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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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XIV.

Welche unendlich kleine Kleinigkeit oft hin-
reiche, selbst störrigen Verbrechern ihr Geständ-
nis zu entwinden, zumal wenn ihre eigne Ein-
bildungskraft gegen sie auftritt, davon führt
Fielding noch ein Beispiel auf, das zu seinen
Zeiten vorfiel.

Katharina Hayes ward angeklagt und über-
wiesen ihren Ehmann umgebracht zu haben;
ward deshalb den Gesezzen nach zum Feuer
verurtheilt. Sie bewieß anfänglich in ihrem
Verhör äußerst viel Kühnheit und Dreistig-
keit; leugnete auch alles frischweg. Doch
indem die Zeugen abgehört wurden, brachte
man vor die Schranken unter andern ein Kleid,
das ihr Mann getragen, und womit sie einem
ihrer Nachbarn ein Geschenk gemacht hatte.
Dieses Kleid, auf eine Stange mit einem
Queerholz aufgehängt, glich gewissermaßen
dem Körper eines Menschen, dem der Kopf ab-

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XIV.

Welche unendlich kleine Kleinigkeit oft hin-
reiche, ſelbſt ſtoͤrrigen Verbrechern ihr Geſtaͤnd-
nis zu entwinden, zumal wenn ihre eigne Ein-
bildungskraft gegen ſie auftritt, davon fuͤhrt
Fielding noch ein Beiſpiel auf, das zu ſeinen
Zeiten vorfiel.

Katharina Hayes ward angeklagt und uͤber-
wieſen ihren Ehmann umgebracht zu haben;
ward deshalb den Geſezzen nach zum Feuer
verurtheilt. Sie bewieß anfaͤnglich in ihrem
Verhoͤr aͤußerſt viel Kuͤhnheit und Dreiſtig-
keit; leugnete auch alles friſchweg. Doch
indem die Zeugen abgehoͤrt wurden, brachte
man vor die Schranken unter andern ein Kleid,
das ihr Mann getragen, und womit ſie einem
ihrer Nachbarn ein Geſchenk gemacht hatte.
Dieſes Kleid, auf eine Stange mit einem
Queerholz aufgehaͤngt, glich gewiſſermaßen
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[407/0415] XIV. Welche unendlich kleine Kleinigkeit oft hin- reiche, ſelbſt ſtoͤrrigen Verbrechern ihr Geſtaͤnd- nis zu entwinden, zumal wenn ihre eigne Ein- bildungskraft gegen ſie auftritt, davon fuͤhrt Fielding noch ein Beiſpiel auf, das zu ſeinen Zeiten vorfiel. Katharina Hayes ward angeklagt und uͤber- wieſen ihren Ehmann umgebracht zu haben; ward deshalb den Geſezzen nach zum Feuer verurtheilt. Sie bewieß anfaͤnglich in ihrem Verhoͤr aͤußerſt viel Kuͤhnheit und Dreiſtig- keit; leugnete auch alles friſchweg. Doch indem die Zeugen abgehoͤrt wurden, brachte man vor die Schranken unter andern ein Kleid, das ihr Mann getragen, und womit ſie einem ihrer Nachbarn ein Geſchenk gemacht hatte. Dieſes Kleid, auf eine Stange mit einem Queerholz aufgehaͤngt, glich gewiſſermaßen dem Koͤrper eines Menſchen, dem der Kopf ab- C c 4

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/415>, abgerufen am 24.11.2024.