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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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von Elsassischer wenigstens zum Scheine;
denn das erste, ältere Recht jener Regierung
auf den Verbrecher war wohl unleugbar. Bald
wich daher auch dieser Widerspruch. R. wur-
de in Ketten und Banden nach seiner Vater-
stadt abgeführt. -- Jn einem Stücke hatte
man doch bei diesem Verfahren merklich ge-
fehlt! Hätte man R. gleich bei seiner Ver-
haftung genau verhört; über alle Umstände
seiner That pünktlich befragt, haarklein würde
er damals alles gestanden, und alles noch un-
bekante selbst angezeigt haben. Doch jenesVer-
hör war nur ein sogenanntes vorläufiges
gewesen. Sobald er gestanden, daß erR. heiße,
aus N--g gebürtig, wegen Ermordung jener
Witwe flüchtig, und Entwender von einem an-
sehnlichen Theil ihres Vermögens sei; sobald
hatte man abgebrochen; hatte geglaubt, man
wisse nun genug; das Weitere werde man schon
Zeit genug zuN--g selbst ihm abfragen. Einige
Wochen waren seitdem mit Schreibereien hin
und her nuzlos zugebracht worden. Jn sei-

von Elſaſſiſcher wenigſtens zum Scheine;
denn das erſte, aͤltere Recht jener Regierung
auf den Verbrecher war wohl unleugbar. Bald
wich daher auch dieſer Widerſpruch. R. wur-
de in Ketten und Banden nach ſeiner Vater-
ſtadt abgefuͤhrt. — Jn einem Stuͤcke hatte
man doch bei dieſem Verfahren merklich ge-
fehlt! Haͤtte man R. gleich bei ſeiner Ver-
haftung genau verhoͤrt; uͤber alle Umſtaͤnde
ſeiner That puͤnktlich befragt, haarklein wuͤrde
er damals alles geſtanden, und alles noch un-
bekante ſelbſt angezeigt haben. Doch jenesVer-
hoͤr war nur ein ſogenanntes vorlaͤufiges
geweſen. Sobald er geſtanden, daß erR. heiße,
aus N—g gebuͤrtig, wegen Ermordung jener
Witwe fluͤchtig, und Entwender von einem an-
ſehnlichen Theil ihres Vermoͤgens ſei; ſobald
hatte man abgebrochen; hatte geglaubt, man
wiſſe nun genug; das Weitere werde man ſchon
Zeit genug zuN—g ſelbſt ihm abfragen. Einige
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und her nuzlos zugebracht worden. Jn ſei-

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[294/0302] von Elſaſſiſcher wenigſtens zum Scheine; denn das erſte, aͤltere Recht jener Regierung auf den Verbrecher war wohl unleugbar. Bald wich daher auch dieſer Widerſpruch. R. wur- de in Ketten und Banden nach ſeiner Vater- ſtadt abgefuͤhrt. — Jn einem Stuͤcke hatte man doch bei dieſem Verfahren merklich ge- fehlt! Haͤtte man R. gleich bei ſeiner Ver- haftung genau verhoͤrt; uͤber alle Umſtaͤnde ſeiner That puͤnktlich befragt, haarklein wuͤrde er damals alles geſtanden, und alles noch un- bekante ſelbſt angezeigt haben. Doch jenesVer- hoͤr war nur ein ſogenanntes vorlaͤufiges geweſen. Sobald er geſtanden, daß erR. heiße, aus N—g gebuͤrtig, wegen Ermordung jener Witwe fluͤchtig, und Entwender von einem an- ſehnlichen Theil ihres Vermoͤgens ſei; ſobald hatte man abgebrochen; hatte geglaubt, man wiſſe nun genug; das Weitere werde man ſchon Zeit genug zuN—g ſelbſt ihm abfragen. Einige Wochen waren ſeitdem mit Schreibereien hin und her nuzlos zugebracht worden. Jn ſei-

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/302>, abgerufen am 19.06.2024.