Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

von Elsassischer wenigstens zum Scheine;
denn das erste, ältere Recht jener Regierung
auf den Verbrecher war wohl unleugbar. Bald
wich daher auch dieser Widerspruch. R. wur-
de in Ketten und Banden nach seiner Vater-
stadt abgeführt. -- Jn einem Stücke hatte
man doch bei diesem Verfahren merklich ge-
fehlt! Hätte man R. gleich bei seiner Ver-
haftung genau verhört; über alle Umstände
seiner That pünktlich befragt, haarklein würde
er damals alles gestanden, und alles noch un-
bekante selbst angezeigt haben. Doch jenesVer-
hör war nur ein sogenanntes vorläufiges
gewesen. Sobald er gestanden, daß erR. heiße,
aus N--g gebürtig, wegen Ermordung jener
Witwe flüchtig, und Entwender von einem an-
sehnlichen Theil ihres Vermögens sei; sobald
hatte man abgebrochen; hatte geglaubt, man
wisse nun genug; das Weitere werde man schon
Zeit genug zuN--g selbst ihm abfragen. Einige
Wochen waren seitdem mit Schreibereien hin
und her nuzlos zugebracht worden. Jn sei-

von Elſaſſiſcher wenigſtens zum Scheine;
denn das erſte, aͤltere Recht jener Regierung
auf den Verbrecher war wohl unleugbar. Bald
wich daher auch dieſer Widerſpruch. R. wur-
de in Ketten und Banden nach ſeiner Vater-
ſtadt abgefuͤhrt. — Jn einem Stuͤcke hatte
man doch bei dieſem Verfahren merklich ge-
fehlt! Haͤtte man R. gleich bei ſeiner Ver-
haftung genau verhoͤrt; uͤber alle Umſtaͤnde
ſeiner That puͤnktlich befragt, haarklein wuͤrde
er damals alles geſtanden, und alles noch un-
bekante ſelbſt angezeigt haben. Doch jenesVer-
hoͤr war nur ein ſogenanntes vorlaͤufiges
geweſen. Sobald er geſtanden, daß erR. heiße,
aus N—g gebuͤrtig, wegen Ermordung jener
Witwe fluͤchtig, und Entwender von einem an-
ſehnlichen Theil ihres Vermoͤgens ſei; ſobald
hatte man abgebrochen; hatte geglaubt, man
wiſſe nun genug; das Weitere werde man ſchon
Zeit genug zuN—g ſelbſt ihm abfragen. Einige
Wochen waren ſeitdem mit Schreibereien hin
und her nuzlos zugebracht worden. Jn ſei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0302" n="294"/>
von El&#x017F;a&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher wenig&#x017F;tens zum Scheine;<lb/>
denn das er&#x017F;te, a&#x0364;ltere Recht jener Regierung<lb/>
auf den Verbrecher war wohl unleugbar. Bald<lb/>
wich daher auch die&#x017F;er Wider&#x017F;pruch. R. wur-<lb/>
de in Ketten und Banden nach &#x017F;einer Vater-<lb/>
&#x017F;tadt abgefu&#x0364;hrt. &#x2014; Jn einem Stu&#x0364;cke hatte<lb/>
man doch bei die&#x017F;em Verfahren merklich ge-<lb/>
fehlt! Ha&#x0364;tte man R. gleich bei &#x017F;einer Ver-<lb/>
haftung <hi rendition="#g">genau</hi> verho&#x0364;rt; u&#x0364;ber alle Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
&#x017F;einer That pu&#x0364;nktlich befragt, haarklein wu&#x0364;rde<lb/>
er damals alles ge&#x017F;tanden, und alles noch un-<lb/>
bekante &#x017F;elb&#x017F;t angezeigt haben. Doch jenesVer-<lb/>
ho&#x0364;r war nur ein &#x017F;ogenanntes <hi rendition="#g">vorla&#x0364;ufiges</hi><lb/>
gewe&#x017F;en. Sobald er ge&#x017F;tanden, daß erR. heiße,<lb/>
aus N&#x2014;g gebu&#x0364;rtig, wegen Ermordung jener<lb/>
Witwe flu&#x0364;chtig, und Entwender von einem an-<lb/>
&#x017F;ehnlichen Theil ihres Vermo&#x0364;gens &#x017F;ei; &#x017F;obald<lb/>
hatte man abgebrochen; hatte geglaubt, man<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e nun genug; das Weitere werde man &#x017F;chon<lb/>
Zeit genug zuN&#x2014;g &#x017F;elb&#x017F;t ihm abfragen. Einige<lb/>
Wochen waren &#x017F;eitdem mit Schreibereien hin<lb/>
und her nuzlos zugebracht worden. Jn &#x017F;ei-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0302] von Elſaſſiſcher wenigſtens zum Scheine; denn das erſte, aͤltere Recht jener Regierung auf den Verbrecher war wohl unleugbar. Bald wich daher auch dieſer Widerſpruch. R. wur- de in Ketten und Banden nach ſeiner Vater- ſtadt abgefuͤhrt. — Jn einem Stuͤcke hatte man doch bei dieſem Verfahren merklich ge- fehlt! Haͤtte man R. gleich bei ſeiner Ver- haftung genau verhoͤrt; uͤber alle Umſtaͤnde ſeiner That puͤnktlich befragt, haarklein wuͤrde er damals alles geſtanden, und alles noch un- bekante ſelbſt angezeigt haben. Doch jenesVer- hoͤr war nur ein ſogenanntes vorlaͤufiges geweſen. Sobald er geſtanden, daß erR. heiße, aus N—g gebuͤrtig, wegen Ermordung jener Witwe fluͤchtig, und Entwender von einem an- ſehnlichen Theil ihres Vermoͤgens ſei; ſobald hatte man abgebrochen; hatte geglaubt, man wiſſe nun genug; das Weitere werde man ſchon Zeit genug zuN—g ſelbſt ihm abfragen. Einige Wochen waren ſeitdem mit Schreibereien hin und her nuzlos zugebracht worden. Jn ſei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/302
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/302>, abgerufen am 23.11.2024.