Meißner, Alfred: Die Prinzessin von Portugal. Breslau u. a., 1882.abgesetzt hatte, wunderte er sich, daß er nicht in den Abgrund gefallen war. Jubel und Bestürzung kämpften in seiner Brust; aber der Jubel überwog. Nach einem kurzen Marsche war das Ziel zu rechter Zeit erreicht; die Einkleidung der Nonne sollte eben stattfinden. Arbogast, der mit seinen Leuten die Rückkehr der Prinzessin draußen vor der Klosterpforte erwarten mußte, konnte sich jetzt ungestört das Geschehene, das ihm lange wie ein Traum vorgekommen war, zum Bewußtsein bringen und klar machen. "Wie blöde ich war!" sagte er, mit sich in's Reine gekommen, endlich zu sich. "Sie hat mich schon längst geliebt! Es ist, als wenn ich es zuvor nicht gewagt hätte, sie zu verstehen. Aber was nun, Arbogast? Soll ich, oder soll ich nicht? Und wenn ich auch sonst keine Bedenken hätte, als daß sie eine Königstochter ist, so sollte ich doch einsehen, daß es kein gutes Ende nehmen kann und in's Verderben führt! Doch was liegt daran! Man stirbt für seinen Fürsten; man stirbt, um Haus und Herd zu vertheidigen; man stirbt, schuldig und unschuldig, auf alle Art! Sollte ich nicht für das Theuerste und abgesetzt hatte, wunderte er sich, daß er nicht in den Abgrund gefallen war. Jubel und Bestürzung kämpften in seiner Brust; aber der Jubel überwog. Nach einem kurzen Marsche war das Ziel zu rechter Zeit erreicht; die Einkleidung der Nonne sollte eben stattfinden. Arbogast, der mit seinen Leuten die Rückkehr der Prinzessin draußen vor der Klosterpforte erwarten mußte, konnte sich jetzt ungestört das Geschehene, das ihm lange wie ein Traum vorgekommen war, zum Bewußtsein bringen und klar machen. „Wie blöde ich war!“ sagte er, mit sich in’s Reine gekommen, endlich zu sich. „Sie hat mich schon längst geliebt! Es ist, als wenn ich es zuvor nicht gewagt hätte, sie zu verstehen. Aber was nun, Arbogast? Soll ich, oder soll ich nicht? Und wenn ich auch sonst keine Bedenken hätte, als daß sie eine Königstochter ist, so sollte ich doch einsehen, daß es kein gutes Ende nehmen kann und in’s Verderben führt! Doch was liegt daran! Man stirbt für seinen Fürsten; man stirbt, um Haus und Herd zu vertheidigen; man stirbt, schuldig und unschuldig, auf alle Art! Sollte ich nicht für das Theuerste und <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0053" n="45"/> abgesetzt hatte, wunderte er sich, daß er nicht in den Abgrund gefallen war. Jubel und Bestürzung kämpften in seiner Brust; aber der Jubel überwog.</p> <p>Nach einem kurzen Marsche war das Ziel zu rechter Zeit erreicht; die Einkleidung der Nonne sollte eben stattfinden. Arbogast, der mit seinen Leuten die Rückkehr der Prinzessin draußen vor der Klosterpforte erwarten mußte, konnte sich jetzt ungestört das Geschehene, das ihm lange wie ein Traum vorgekommen war, zum Bewußtsein bringen und klar machen.</p> <p>„Wie blöde ich war!“ sagte er, mit sich in’s Reine gekommen, endlich zu sich. „Sie hat mich schon längst geliebt! Es ist, als wenn ich es zuvor nicht gewagt hätte, sie zu verstehen. Aber was nun, Arbogast? Soll ich, oder soll ich nicht? Und wenn ich auch sonst keine Bedenken hätte, als daß sie eine Königstochter ist, so sollte ich doch einsehen, daß es kein gutes Ende nehmen kann und in’s Verderben führt! Doch was liegt daran! Man stirbt für seinen Fürsten; man stirbt, um Haus und Herd zu vertheidigen; man stirbt, schuldig und unschuldig, auf alle Art! Sollte ich nicht für das Theuerste und </p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0053]
abgesetzt hatte, wunderte er sich, daß er nicht in den Abgrund gefallen war. Jubel und Bestürzung kämpften in seiner Brust; aber der Jubel überwog.
Nach einem kurzen Marsche war das Ziel zu rechter Zeit erreicht; die Einkleidung der Nonne sollte eben stattfinden. Arbogast, der mit seinen Leuten die Rückkehr der Prinzessin draußen vor der Klosterpforte erwarten mußte, konnte sich jetzt ungestört das Geschehene, das ihm lange wie ein Traum vorgekommen war, zum Bewußtsein bringen und klar machen.
„Wie blöde ich war!“ sagte er, mit sich in’s Reine gekommen, endlich zu sich. „Sie hat mich schon längst geliebt! Es ist, als wenn ich es zuvor nicht gewagt hätte, sie zu verstehen. Aber was nun, Arbogast? Soll ich, oder soll ich nicht? Und wenn ich auch sonst keine Bedenken hätte, als daß sie eine Königstochter ist, so sollte ich doch einsehen, daß es kein gutes Ende nehmen kann und in’s Verderben führt! Doch was liegt daran! Man stirbt für seinen Fürsten; man stirbt, um Haus und Herd zu vertheidigen; man stirbt, schuldig und unschuldig, auf alle Art! Sollte ich nicht für das Theuerste und
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