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Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.

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Und ehe Arbogast antworten konnte, hatte sie ihn an der Hand ergriffen und preßte dieselbe stärker und stärker. Die Berührung ging Arbogast durch Mark und Bein.

"Das läßt sich nicht ausführen, Euer Gnaden," sagte er. "Da würde Eins das Andere in die Tiefe reißen."

"Du bist so stark," versetzte die Prinzessin mit der lieblichsten Miene. "Du kannst mich wie eine Feder hinübertragen."

Arbogast bückte sich und nahm sie auf den Arm, während sie ihn am Halse mit beiden Armen fest umschlang und, wie um den gefürchteten Abgrund nicht zu sehen, ihr Gesicht an sein weit herniederwallendes Haar drückte. Wie in einem Taumel schritt Arbogast mit seiner Last dahin; er richtete seine Augen bald vorwärts auf den möglicherweise unterhöhlten Boden, bald hinab in die Tiefe, von wo die Hütten der Menschen fast unkenntlich zu ihm heraufschauten; alles schwirrte vor seinen Blicken, ihm war, als wenn er es nicht länger ertragen könnte. Er war sich kaum bewußt, daß ihn die Prinzessin auch noch auf die Wange geküßt hatte und ihm dabei in's Ohr lispelte: "Ich liebe Dich bis zum Sterben!"

Als sodann Arbogast die Stelle passirt und seine Bürde

Und ehe Arbogast antworten konnte, hatte sie ihn an der Hand ergriffen und preßte dieselbe stärker und stärker. Die Berührung ging Arbogast durch Mark und Bein.

„Das läßt sich nicht ausführen, Euer Gnaden,“ sagte er. „Da würde Eins das Andere in die Tiefe reißen.“

„Du bist so stark,“ versetzte die Prinzessin mit der lieblichsten Miene. „Du kannst mich wie eine Feder hinübertragen.“

Arbogast bückte sich und nahm sie auf den Arm, während sie ihn am Halse mit beiden Armen fest umschlang und, wie um den gefürchteten Abgrund nicht zu sehen, ihr Gesicht an sein weit herniederwallendes Haar drückte. Wie in einem Taumel schritt Arbogast mit seiner Last dahin; er richtete seine Augen bald vorwärts auf den möglicherweise unterhöhlten Boden, bald hinab in die Tiefe, von wo die Hütten der Menschen fast unkenntlich zu ihm heraufschauten; alles schwirrte vor seinen Blicken, ihm war, als wenn er es nicht länger ertragen könnte. Er war sich kaum bewußt, daß ihn die Prinzessin auch noch auf die Wange geküßt hatte und ihm dabei in’s Ohr lispelte: „Ich liebe Dich bis zum Sterben!“

Als sodann Arbogast die Stelle passirt und seine Bürde

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[44/0052] Und ehe Arbogast antworten konnte, hatte sie ihn an der Hand ergriffen und preßte dieselbe stärker und stärker. Die Berührung ging Arbogast durch Mark und Bein. „Das läßt sich nicht ausführen, Euer Gnaden,“ sagte er. „Da würde Eins das Andere in die Tiefe reißen.“ „Du bist so stark,“ versetzte die Prinzessin mit der lieblichsten Miene. „Du kannst mich wie eine Feder hinübertragen.“ Arbogast bückte sich und nahm sie auf den Arm, während sie ihn am Halse mit beiden Armen fest umschlang und, wie um den gefürchteten Abgrund nicht zu sehen, ihr Gesicht an sein weit herniederwallendes Haar drückte. Wie in einem Taumel schritt Arbogast mit seiner Last dahin; er richtete seine Augen bald vorwärts auf den möglicherweise unterhöhlten Boden, bald hinab in die Tiefe, von wo die Hütten der Menschen fast unkenntlich zu ihm heraufschauten; alles schwirrte vor seinen Blicken, ihm war, als wenn er es nicht länger ertragen könnte. Er war sich kaum bewußt, daß ihn die Prinzessin auch noch auf die Wange geküßt hatte und ihm dabei in’s Ohr lispelte: „Ich liebe Dich bis zum Sterben!“ Als sodann Arbogast die Stelle passirt und seine Bürde

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_prinzessin_1882/52>, abgerufen am 23.11.2024.