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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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Man bejahte es einstimmig, und aus Her-
zensgrunde.

"Jch dank' Jhnen, und hoffe dieses Zu-
trauen zu verdienen. Dennoch hab' ich eines
der größten Verbrechen auf meinem Gewissen;
wenig fehlte, so wär' ich dem schimpflichsten
Tode anheim gefallen; und gewiß starben vie-
le tausende schon auf dem Blutgerüste, die
weit weniger sich vergingen als ich. -- Jch
sehe, Sie halten das alles für meinen Scherz;
und doch sprach ich in meinem ganzen Leben
nicht ernstlicher, als jetzt."

Staunend sahen sich alle unter einander an;
keiner konnt' ihm glauben; und doch foderte es
sein Ton. Dringend bat man ihn, dieses
Räthsel aufzulösen.

"Das will ich; muß aber deshalb in wenig
Worten meineJugendgeschichte zusammendrän-
gen Bald nach Vollendung meiner Schulstu-
dien, wo ich selbst noch ungewiß war, wozu ich
mich entschließen sollte, verliebt' ich mich in ein
jungesMädchen aus meinerNachbarschaft. Sie

Man bejahte es einſtimmig, und aus Her-
zensgrunde.

„Jch dank' Jhnen, und hoffe dieſes Zu-
trauen zu verdienen. Dennoch hab' ich eines
der groͤßten Verbrechen auf meinem Gewiſſen;
wenig fehlte, ſo waͤr' ich dem ſchimpflichſten
Tode anheim gefallen; und gewiß ſtarben vie-
le tauſende ſchon auf dem Blutgeruͤſte, die
weit weniger ſich vergingen als ich. — Jch
ſehe, Sie halten das alles fuͤr meinen Scherz;
und doch ſprach ich in meinem ganzen Leben
nicht ernſtlicher, als jetzt.“

Staunend ſahen ſich alle unter einander an;
keiner konnt' ihm glauben; und doch foderte es
ſein Ton. Dringend bat man ihn, dieſes
Raͤthſel aufzuloͤſen.

„Das will ich; muß aber deshalb in wenig
Worten meineJugendgeſchichte zuſammendraͤn-
gen Bald nach Vollendung meiner Schulſtu-
dien, wo ich ſelbſt noch ungewiß war, wozu ich
mich entſchließen ſollte, verliebt' ich mich in ein
jungesMaͤdchen aus meinerNachbarſchaft. Sie

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[76/0084] Man bejahte es einſtimmig, und aus Her- zensgrunde. „Jch dank' Jhnen, und hoffe dieſes Zu- trauen zu verdienen. Dennoch hab' ich eines der groͤßten Verbrechen auf meinem Gewiſſen; wenig fehlte, ſo waͤr' ich dem ſchimpflichſten Tode anheim gefallen; und gewiß ſtarben vie- le tauſende ſchon auf dem Blutgeruͤſte, die weit weniger ſich vergingen als ich. — Jch ſehe, Sie halten das alles fuͤr meinen Scherz; und doch ſprach ich in meinem ganzen Leben nicht ernſtlicher, als jetzt.“ Staunend ſahen ſich alle unter einander an; keiner konnt' ihm glauben; und doch foderte es ſein Ton. Dringend bat man ihn, dieſes Raͤthſel aufzuloͤſen. „Das will ich; muß aber deshalb in wenig Worten meineJugendgeſchichte zuſammendraͤn- gen Bald nach Vollendung meiner Schulſtu- dien, wo ich ſelbſt noch ungewiß war, wozu ich mich entſchließen ſollte, verliebt' ich mich in ein jungesMaͤdchen aus meinerNachbarſchaft. Sie

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/84>, abgerufen am 28.04.2024.