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Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

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als der felschlich bey ihm angeben worden/
lassen vmbpringen/ nennte Martialem dane-
ben einen forchtsamen vnd vnartigen menschen
vnd Macrini Freundt. Nun wuste Macrinus
wol/ das sich Martialis nit allein wegen sei-
nes Bruders todschlag/ sondern auch wegen
der schmehwort hart bekummerte/ ließ ihn
hierumb zu sich fordern vnd sprach: Er wisse
sich zuerinnern/ das er lengst hiebevor sein gu-
ter freund gewesen/ hab viel gutthaten dane-
ben von ihm entpfangen/ wolt ihm darumb
trewlich rathen/ daß er so balt es die gelegen-
heit geben wolte/ Antoninun vmbrechte. Mar-
tialis ließ sich zum theil durch verheissunge/
zum theil durch eigen Haß dahin bewegen son-
derlich aber seines Bruders Todtschlag/ das
er zu sagt/ so balt es die gelegenheit geben wol-
te. Ohn lengst hiernach begibt sich/ das Anto-
n[in]us zu Carris in Mesopotamia in Tempel
der Göttin Lune gehet/ welcher denn in gros-
sen ehren bey den Einwohnern gehalten ward.
Weil aber der Tempel nit weit von der Statt
lag/ nam Antoninus ein geringe anzahl Reisi-
gen zu sich/ ließ das ander Volck zu rück/ wolt
opffern/ vnd dann wider in die Statt kehren.
Mitten auff der Reiß nam er einen Diener bey
sich/ hieß die andern warten/ vnd wolt ein we-
nig beyseits seiner Notturfft nachgehen. Da
nun alle vff seit wichen/ ehren wegen/ gab Mar-
tialis auff alles acht/ vnd da jn bedauchte/ er
were nun allein seyn/ stelt er sich/ als ob jn der
Fürst gewincket hette etwas zu sehen oder zu
hören/ laufft eilends hinzu/ nimpt seinen Dolch
den er heimlich in der Hand verborgen hielte/
vnnd sticht jhm vnversehens in die weich/ das
er stirbt.

Von

als der felſchlich bey ihm angeben worden/
laſſen vmbpringen/ nennte Martialem dane-
ben einen forchtſamen vnd vnartigen menſchẽ
vnd Macrini Freundt. Nun wuſte Macrinus
wol/ das ſich Martialis nit allein wegen ſei-
nes Bruders todſchlag/ ſondern auch wegen
der ſchmehwort hart bekummerte/ ließ ihn
hierumb zu ſich fordern vnd ſprach: Er wiſſe
ſich zuerinnern/ das er lengſt hiebevor ſein gu-
ter freund geweſen/ hab viel gutthaten dane-
ben von ihm entpfangen/ wolt ihm darumb
trewlich rathen/ daß er ſo balt es die gelegen-
heit geben wolte/ Antoninũ vmbrechte. Mar-
tialis ließ ſich zum theil durch verheiſſunge/
zum theil durch eigen Haß dahin bewegẽ ſon-
derlich aber ſeines Bruders Todtſchlag/ das
er zu ſagt/ ſo balt es die gelegenheit gebẽ wol-
te. Ohn lengſt hiernach begibt ſich/ das Anto-
n[in]us zu Carris in Meſopotamia in Tempel
der Goͤttin Lune gehet/ welcher denn in groſ-
ſen ehren bey den Einwohnern gehaltẽ ward.
Weil aber der Tempel nit weit von der Statt
lag/ nam Antoninus ein geringe anzahl Reiſi-
gen zu ſich/ ließ das ander Volck zu ruͤck/ wolt
opffern/ vnd dann wider in die Statt kehren.
Mitten auff der Reiß nam er einen Diener bey
ſich/ hieß die andern warten/ vnd wolt ein we-
nig beyſeits ſeiner Notturfft nachgehen. Da
nun alle vff ſeit wichẽ/ ehren wegen/ gab Mar-
tialis auff alles acht/ vnd da jn bedauchte/ er
were nun allein ſeyn/ ſtelt er ſich/ als ob jn der
Fuͤrſt gewincket hette etwas zu ſehen oder zu
hoͤren/ laufft eilends hinzu/ nimpt ſeinẽ Dolch
den er heimlich in der Hand verborgen hielte/
vnnd ſticht jhm vnverſehens in die weich/ das
er ſtirbt.

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[176/0184] als der felſchlich bey ihm angeben worden/ laſſen vmbpringen/ nennte Martialem dane- ben einen forchtſamen vnd vnartigen menſchẽ vnd Macrini Freundt. Nun wuſte Macrinus wol/ das ſich Martialis nit allein wegen ſei- nes Bruders todſchlag/ ſondern auch wegen der ſchmehwort hart bekummerte/ ließ ihn hierumb zu ſich fordern vnd ſprach: Er wiſſe ſich zuerinnern/ das er lengſt hiebevor ſein gu- ter freund geweſen/ hab viel gutthaten dane- ben von ihm entpfangen/ wolt ihm darumb trewlich rathen/ daß er ſo balt es die gelegen- heit geben wolte/ Antoninũ vmbrechte. Mar- tialis ließ ſich zum theil durch verheiſſunge/ zum theil durch eigen Haß dahin bewegẽ ſon- derlich aber ſeines Bruders Todtſchlag/ das er zu ſagt/ ſo balt es die gelegenheit gebẽ wol- te. Ohn lengſt hiernach begibt ſich/ das Anto- ninus zu Carris in Meſopotamia in Tempel der Goͤttin Lune gehet/ welcher denn in groſ- ſen ehren bey den Einwohnern gehaltẽ ward. Weil aber der Tempel nit weit von der Statt lag/ nam Antoninus ein geringe anzahl Reiſi- gen zu ſich/ ließ das ander Volck zu ruͤck/ wolt opffern/ vnd dann wider in die Statt kehren. Mitten auff der Reiß nam er einen Diener bey ſich/ hieß die andern warten/ vnd wolt ein we- nig beyſeits ſeiner Notturfft nachgehen. Da nun alle vff ſeit wichẽ/ ehren wegen/ gab Mar- tialis auff alles acht/ vnd da jn bedauchte/ er were nun allein ſeyn/ ſtelt er ſich/ als ob jn der Fuͤrſt gewincket hette etwas zu ſehen oder zu hoͤren/ laufft eilends hinzu/ nimpt ſeinẽ Dolch den er heimlich in der Hand verborgen hielte/ vnnd ſticht jhm vnverſehens in die weich/ das er ſtirbt. Von

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Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/184>, abgerufen am 28.04.2024.