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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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"zig Jahr gehn gewiß fruchtlos vorbei. Mei-
"ne Wange wird inzwischen braun gebrannt,
"meine Stirne runzlicht, mein Körper durch
"Scharbock,Fieber, und tausend andereKrank-
"heiten siech gemacht werden. -- Endlich komm'
"ich wieder, und finde dich -- in dem Arm
"eines Andern; vielleicht als eine längst ver-
"blühte Mutter von Töchtern, die dann das
"sind, was du jezt bist."

"Du verkennst mich! Jch wart' auf dich,
"und wenn ich nie einen Mann als mei-
"nen Mann küssen sollte.

"Aber der Ungestüm deiner Aeltern indeß?
"deine fruchtlose Schwermuth; die Verläum-
"dung deiner Mitbürger; die = = =

"Was ist mir dies alles, wenn ich es für
"dich leide?"

"Ha! nun hab' ich dich, wo ich dich ha-
"ben wollte! Willst du dies alles meinet-
"halben auch ohne mich leiden, o! so thei-
"le lieber gleich jezt dein Geschick mit mir!
"-- Gieb mir deine Hand, und ich fliege dann

„zig Jahr gehn gewiß fruchtlos vorbei. Mei-
„ne Wange wird inzwiſchen braun gebrannt,
„meine Stirne runzlicht, mein Koͤrper durch
„Scharbock,Fieber, und tauſend andereKrank-
„heiten ſiech gemacht werden. — Endlich komm'
„ich wieder, und finde dich — in dem Arm
„eines Andern; vielleicht als eine laͤngſt ver-
„bluͤhte Mutter von Toͤchtern, die dann das
„ſind, was du jezt biſt.“

„Du verkennſt mich! Jch wart' auf dich,
„und wenn ich nie einen Mann als mei-
nen Mann kuͤſſen ſollte.

„Aber der Ungeſtuͤm deiner Aeltern indeß?
„deine fruchtloſe Schwermuth; die Verlaͤum-
„dung deiner Mitbuͤrger; die = = =

„Was iſt mir dies alles, wenn ich es fuͤr
dich leide?“

„Ha! nun hab' ich dich, wo ich dich ha-
„ben wollte! Willſt du dies alles meinet-
„halben auch ohne mich leiden, o! ſo thei-
„le lieber gleich jezt dein Geſchick mit mir!
„— Gieb mir deine Hand, und ich fliege dann

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[27/0035] „zig Jahr gehn gewiß fruchtlos vorbei. Mei- „ne Wange wird inzwiſchen braun gebrannt, „meine Stirne runzlicht, mein Koͤrper durch „Scharbock,Fieber, und tauſend andereKrank- „heiten ſiech gemacht werden. — Endlich komm' „ich wieder, und finde dich — in dem Arm „eines Andern; vielleicht als eine laͤngſt ver- „bluͤhte Mutter von Toͤchtern, die dann das „ſind, was du jezt biſt.“ „Du verkennſt mich! Jch wart' auf dich, „und wenn ich nie einen Mann als mei- „nen Mann kuͤſſen ſollte. „Aber der Ungeſtuͤm deiner Aeltern indeß? „deine fruchtloſe Schwermuth; die Verlaͤum- „dung deiner Mitbuͤrger; die = = = „Was iſt mir dies alles, wenn ich es fuͤr „dich leide?“ „Ha! nun hab' ich dich, wo ich dich ha- „ben wollte! Willſt du dies alles meinet- „halben auch ohne mich leiden, o! ſo thei- „le lieber gleich jezt dein Geſchick mit mir! „— Gieb mir deine Hand, und ich fliege dann

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/35>, abgerufen am 21.11.2024.