also zu eigen gemacht. Hierin bestehet also sein natürliches Eigentum, und diese Gü- ter sind auch im Stande der Natur, bevor noch irgend ein Vertrag unter den Menschen Statt gefunden, von der ursprünglichen Gemeinschaft der Güter ausgeschlossen worden. Die Menschen besitzen nämlich ur- sprünglich nur diejenigen Güter gemein- schaftlich, die von der Natur, ohne eines Menschen Fleis und Beförderung, hervorge- bracht werden. -- Nicht alles Eigen- tum ist blos conventionell.
Der Mensch kann ohne Wohlthun nicht glücklich seyn; Nicht ohne leidendes, aber eben so wenig ohne thätiges Wohlthun. Er kann nicht anders, als durch gegenseitigen Beystand, durch Wechsel von Dienst und Gegendienst, durch thätige und leidende Verbindung mit seinem Nebenmenschen, vollkommen werden.
Wenn also der Mensch Güter besitzet, oder Mittel zur Glückseligkeit in seinem Vermö- gen hat, die er entbehren kan, d. i. die nicht nothwendig zu seinem Daseyn erforderlich sind, und zu seinem Besserseyn dienen; so
ist
Erster Abschnitt. C
alſo zu eigen gemacht. Hierin beſtehet alſo ſein natuͤrliches Eigentum, und dieſe Guͤ- ter ſind auch im Stande der Natur, bevor noch irgend ein Vertrag unter den Menſchen Statt gefunden, von der urſpruͤnglichen Gemeinſchaft der Guͤter ausgeſchloſſen worden. Die Menſchen beſitzen naͤmlich ur- ſpruͤnglich nur diejenigen Guͤter gemein- ſchaftlich, die von der Natur, ohne eines Menſchen Fleis und Befoͤrderung, hervorge- bracht werden. — Nicht alles Eigen- tum iſt blos conventionell.
Der Menſch kann ohne Wohlthun nicht gluͤcklich ſeyn; Nicht ohne leidendes, aber eben ſo wenig ohne thaͤtiges Wohlthun. Er kann nicht anders, als durch gegenſeitigen Beyſtand, durch Wechſel von Dienſt und Gegendienſt, durch thaͤtige und leidende Verbindung mit ſeinem Nebenmenſchen, vollkommen werden.
Wenn alſo der Menſch Guͤter beſitzet, oder Mittel zur Gluͤckſeligkeit in ſeinem Vermoͤ- gen hat, die er entbehren kan, d. i. die nicht nothwendig zu ſeinem Daſeyn erforderlich ſind, und zu ſeinem Beſſerſeyn dienen; ſo
iſt
Erſter Abſchnitt. C
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alſo zu eigen gemacht. Hierin beſtehet alſo
ſein natuͤrliches Eigentum, und dieſe Guͤ-
ter ſind auch im Stande der Natur, bevor
noch irgend ein Vertrag unter den Menſchen
Statt gefunden, von der urſpruͤnglichen
Gemeinſchaft der Guͤter ausgeſchloſſen
worden. Die Menſchen beſitzen naͤmlich ur-
ſpruͤnglich nur diejenigen Guͤter gemein-
ſchaftlich, die von der Natur, ohne eines
Menſchen Fleis und Befoͤrderung, hervorge-
bracht werden. — Nicht alles Eigen-
tum iſt blos conventionell.
Der Menſch kann ohne Wohlthun nicht
gluͤcklich ſeyn; Nicht ohne leidendes, aber
eben ſo wenig ohne thaͤtiges Wohlthun. Er
kann nicht anders, als durch gegenſeitigen
Beyſtand, durch Wechſel von Dienſt und
Gegendienſt, durch thaͤtige und leidende
Verbindung mit ſeinem Nebenmenſchen,
vollkommen werden.
Wenn alſo der Menſch Guͤter beſitzet, oder
Mittel zur Gluͤckſeligkeit in ſeinem Vermoͤ-
gen hat, die er entbehren kan, d. i. die nicht
nothwendig zu ſeinem Daſeyn erforderlich
ſind, und zu ſeinem Beſſerſeyn dienen; ſo
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Erſter Abſchnitt. C
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/39>, abgerufen am 16.07.2024.
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