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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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schrien alle gegen diese Behauptung auf. Grün-
de, Deklamation und Eifer wurden darwider
aufgeboten; Prevot blieb ganz gelassen bei sei-
ner Behauptung; blieb bei dem Sazze: "Auch
"der Mann vom redlichsten Herzen könne durch
"einen Zusammenfluß von Umständen unglück-
"lich genug seyn, ein Verbrechen zu begehn,
"worauf den Gesezzen nach der Tod, und
"zwar mit Rechte, stehe." -- Man verschmäh-
te seine Beweise; man übertäubte seine Rede;
man versicherte gerade zu: daß dies unmög-
lich sey.

"Wohlan, meine Herren" -- hub Prevot,
als er wieder gehört werden konnte, mit ei-
nem Mittelding von Lächeln und von Nach-
denken an -- wohlan, sie sind sämtlich meine
Freunde; ich rechne auf ihre Verschwiegenheit,
und bin bereit, Jhnen ein Geständnis zu thun,
das ich noch keinem sterblichen Ohre anvertraut
habe. Zuvor aber nur erst die nothwendige
Frage: Halten Sie mich sämtlich für einen
rechtschafnen Mann?"

ſchrien alle gegen dieſe Behauptung auf. Gruͤn-
de, Deklamation und Eifer wurden darwider
aufgeboten; Prevot blieb ganz gelaſſen bei ſei-
ner Behauptung; blieb bei dem Sazze: „Auch
„der Mann vom redlichſten Herzen koͤnne durch
„einen Zuſammenfluß von Umſtaͤnden ungluͤck-
„lich genug ſeyn, ein Verbrechen zu begehn,
„worauf den Geſezzen nach der Tod, und
„zwar mit Rechte, ſtehe.“ -- Man verſchmaͤh-
te ſeine Beweiſe; man uͤbertaͤubte ſeine Rede;
man verſicherte gerade zu: daß dies unmoͤg-
lich ſey.

„Wohlan, meine Herren“ — hub Prevot,
als er wieder gehoͤrt werden konnte, mit ei-
nem Mittelding von Laͤcheln und von Nach-
denken an — wohlan, ſie ſind ſaͤmtlich meine
Freunde; ich rechne auf ihre Verſchwiegenheit,
und bin bereit, Jhnen ein Geſtaͤndnis zu thun,
das ich noch keinem ſterblichen Ohre anvertraut
habe. Zuvor aber nur erſt die nothwendige
Frage: Halten Sie mich ſaͤmtlich fuͤr einen
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[75/0083] ſchrien alle gegen dieſe Behauptung auf. Gruͤn- de, Deklamation und Eifer wurden darwider aufgeboten; Prevot blieb ganz gelaſſen bei ſei- ner Behauptung; blieb bei dem Sazze: „Auch „der Mann vom redlichſten Herzen koͤnne durch „einen Zuſammenfluß von Umſtaͤnden ungluͤck- „lich genug ſeyn, ein Verbrechen zu begehn, „worauf den Geſezzen nach der Tod, und „zwar mit Rechte, ſtehe.“ -- Man verſchmaͤh- te ſeine Beweiſe; man uͤbertaͤubte ſeine Rede; man verſicherte gerade zu: daß dies unmoͤg- lich ſey. „Wohlan, meine Herren“ — hub Prevot, als er wieder gehoͤrt werden konnte, mit ei- nem Mittelding von Laͤcheln und von Nach- denken an — wohlan, ſie ſind ſaͤmtlich meine Freunde; ich rechne auf ihre Verſchwiegenheit, und bin bereit, Jhnen ein Geſtaͤndnis zu thun, das ich noch keinem ſterblichen Ohre anvertraut habe. Zuvor aber nur erſt die nothwendige Frage: Halten Sie mich ſaͤmtlich fuͤr einen rechtſchafnen Mann?“

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/83>, abgerufen am 27.04.2024.