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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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ne erzogen zu werden. Im Grunde ist das
menschliche Geschlecht fast in allen Jahrhunder-
ten, wenn die Metapher gelten soll, Kind und
Mann und Greis zugleich, nur an verschiede-
nen Orten und Weltgegenden. Hier in der
Wiege, saugt an der Brust, oder lebt von Ram
und Milch; dort in männlicher Rüstung und
verzehrt das Fleisch der Rinder; und an einem
andern Orte am Stabe und schon wieder ohne
Zähne. Der Fortgang ist für den einzelnen
Menschen, dem die Vorsehung beschieden, einen
Theil seiner Ewigkeit hier auf Erden zu zubrin-
gen. Jeder gehet das Leben hindurch seinen
eigenen Weg; diesen führt der Weg über Blu-
men und Wiesen, jenen über wüste Ebenen oder
über steile Berge und gefahrvolle Klüfte. Aber
alle kommen auf der Reise weiter, und gehen
ihres Weges zur Glückseligkeit, zu welcher sie
beschieden sind. Aber daß auch das Ganze, die
Menschheit hienieden, in der Folge der Zeiten
immer vorwärts rücken, und sich vervollkomm-
nen soll, dieses scheinet mir der Zweck der Vor-
sehung nicht gewesen zu seyn; wenigstens ist
dieses so ausgemacht, und zur Rettung der Vor-

sehung

ne erzogen zu werden. Im Grunde iſt das
menſchliche Geſchlecht faſt in allen Jahrhunder-
ten, wenn die Metapher gelten ſoll, Kind und
Mann und Greis zugleich, nur an verſchiede-
nen Orten und Weltgegenden. Hier in der
Wiege, ſaugt an der Bruſt, oder lebt von Ram
und Milch; dort in maͤnnlicher Ruͤſtung und
verzehrt das Fleiſch der Rinder; und an einem
andern Orte am Stabe und ſchon wieder ohne
Zaͤhne. Der Fortgang iſt fuͤr den einzelnen
Menſchen, dem die Vorſehung beſchieden, einen
Theil ſeiner Ewigkeit hier auf Erden zu zubrin-
gen. Jeder gehet das Leben hindurch ſeinen
eigenen Weg; dieſen fuͤhrt der Weg uͤber Blu-
men und Wieſen, jenen uͤber wuͤſte Ebenen oder
uͤber ſteile Berge und gefahrvolle Kluͤfte. Aber
alle kommen auf der Reiſe weiter, und gehen
ihres Weges zur Gluͤckſeligkeit, zu welcher ſie
beſchieden ſind. Aber daß auch das Ganze, die
Menſchheit hienieden, in der Folge der Zeiten
immer vorwaͤrts ruͤcken, und ſich vervollkomm-
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ſehung nicht geweſen zu ſeyn; wenigſtens iſt
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[45/0147] ne erzogen zu werden. Im Grunde iſt das menſchliche Geſchlecht faſt in allen Jahrhunder- ten, wenn die Metapher gelten ſoll, Kind und Mann und Greis zugleich, nur an verſchiede- nen Orten und Weltgegenden. Hier in der Wiege, ſaugt an der Bruſt, oder lebt von Ram und Milch; dort in maͤnnlicher Ruͤſtung und verzehrt das Fleiſch der Rinder; und an einem andern Orte am Stabe und ſchon wieder ohne Zaͤhne. Der Fortgang iſt fuͤr den einzelnen Menſchen, dem die Vorſehung beſchieden, einen Theil ſeiner Ewigkeit hier auf Erden zu zubrin- gen. Jeder gehet das Leben hindurch ſeinen eigenen Weg; dieſen fuͤhrt der Weg uͤber Blu- men und Wieſen, jenen uͤber wuͤſte Ebenen oder uͤber ſteile Berge und gefahrvolle Kluͤfte. Aber alle kommen auf der Reiſe weiter, und gehen ihres Weges zur Gluͤckſeligkeit, zu welcher ſie beſchieden ſind. Aber daß auch das Ganze, die Menſchheit hienieden, in der Folge der Zeiten immer vorwaͤrts ruͤcken, und ſich vervollkomm- nen ſoll, dieſes ſcheinet mir der Zweck der Vor- ſehung nicht geweſen zu ſeyn; wenigſtens iſt dieſes ſo ausgemacht, und zur Rettung der Vor- ſehung

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/147>, abgerufen am 23.11.2024.