sehung Gottes bey weitem so nothwendig nicht, als man sich vorzustellen pflegt.
Daß wir doch immer wider alle Theorie und Hypothesen uns sträuben, und von Thatsachen reden, nichts als von Thatsachen hören wollen, und uns gerade da am wenigsten nach Thatsachen umsehen, wo es am meisten darauf ankommt. Ihr wollt errathen, was für Absichten die Vor- sehung mit der Menschheit hat? Schmiedet kei- ne Hypothesen; schauet nur umher auf das, was wirklich geschiehet, und, wenn ihr einen Ue- berblick auf die Geschichte aller Zeiten werfen könnet, auf das, was von jeher geschehen ist. Dieses ist Thatsache, dieses muß zur Absicht ge- hört haben, muß in dem Plane der Weisheit genehmigt, oder wenigstens mit aufgenommen worden seyn. Die Vorsehung verfehlt ihres Endzweckes nie. Was wirklich geschiehet, muß von jeher ihre Absicht gewesen seyn, oder dazu gehört haben. Nun findet ihr, in Absicht auf das gesammte Menschengeschlecht, keinen be- ständigen Fortschritt in der Ausbildung, der sich der Vollkommenheit immer näherte. Vielmehr sehen wir das Menschengeschlecht im Ganzen
kleine
ſehung Gottes bey weitem ſo nothwendig nicht, als man ſich vorzuſtellen pflegt.
Daß wir doch immer wider alle Theorie und Hypotheſen uns ſtraͤuben, und von Thatſachen reden, nichts als von Thatſachen hoͤren wollen, und uns gerade da am wenigſten nach Thatſachen umſehen, wo es am meiſten darauf ankommt. Ihr wollt errathen, was fuͤr Abſichten die Vor- ſehung mit der Menſchheit hat? Schmiedet kei- ne Hypotheſen; ſchauet nur umher auf das, was wirklich geſchiehet, und, wenn ihr einen Ue- berblick auf die Geſchichte aller Zeiten werfen koͤnnet, auf das, was von jeher geſchehen iſt. Dieſes iſt Thatſache, dieſes muß zur Abſicht ge- hoͤrt haben, muß in dem Plane der Weisheit genehmigt, oder wenigſtens mit aufgenommen worden ſeyn. Die Vorſehung verfehlt ihres Endzweckes nie. Was wirklich geſchiehet, muß von jeher ihre Abſicht geweſen ſeyn, oder dazu gehoͤrt haben. Nun findet ihr, in Abſicht auf das geſammte Menſchengeſchlecht, keinen be- ſtaͤndigen Fortſchritt in der Ausbildung, der ſich der Vollkommenheit immer naͤherte. Vielmehr ſehen wir das Menſchengeſchlecht im Ganzen
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ſehung Gottes bey weitem ſo nothwendig nicht,
als man ſich vorzuſtellen pflegt.
Daß wir doch immer wider alle Theorie und
Hypotheſen uns ſtraͤuben, und von Thatſachen
reden, nichts als von Thatſachen hoͤren wollen,
und uns gerade da am wenigſten nach Thatſachen
umſehen, wo es am meiſten darauf ankommt.
Ihr wollt errathen, was fuͤr Abſichten die Vor-
ſehung mit der Menſchheit hat? Schmiedet kei-
ne Hypotheſen; ſchauet nur umher auf das,
was wirklich geſchiehet, und, wenn ihr einen Ue-
berblick auf die Geſchichte aller Zeiten werfen
koͤnnet, auf das, was von jeher geſchehen iſt.
Dieſes iſt Thatſache, dieſes muß zur Abſicht ge-
hoͤrt haben, muß in dem Plane der Weisheit
genehmigt, oder wenigſtens mit aufgenommen
worden ſeyn. Die Vorſehung verfehlt ihres
Endzweckes nie. Was wirklich geſchiehet, muß
von jeher ihre Abſicht geweſen ſeyn, oder dazu
gehoͤrt haben. Nun findet ihr, in Abſicht auf
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/148>, abgerufen am 16.07.2024.
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