlich ur¬ sprünglich Protestanten, die in ihrer Kirche sich nicht befriedigt gefunden und Proselyten geworden sind. Geborne Katholiken werden von Jugend auf an ihre Kirche gewöhnt, Protestanten erscheint sie neu, wun¬ derbar, und der Contrast, der sie zum Übertritt ver¬ anlaßt, erweckt ihnen auch den Eifer, der alle Pro¬ selyten auszuzeichnen pflegt.
Man hat vorzüglich bemerkt, daß die meisten jener poetischen Gemüther in Rom bekehrt werden, daß der Anblick dieser Stadt den Eindruck aus sie macht, der sie zu einem, wie man nicht läugnen kann, so gewagten Entschluß bringt. Dies beweist aber gerade, von welcher Seite sie den Katholicis¬ mus betrachten. Es ist nicht sowohl der Glaube, der hier und dort derselbe ist, sondern die schlechte Dorf¬ kirche, die sie hier kalt läßt, und das prachtvolle Rom, das sie dort mit den gewaltigen Eindrücken der Kunst bezaubert.
An die poetischen Katholiken hat sich eine Schar armer Sünder angeschlossen, über welche die Pro¬ testanten ein gewaltiges Geschrei erhoben haben. Es gibt nämlich viele sinnliche und verstandesschwache Menschen, die eben so stark zur Sünde hingetrieben werden, als sie sich vor dem dunkeln Verhängniß fürchten, das sie strafen soll. Solche flüchten, be¬
gung. Überdem iſt es gewoͤhnlich der ſtrenge Gegen¬ ſatz ihrer angebornen Natur und ihres anerzognen Glaubens, der ſie zu ſo eifrigen Vertheidigern des Katholicismus gemacht hat; es ſind gewoͤhnlich ur¬ ſpruͤnglich Proteſtanten, die in ihrer Kirche ſich nicht befriedigt gefunden und Proſelyten geworden ſind. Geborne Katholiken werden von Jugend auf an ihre Kirche gewoͤhnt, Proteſtanten erſcheint ſie neu, wun¬ derbar, und der Contraſt, der ſie zum Übertritt ver¬ anlaßt, erweckt ihnen auch den Eifer, der alle Pro¬ ſelyten auszuzeichnen pflegt.
Man hat vorzuͤglich bemerkt, daß die meiſten jener poetiſchen Gemuͤther in Rom bekehrt werden, daß der Anblick dieſer Stadt den Eindruck aus ſie macht, der ſie zu einem, wie man nicht laͤugnen kann, ſo gewagten Entſchluß bringt. Dies beweist aber gerade, von welcher Seite ſie den Katholicis¬ mus betrachten. Es iſt nicht ſowohl der Glaube, der hier und dort derſelbe iſt, ſondern die ſchlechte Dorf¬ kirche, die ſie hier kalt laͤßt, und das prachtvolle Rom, das ſie dort mit den gewaltigen Eindruͤcken der Kunſt bezaubert.
An die poetiſchen Katholiken hat ſich eine Schar armer Suͤnder angeſchloſſen, uͤber welche die Pro¬ teſtanten ein gewaltiges Geſchrei erhoben haben. Es gibt naͤmlich viele ſinnliche und verſtandesſchwache Menſchen, die eben ſo ſtark zur Suͤnde hingetrieben werden, als ſie ſich vor dem dunkeln Verhaͤngniß fuͤrchten, das ſie ſtrafen ſoll. Solche fluͤchten, be¬
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gung. Überdem iſt es gewoͤhnlich der ſtrenge Gegen¬
ſatz ihrer angebornen Natur und ihres anerzognen
Glaubens, der ſie zu ſo eifrigen Vertheidigern des
Katholicismus gemacht hat; es ſind gewoͤhnlich ur¬
ſpruͤnglich Proteſtanten, die in ihrer Kirche ſich nicht
befriedigt gefunden und Proſelyten geworden ſind.
Geborne Katholiken werden von Jugend auf an ihre
Kirche gewoͤhnt, Proteſtanten erſcheint ſie neu, wun¬
derbar, und der Contraſt, der ſie zum Übertritt ver¬
anlaßt, erweckt ihnen auch den Eifer, der alle Pro¬
ſelyten auszuzeichnen pflegt.
Man hat vorzuͤglich bemerkt, daß die meiſten
jener poetiſchen Gemuͤther in Rom bekehrt werden,
daß der Anblick dieſer Stadt den Eindruck aus ſie
macht, der ſie zu einem, wie man nicht laͤugnen
kann, ſo gewagten Entſchluß bringt. Dies beweist
aber gerade, von welcher Seite ſie den Katholicis¬
mus betrachten. Es iſt nicht ſowohl der Glaube, der
hier und dort derſelbe iſt, ſondern die ſchlechte Dorf¬
kirche, die ſie hier kalt laͤßt, und das prachtvolle
Rom, das ſie dort mit den gewaltigen Eindruͤcken
der Kunſt bezaubert.
An die poetiſchen Katholiken hat ſich eine Schar
armer Suͤnder angeſchloſſen, uͤber welche die Pro¬
teſtanten ein gewaltiges Geſchrei erhoben haben. Es
gibt naͤmlich viele ſinnliche und verſtandesſchwache
Menſchen, die eben ſo ſtark zur Suͤnde hingetrieben
werden, als ſie ſich vor dem dunkeln Verhaͤngniß
fuͤrchten, das ſie ſtrafen ſoll. Solche fluͤchten, be¬
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/124>, abgerufen am 26.06.2024.
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