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Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

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an/ derselb macht ein contract mit ihm/ also/
daß der Knab muß ein Handtschrifft mit sei-
nem Blut schreiben/ vnnd jhm zustellen. Der
Knab hat Gelt/ wird deßwegen vielmalß ge-
fragt/ wo ers her bekomme/ vnd weil er kein
mahl richtigen bescheid geben kann/ wirdt er
endlich mit ernst angetastet/ darauff bekennt
er sein Gotloß wesen mit weinenden Augen.
Mann führet den Knaben zum Luthero/ der
nimpt andere Gottselige Leuth zu sich/ sie
vernehmen alles/ was sich verloffen hatte.
Also ruffen sie einmüthiglich beneben dem
Knaben GOtt an. Der Teuffel muß hierauff
die Handschrifft/ welche der Knab mit seinem
Blut geschrieben hatte/ wider bringen. Sol-
cher gestalt ist der Knab auß des Teuffels ty-
ranney widerumb erlediget vnnd in der Got-
tes forcht aufferzogen worden.

CXI. Von der Jüdischen Rabiner
Fabulwerck.

VNbillich were es/ wann die Seel ent-
weder allein selig oder aber verdamt
were/ sintemal der Leib jhr gesel-
schafft geleistet/ so wol wen sie gutes/
als auch/ wenn sie böses gethan hat. Also ist
nun billich/ daß sie vnnd der Leib gleicher
frewd vnd Straffen vnderworffen seien/ weil
die Seel durch den Leib alles verrichtet hat.
Damit nun die Rabiner bey den Juden sol-
ches bescheinen möchten/ haben sie ein Fabul
erdacht/ dann sie sagen: Es hab ein gewalti-
ger vnnd Reicher Mann jhm ein Paradeiß
gepflantzet/ vnnd dasselb mit den Köstlichsten

Bawmen

an/ derſelb macht ein contract mit ihm/ alſo/
daß der Knab muß ein Handtſchrifft mit ſei-
nem Blut ſchreiben/ vnnd jhm zuſtellen. Der
Knab hat Gelt/ wird deßwegen vielmalß ge-
fragt/ wo ers her bekomme/ vnd weil er kein
mahl richtigen beſcheid geben kann/ wirdt er
endlich mit ernſt angetaſtet/ darauff bekennt
er ſein Gotloß weſen mit weinenden Augen.
Mann fuͤhret den Knaben zum Luthero/ der
nimpt andere Gottſelige Leuth zu ſich/ ſie
vernehmen alles/ was ſich verloffen hatte.
Alſo ruffen ſie einmuͤthiglich beneben dem
Knaben GOtt an. Der Teuffel muß hierauff
die Handſchrifft/ welche der Knab mit ſeinem
Blut geſchrieben hatte/ wider bringen. Sol-
cher geſtalt iſt der Knab auß des Teuffels ty-
ranney widerumb erlediget vnnd in der Got-
tes forcht aufferzogen worden.

CXI. Von der Juͤdiſchen Rabiner
Fabulwerck.

VNbillich were es/ wann die Seel ent-
weder allein ſelig oder aber verdamt
were/ ſintemal der Leib jhr geſel-
ſchafft geleiſtet/ ſo wol wen ſie gutes/
als auch/ wenn ſie boͤſes gethan hat. Alſo iſt
nun billich/ daß ſie vnnd der Leib gleicher
frewd vnd Straffen vnderworffen ſeien/ weil
die Seel durch den Leib alles verrichtet hat.
Damit nun die Rabiner bey den Juden ſol-
ches beſcheinen moͤchten/ haben ſie ein Fabul
erdacht/ dann ſie ſagen: Es hab ein gewalti-
ger vnnd Reicher Mann jhm ein Paradeiß
gepflantzet/ vnnd daſſelb mit den Koͤſtlichſten

Bawmen
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[93/0101] an/ derſelb macht ein contract mit ihm/ alſo/ daß der Knab muß ein Handtſchrifft mit ſei- nem Blut ſchreiben/ vnnd jhm zuſtellen. Der Knab hat Gelt/ wird deßwegen vielmalß ge- fragt/ wo ers her bekomme/ vnd weil er kein mahl richtigen beſcheid geben kann/ wirdt er endlich mit ernſt angetaſtet/ darauff bekennt er ſein Gotloß weſen mit weinenden Augen. Mann fuͤhret den Knaben zum Luthero/ der nimpt andere Gottſelige Leuth zu ſich/ ſie vernehmen alles/ was ſich verloffen hatte. Alſo ruffen ſie einmuͤthiglich beneben dem Knaben GOtt an. Der Teuffel muß hierauff die Handſchrifft/ welche der Knab mit ſeinem Blut geſchrieben hatte/ wider bringen. Sol- cher geſtalt iſt der Knab auß des Teuffels ty- ranney widerumb erlediget vnnd in der Got- tes forcht aufferzogen worden. CXI. Von der Juͤdiſchen Rabiner Fabulwerck. VNbillich were es/ wann die Seel ent- weder allein ſelig oder aber verdamt were/ ſintemal der Leib jhr geſel- ſchafft geleiſtet/ ſo wol wen ſie gutes/ als auch/ wenn ſie boͤſes gethan hat. Alſo iſt nun billich/ daß ſie vnnd der Leib gleicher frewd vnd Straffen vnderworffen ſeien/ weil die Seel durch den Leib alles verrichtet hat. Damit nun die Rabiner bey den Juden ſol- ches beſcheinen moͤchten/ haben ſie ein Fabul erdacht/ dann ſie ſagen: Es hab ein gewalti- ger vnnd Reicher Mann jhm ein Paradeiß gepflantzet/ vnnd daſſelb mit den Koͤſtlichſten Bawmen

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Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/101>, abgerufen am 01.05.2024.