Vaterpflicht sich hindern ließ, der selbst ganz ohne Bedenken muthmasliches Gift seinem Weibe reichte; kurz, der zu allem bereit war, -- nur nicht Hand an sie zu legen; -- merkwür- dig bei sonst so plumper Bosheit die ziemlich durchdachte Verstellung, mit welcher er die schändlichsten Pläne seinen Aeltern, Schwie- gerältern und der, unschuldig gehaßten Per- son selbst verhehlen konnte; am allermerk- würdigsten endlich die Verlegenheit, in welche diese That, als sie abgeurtheilt werden sollte, ihre Richter versezte.
Das Josephinische peinliche Gesezbuch hat bekantermaßen selbst auf Mordthaten die To- desstrafe abgeschaft, und statt ihrer ein langwie- riges hartes Gefängnis und jährlich am Tage des Mordes eine nach Maas des Verbrechens und seiner erschwerenden Umstände zu ertheilen- de Zahl von Stockstreichen festgesezt. Die Stimme der Kriminal-Richter erkannte daher anfangs: "daß beide Verbrecher mit lang- "wierigen harten Gefängnis im zweiten Grad
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Vaterpflicht ſich hindern ließ, der ſelbſt ganz ohne Bedenken muthmasliches Gift ſeinem Weibe reichte; kurz, der zu allem bereit war, — nur nicht Hand an ſie zu legen; — merkwuͤr- dig bei ſonſt ſo plumper Bosheit die ziemlich durchdachte Verſtellung, mit welcher er die ſchaͤndlichſten Plaͤne ſeinen Aeltern, Schwie- geraͤltern und der, unſchuldig gehaßten Per- ſon ſelbſt verhehlen konnte; am allermerk- wuͤrdigſten endlich die Verlegenheit, in welche dieſe That, als ſie abgeurtheilt werden ſollte, ihre Richter verſezte.
Das Joſephiniſche peinliche Geſezbuch hat bekantermaßen ſelbſt auf Mordthaten die To- desſtrafe abgeſchaft, und ſtatt ihrer ein langwie- riges hartes Gefaͤngnis und jaͤhrlich am Tage des Mordes eine nach Maas des Verbrechens und ſeiner erſchwerenden Umſtaͤnde zu ertheilen- de Zahl von Stockſtreichen feſtgeſezt. Die Stimme der Kriminal-Richter erkannte daher anfangs: „daß beide Verbrecher mit lang- „wierigen harten Gefaͤngnis im zweiten Grad
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Vaterpflicht ſich hindern ließ, der ſelbſt ganz
ohne Bedenken muthmasliches Gift ſeinem
Weibe reichte; kurz, der zu allem bereit war, —
nur nicht Hand an ſie zu legen; — merkwuͤr-
dig bei ſonſt ſo plumper Bosheit die ziemlich
durchdachte Verſtellung, mit welcher er die
ſchaͤndlichſten Plaͤne ſeinen Aeltern, Schwie-
geraͤltern und der, unſchuldig gehaßten Per-
ſon ſelbſt verhehlen konnte; am allermerk-
wuͤrdigſten endlich die Verlegenheit, in welche
dieſe That, als ſie abgeurtheilt werden ſollte,
ihre Richter verſezte.
Das Joſephiniſche peinliche Geſezbuch hat
bekantermaßen ſelbſt auf Mordthaten die To-
desſtrafe abgeſchaft, und ſtatt ihrer ein langwie-
riges hartes Gefaͤngnis und jaͤhrlich am Tage
des Mordes eine nach Maas des Verbrechens
und ſeiner erſchwerenden Umſtaͤnde zu ertheilen-
de Zahl von Stockſtreichen feſtgeſezt. Die
Stimme der Kriminal-Richter erkannte daher
anfangs: „daß beide Verbrecher mit lang-
„wierigen harten Gefaͤngnis im zweiten Grad
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/241>, abgerufen am 02.05.2024.
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