Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
durften Sie kommen, und Sie trafen mich
nicht mehr lebend an.
Der jüngere Off. (nach einer kleinen Verle-
genheitsvollem Pause plözlich iu ein bittres La-
chen ausbrechend)
Ha vortreflich! EinMährchen,
das Jhnen ein andrer, als ich, glauben mag!
Der ältere Off. (sehr kalt) Und warum
Mährchen? Was finden Sie unglaubliches
dran? Bin ich der erste Sterbliche, der, vom
Unglück verfolgt, es wagen will, die Bürde
des Lebens abzuschütteln? Oder halten Sie
mich für einen so feigen und zugleich so einfäl-
tigen Tropf, daß ich Sie nur durch eine Un-
wahrheit entfernen möchte, die zwei Stun-
den später -- doch nicht mehr hülfe?
Der jüngere Off. Nun, um so besser für
Sie! Wenn Sie würklich des Lebens so mü-
de sind, warum zaudern Sie noch sich anzu-
ziehn, und mit mir zu gehen? Kommen Sie!
Der ältere Off. Nein, hizziger Jüngling,
nein! Das hieße Jhr Leben stehlen, wenn ich
in jezziger Fassung mit Jhnen mich schlüge,
G g 3
durften Sie kommen, und Sie trafen mich
nicht mehr lebend an.
Der jüngere Off. (nach einer kleinen Verle-
genheitsvollem Pauſe plözlich iu ein bittres La-
chen ausbrechend)
Ha vortreflich! EinMaͤhrchen,
das Jhnen ein andrer, als ich, glauben mag!
Der ältere Off. (ſehr kalt) Und warum
Maͤhrchen? Was finden Sie unglaubliches
dran? Bin ich der erſte Sterbliche, der, vom
Ungluͤck verfolgt, es wagen will, die Buͤrde
des Lebens abzuſchuͤtteln? Oder halten Sie
mich fuͤr einen ſo feigen und zugleich ſo einfaͤl-
tigen Tropf, daß ich Sie nur durch eine Un-
wahrheit entfernen moͤchte, die zwei Stun-
den ſpaͤter — doch nicht mehr huͤlfe?
Der jüngere Off. Nun, um ſo beſſer fuͤr
Sie! Wenn Sie wuͤrklich des Lebens ſo muͤ-
de ſind, warum zaudern Sie noch ſich anzu-
ziehn, und mit mir zu gehen? Kommen Sie!
Der ältere Off. Nein, hizziger Juͤngling,
nein! Das hieße Jhr Leben ſtehlen, wenn ich
in jezziger Faſſung mit Jhnen mich ſchluͤge,
G g 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0477" n="469"/>
durften Sie kommen, und Sie trafen mich<lb/>
nicht mehr lebend an.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Der jüngere Off</hi></hi>.</speaker>
            <stage>(nach einer kleinen Verle-<lb/>
genheitsvollem Pau&#x017F;e plözlich iu ein bittres La-<lb/>
chen ausbrechend)</stage>
            <p>Ha vortreflich! EinMa&#x0364;hrchen,<lb/>
das Jhnen ein andrer, als ich, glauben mag!</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Der ältere Off</hi></hi>.</speaker>
            <stage>(&#x017F;ehr kalt)</stage>
            <p> Und warum<lb/>
Ma&#x0364;hrchen? Was finden Sie unglaubliches<lb/>
dran? Bin ich der er&#x017F;te Sterbliche, der, vom<lb/>
Unglu&#x0364;ck verfolgt, es wagen will, die Bu&#x0364;rde<lb/>
des Lebens abzu&#x017F;chu&#x0364;tteln? Oder halten Sie<lb/>
mich fu&#x0364;r einen &#x017F;o feigen und zugleich &#x017F;o einfa&#x0364;l-<lb/>
tigen Tropf, daß ich Sie nur durch eine Un-<lb/>
wahrheit entfernen mo&#x0364;chte, die zwei Stun-<lb/>
den &#x017F;pa&#x0364;ter &#x2014; doch nicht mehr hu&#x0364;lfe?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Der jüngere Off</hi></hi>.</speaker>
            <p> Nun, um &#x017F;o be&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;r<lb/>
Sie! Wenn Sie wu&#x0364;rklich des Lebens &#x017F;o mu&#x0364;-<lb/>
de &#x017F;ind, warum zaudern Sie noch &#x017F;ich anzu-<lb/>
ziehn, und mit mir zu gehen? Kommen Sie!</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker><hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Der ältere Off</hi></hi>.</speaker>
            <p> Nein, hizziger Ju&#x0364;ngling,<lb/>
nein! Das hieße Jhr Leben &#x017F;tehlen, wenn ich<lb/>
in jezziger Fa&#x017F;&#x017F;ung mit Jhnen mich &#x017F;chlu&#x0364;ge,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g 3</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[469/0477] durften Sie kommen, und Sie trafen mich nicht mehr lebend an. Der jüngere Off. (nach einer kleinen Verle- genheitsvollem Pauſe plözlich iu ein bittres La- chen ausbrechend) Ha vortreflich! EinMaͤhrchen, das Jhnen ein andrer, als ich, glauben mag! Der ältere Off. (ſehr kalt) Und warum Maͤhrchen? Was finden Sie unglaubliches dran? Bin ich der erſte Sterbliche, der, vom Ungluͤck verfolgt, es wagen will, die Buͤrde des Lebens abzuſchuͤtteln? Oder halten Sie mich fuͤr einen ſo feigen und zugleich ſo einfaͤl- tigen Tropf, daß ich Sie nur durch eine Un- wahrheit entfernen moͤchte, die zwei Stun- den ſpaͤter — doch nicht mehr huͤlfe? Der jüngere Off. Nun, um ſo beſſer fuͤr Sie! Wenn Sie wuͤrklich des Lebens ſo muͤ- de ſind, warum zaudern Sie noch ſich anzu- ziehn, und mit mir zu gehen? Kommen Sie! Der ältere Off. Nein, hizziger Juͤngling, nein! Das hieße Jhr Leben ſtehlen, wenn ich in jezziger Faſſung mit Jhnen mich ſchluͤge, G g 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/477
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/477>, abgerufen am 18.05.2024.