gestehn musten, wäre hier zu erzälen so unnüz als weitläufig. Als Zen**en vorgehalten ward: Ob er sich denn nicht zwiefach ein Ge- wissen draus gemacht, eine Frau, die nun schon im achten Monat von ihm schwanger gewesen, ermorden zu lassen? gab er ganz gelassen zur Antwort: "Ueber ihre Schwangerschaft hab' "er sich weggesezt. Was er gethan, sei aus "Unverstand geschehen. So**r, um so viel äl- "ter, hätt' ihm abrathen sollen. Er selbst "würd' es nie übers Herz gebracht haben, ge- "waltsame Hand an sie zu legen."
Jch wiederhole: daß bei dieser Kriminal- geschichte alles, was einer romantischen Ver- wicklung auch nur von weiten ähnelt, wegfällt, und daß ich sie doch nicht für ganz unmerk- würdig halte. -- Merkwürdig scheint mir der schon berührte Stufengang mördrischer Entwürfe: -- merkwürdig das Gemisch von Feigheit und von Grausamkeit im Gemüth bes Mordsüchtigen, der von Entwurf zu Entwurf fortschritt, keine Vereitelung sich ermüden, keine
geſtehn muſten, waͤre hier zu erzaͤlen ſo unnuͤz als weitlaͤufig. Als Zen**en vorgehalten ward: Ob er ſich denn nicht zwiefach ein Ge- wiſſen draus gemacht, eine Frau, die nun ſchon im achten Monat von ihm ſchwanger geweſen, ermorden zu laſſen? gab er ganz gelaſſen zur Antwort: „Ueber ihre Schwangerſchaft hab' „er ſich weggeſezt. Was er gethan, ſei aus „Unverſtand geſchehen. So**r, um ſo viel aͤl- „ter, haͤtt' ihm abrathen ſollen. Er ſelbſt „wuͤrd' es nie uͤbers Herz gebracht haben, ge- „waltſame Hand an ſie zu legen.“
Jch wiederhole: daß bei dieſer Kriminal- geſchichte alles, was einer romantiſchen Ver- wicklung auch nur von weiten aͤhnelt, wegfaͤllt, und daß ich ſie doch nicht fuͤr ganz unmerk- wuͤrdig halte. — Merkwuͤrdig ſcheint mir der ſchon beruͤhrte Stufengang moͤrdriſcher Entwuͤrfe: — merkwuͤrdig das Gemiſch von Feigheit und von Grauſamkeit im Gemuͤth bes Mordſuͤchtigen, der von Entwurf zu Entwurf fortſchritt, keine Vereitelung ſich ermuͤden, keine
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geſtehn muſten, waͤre hier zu erzaͤlen ſo unnuͤz
als weitlaͤufig. Als Zen**en vorgehalten
ward: Ob er ſich denn nicht zwiefach ein Ge-
wiſſen draus gemacht, eine Frau, die nun ſchon
im achten Monat von ihm ſchwanger geweſen,
ermorden zu laſſen? gab er ganz gelaſſen zur
Antwort: „Ueber ihre Schwangerſchaft hab'
„er ſich weggeſezt. Was er gethan, ſei aus
„Unverſtand geſchehen. So**r, um ſo viel aͤl-
„ter, haͤtt' ihm abrathen ſollen. Er ſelbſt
„wuͤrd' es nie uͤbers Herz gebracht haben, ge-
„waltſame Hand an ſie zu legen.“
Jch wiederhole: daß bei dieſer Kriminal-
geſchichte alles, was einer romantiſchen Ver-
wicklung auch nur von weiten aͤhnelt, wegfaͤllt,
und daß ich ſie doch nicht fuͤr ganz unmerk-
wuͤrdig halte. — Merkwuͤrdig ſcheint mir
der ſchon beruͤhrte Stufengang moͤrdriſcher
Entwuͤrfe: — merkwuͤrdig das Gemiſch von
Feigheit und von Grauſamkeit im Gemuͤth bes
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fortſchritt, keine Vereitelung ſich ermuͤden, keine
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/240>, abgerufen am 24.11.2024.
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