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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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ge, und hatten sich schon ziemlich zu ihrer
Wirthschaft vorbereitet.

Eines Morgens ward der junge Mann in
ein Haus, dicht an der Wohnung seines Mäd-
chens gerufen, um ein zugeworfenes Schloß
wieder aufzusprengen. Er that dieses, und
wollte wieder heim gehen; als ihm sehr na-
türlich der Gedanke beifiel, hurtig ein paar Au-
genblicke zu seiner so nahen Geliebten hinauf-
zuschlüpfen, und sich: wie sie geruht habe?
zu erkundigen. Gedacht, gethan! Sie wohn-
te im fünften Stockwerk; ihr Vorhaus pfleg-
te verschlossen zu seyn. Der junge Schlosser
klingelte daher auch jezt, aber er klingelte lan-
ge vergebens. Ein so früher Ausgang schien
ihm verdächtig, und es erwachte bald die ei-
fersüchtige Besorgniß: Wie? wenn sie sich
vielleicht mit Fleis verschlossen, dich gese-
hen, wohl gar irgend etwas Unrechtmäßiges
dir zu verbergen hätte. -- Ein solcher Arg-
wohn im Kopf eines Alt- oder Neufranken
ist immer ein schlimmer Gast. Auch Josephs

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ge, und hatten ſich ſchon ziemlich zu ihrer
Wirthſchaft vorbereitet.

Eines Morgens ward der junge Mann in
ein Haus, dicht an der Wohnung ſeines Maͤd-
chens gerufen, um ein zugeworfenes Schloß
wieder aufzuſprengen. Er that dieſes, und
wollte wieder heim gehen; als ihm ſehr na-
tuͤrlich der Gedanke beifiel, hurtig ein paar Au-
genblicke zu ſeiner ſo nahen Geliebten hinauf-
zuſchluͤpfen, und ſich: wie ſie geruht habe?
zu erkundigen. Gedacht, gethan! Sie wohn-
te im fuͤnften Stockwerk; ihr Vorhaus pfleg-
te verſchloſſen zu ſeyn. Der junge Schloſſer
klingelte daher auch jezt, aber er klingelte lan-
ge vergebens. Ein ſo fruͤher Ausgang ſchien
ihm verdaͤchtig, und es erwachte bald die ei-
ferſuͤchtige Beſorgniß: Wie? wenn ſie ſich
vielleicht mit Fleis verſchloſſen, dich geſe-
hen, wohl gar irgend etwas Unrechtmaͤßiges
dir zu verbergen haͤtte. — Ein ſolcher Arg-
wohn im Kopf eines Alt- oder Neufranken
iſt immer ein ſchlimmer Gaſt. Auch Joſephs

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[55/0063] ge, und hatten ſich ſchon ziemlich zu ihrer Wirthſchaft vorbereitet. Eines Morgens ward der junge Mann in ein Haus, dicht an der Wohnung ſeines Maͤd- chens gerufen, um ein zugeworfenes Schloß wieder aufzuſprengen. Er that dieſes, und wollte wieder heim gehen; als ihm ſehr na- tuͤrlich der Gedanke beifiel, hurtig ein paar Au- genblicke zu ſeiner ſo nahen Geliebten hinauf- zuſchluͤpfen, und ſich: wie ſie geruht habe? zu erkundigen. Gedacht, gethan! Sie wohn- te im fuͤnften Stockwerk; ihr Vorhaus pfleg- te verſchloſſen zu ſeyn. Der junge Schloſſer klingelte daher auch jezt, aber er klingelte lan- ge vergebens. Ein ſo fruͤher Ausgang ſchien ihm verdaͤchtig, und es erwachte bald die ei- ferſuͤchtige Beſorgniß: Wie? wenn ſie ſich vielleicht mit Fleis verſchloſſen, dich geſe- hen, wohl gar irgend etwas Unrechtmaͤßiges dir zu verbergen haͤtte. — Ein ſolcher Arg- wohn im Kopf eines Alt- oder Neufranken iſt immer ein ſchlimmer Gaſt. Auch Joſephs D 4

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/63>, abgerufen am 27.04.2024.