Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
und siegte! -- Mein eignes Blut hof' ich
vor jenem Richterstuhl -- sizz' auf ihm, auch
wer da wolle! -- zu verantworten; aber ein
fremdes möcht' ich grade jezt am wenigsten auf
mich laden. -- Was könt' es auch Jhnen
gegenseitig nüzzen, einen Menschen zu tödten,
der in wenigen Augenblicken sich selbst umge-
bracht haben würde; der Sie jezt nun zur
Flucht, zur Verantwortung, vielleicht zum
Verlust Jhres Postens, und auf jeden Fall
zur Erduldung mancher Verdrüßlichkeiten
drängte? Dies ist der Erfolg von der Ueber-
legung meiner lezten Nacht! Mich heute frei-
willig an Jhren Degen zu spießen, kam mir
auch in ihr mehr als einmal im Sinn. Doch
nicht gerechnet, daß dieser Weg mir immer
noch zu unsicher däuchte, so mag ich auch meine
Ruhe nicht mit fremder Unruhe mir eintau-
schen. -- Gehn Sie, mein Herr! Nur eine
Stunde noch lassen Sie mich allein! Nur jenen
Brief möcht' ich gern noch enden. Kommen
Sie dann wieder, und finden Sie mich noch
und ſiegte! — Mein eignes Blut hof' ich
vor jenem Richterſtuhl — ſizz' auf ihm, auch
wer da wolle! — zu verantworten; aber ein
fremdes moͤcht' ich grade jezt am wenigſten auf
mich laden. — Was koͤnt' es auch Jhnen
gegenſeitig nuͤzzen, einen Menſchen zu toͤdten,
der in wenigen Augenblicken ſich ſelbſt umge-
bracht haben wuͤrde; der Sie jezt nun zur
Flucht, zur Verantwortung, vielleicht zum
Verluſt Jhres Poſtens, und auf jeden Fall
zur Erduldung mancher Verdruͤßlichkeiten
draͤngte? Dies iſt der Erfolg von der Ueber-
legung meiner lezten Nacht! Mich heute frei-
willig an Jhren Degen zu ſpießen, kam mir
auch in ihr mehr als einmal im Sinn. Doch
nicht gerechnet, daß dieſer Weg mir immer
noch zu unſicher daͤuchte, ſo mag ich auch meine
Ruhe nicht mit fremder Unruhe mir eintau-
ſchen. — Gehn Sie, mein Herr! Nur eine
Stunde noch laſſen Sie mich allein! Nur jenen
Brief moͤcht' ich gern noch enden. Kommen
Sie dann wieder, und finden Sie mich noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0478" n="470"/>
und &#x017F;iegte! &#x2014; Mein eignes Blut hof' ich<lb/>
vor jenem Richter&#x017F;tuhl &#x2014; &#x017F;izz' auf ihm, auch<lb/>
wer da wolle! &#x2014; zu verantworten; aber ein<lb/>
fremdes mo&#x0364;cht' ich grade jezt am wenig&#x017F;ten auf<lb/>
mich laden. &#x2014; Was ko&#x0364;nt' es auch Jhnen<lb/>
gegen&#x017F;eitig nu&#x0364;zzen, einen Men&#x017F;chen zu to&#x0364;dten,<lb/>
der in wenigen Augenblicken &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t umge-<lb/>
bracht haben wu&#x0364;rde; der Sie jezt nun zur<lb/>
Flucht, zur Verantwortung, vielleicht zum<lb/>
Verlu&#x017F;t Jhres Po&#x017F;tens, und auf jeden Fall<lb/>
zur Erduldung mancher Verdru&#x0364;ßlichkeiten<lb/>
dra&#x0364;ngte? Dies i&#x017F;t der Erfolg von der Ueber-<lb/>
legung meiner lezten Nacht! Mich heute frei-<lb/>
willig an Jhren Degen zu &#x017F;pießen, kam mir<lb/>
auch in ihr mehr als einmal im Sinn. Doch<lb/>
nicht gerechnet, daß die&#x017F;er Weg mir immer<lb/>
noch zu un&#x017F;icher da&#x0364;uchte, &#x017F;o mag ich auch meine<lb/>
Ruhe nicht mit fremder Unruhe mir eintau-<lb/>
&#x017F;chen. &#x2014; Gehn Sie, mein Herr! Nur eine<lb/>
Stunde noch la&#x017F;&#x017F;en Sie mich allein! Nur jenen<lb/>
Brief mo&#x0364;cht' ich gern noch enden. Kommen<lb/>
Sie dann wieder, und finden Sie mich noch<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[470/0478] und ſiegte! — Mein eignes Blut hof' ich vor jenem Richterſtuhl — ſizz' auf ihm, auch wer da wolle! — zu verantworten; aber ein fremdes moͤcht' ich grade jezt am wenigſten auf mich laden. — Was koͤnt' es auch Jhnen gegenſeitig nuͤzzen, einen Menſchen zu toͤdten, der in wenigen Augenblicken ſich ſelbſt umge- bracht haben wuͤrde; der Sie jezt nun zur Flucht, zur Verantwortung, vielleicht zum Verluſt Jhres Poſtens, und auf jeden Fall zur Erduldung mancher Verdruͤßlichkeiten draͤngte? Dies iſt der Erfolg von der Ueber- legung meiner lezten Nacht! Mich heute frei- willig an Jhren Degen zu ſpießen, kam mir auch in ihr mehr als einmal im Sinn. Doch nicht gerechnet, daß dieſer Weg mir immer noch zu unſicher daͤuchte, ſo mag ich auch meine Ruhe nicht mit fremder Unruhe mir eintau- ſchen. — Gehn Sie, mein Herr! Nur eine Stunde noch laſſen Sie mich allein! Nur jenen Brief moͤcht' ich gern noch enden. Kommen Sie dann wieder, und finden Sie mich noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/478
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/478>, abgerufen am 18.05.2024.