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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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ben were/ mehr Einhod als Ehud wer genennet
worden.

CCCXXXIX. Von einem Priester
vnd zween Bürgern.

EJn Priester in der Wetteraw/ Herr Jo-
seph genandt/ bekompt zween vornemme
Bürger zu gast/ sitzen zween gantze tag
beyeinander vnnd sind lustig. Am dritten
tag lest er jhnen ein Süplein zu richten/ vnnd thun
ein trüncklein dabey. Da sie nun dasselb angegrif-
fen haben/ sihe/ da fengt man an zu leuten/ der Prie-
ster kan sich nicht erinnern/ was das bedeute/ end-
lich felts jhm ein/ wie er den vergangenen Sontag
ein Wochenpredigt verkündet hab/ laufft deßwe-
gen bald zu seinen Büchern. Die zween Bürger
sagen/ wann er die Bawern tapffer schelten wolte/
so wolten sie mit jhm in die Kirchen gehen: Er ver-
sprichts: Also thut der Priester nur ein Gesetz
vnd Straffpredigt/ vnnd wirdt deß Texts vnd Eu-
angelii wenig gedacht. Nach gehaltener Predigt
wirdt auch ein junges Kind zu Tauffen bracht:
Da er nun auß den Agenden vnnd Kirchenord-
nung alles verlieset/ vnnd dahin kompt/ daß er dem
Kind einen Namen geben soll/ fragt er das Weib
so zu Geuattern stund/ wie es heissen sollt? Der ein
Bürger/ so nicht weitt vber dem Tauffstein auff ei-
ner getäffleten Böhn stehet/ antwortet/ Michel.
Der Priester sahe vber sich vnd sagt: Du Düfels-
kopff/ fragt nachmals das Weib abermals/ die sagt
Catarein. Also ward es zwar Catarein getaufft/
aber es hat doch nicht allein bey den Kindern/ son-
dern auch bey den Alten den Namen Michel sein
lebenlang/ auff die sechtzehen Jar behalten/ het jhn
auch ohn zweiffel biß ins hohe alter behalten/ da sie
es erreichet hatte.

Von
B b iiij

ben were/ mehr Einhod als Ehud wer genennet
worden.

CCCXXXIX. Von einem Prieſter
vnd zween Buͤrgern.

EJn Prieſter in der Wetteraw/ Herr Jo-
ſeph genandt/ bekompt zween vornemme
Buͤrger zu gaſt/ ſitzen zween gantze tag
beyeinander vnnd ſind luſtig. Am dritten
tag leſt er jhnen ein Suͤplein zu richten/ vnnd thun
ein truͤncklein dabey. Da ſie nun daſſelb angegrif-
fen habẽ/ ſihe/ da fengt man an zu leuten/ der Prie-
ſter kan ſich nicht erinnern/ was das bedeute/ end-
lich felts jhm ein/ wie er den vergangenen Sontag
ein Wochenpredigt verkuͤndet hab/ laufft deſzwe-
gen bald zu ſeinen Buͤchern. Die zween Buͤrger
ſagen/ wann er die Bawern tapffer ſchelten wolte/
ſo wolten ſie mit jhm in die Kirchen gehen: Er ver-
ſprichts: Alſo thut der Prieſter nur ein Geſetz
vnd Straffpredigt/ vnnd wirdt deſz Texts vnd Eu-
angelii wenig gedacht. Nach gehaltener Predigt
wirdt auch ein junges Kind zu Tauffen bracht:
Da er nun auſz den Agenden vnnd Kirchenord-
nung alles verlieſet/ vnnd dahin kompt/ daſz er dem
Kind einen Namen geben ſoll/ fragt er das Weib
ſo zu Geuattern ſtund/ wie es heiſſen ſollt? Der ein
Buͤrger/ ſo nicht weitt vber dem Tauffſtein auff ei-
ner getaͤffleten Boͤhn ſtehet/ antwortet/ Michel.
Der Prieſter ſahe vber ſich vnd ſagt: Du Duͤfels-
kopff/ fragt nachmals das Weib abermals/ die ſagt
Catarein. Alſo ward es zwar Catarein getaufft/
aber es hat doch nicht allein bey den Kindern/ ſon-
dern auch bey den Alten den Namen Michel ſein
lebenlang/ auff die ſechtzehen Jar behalten/ het jhn
auch ohn zweiffel biſz ins hohe alter behalten/ da ſie
es erreichet hatte.

Von
B b iiij
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[369/0395] ben were/ mehr Einhod als Ehud wer genennet worden. CCCXXXIX. Von einem Prieſter vnd zween Buͤrgern. EJn Prieſter in der Wetteraw/ Herr Jo- ſeph genandt/ bekompt zween vornemme Buͤrger zu gaſt/ ſitzen zween gantze tag beyeinander vnnd ſind luſtig. Am dritten tag leſt er jhnen ein Suͤplein zu richten/ vnnd thun ein truͤncklein dabey. Da ſie nun daſſelb angegrif- fen habẽ/ ſihe/ da fengt man an zu leuten/ der Prie- ſter kan ſich nicht erinnern/ was das bedeute/ end- lich felts jhm ein/ wie er den vergangenen Sontag ein Wochenpredigt verkuͤndet hab/ laufft deſzwe- gen bald zu ſeinen Buͤchern. Die zween Buͤrger ſagen/ wann er die Bawern tapffer ſchelten wolte/ ſo wolten ſie mit jhm in die Kirchen gehen: Er ver- ſprichts: Alſo thut der Prieſter nur ein Geſetz vnd Straffpredigt/ vnnd wirdt deſz Texts vnd Eu- angelii wenig gedacht. Nach gehaltener Predigt wirdt auch ein junges Kind zu Tauffen bracht: Da er nun auſz den Agenden vnnd Kirchenord- nung alles verlieſet/ vnnd dahin kompt/ daſz er dem Kind einen Namen geben ſoll/ fragt er das Weib ſo zu Geuattern ſtund/ wie es heiſſen ſollt? Der ein Buͤrger/ ſo nicht weitt vber dem Tauffſtein auff ei- ner getaͤffleten Boͤhn ſtehet/ antwortet/ Michel. Der Prieſter ſahe vber ſich vnd ſagt: Du Duͤfels- kopff/ fragt nachmals das Weib abermals/ die ſagt Catarein. Alſo ward es zwar Catarein getaufft/ aber es hat doch nicht allein bey den Kindern/ ſon- dern auch bey den Alten den Namen Michel ſein lebenlang/ auff die ſechtzehen Jar behalten/ het jhn auch ohn zweiffel biſz ins hohe alter behalten/ da ſie es erreichet hatte. Von B b iiij

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/395>, abgerufen am 13.05.2024.