Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

zutragen. Beiher ermahnt' er ihn immer: ja
nichts zu gestehn, wenn er doch vielleicht in
Verdacht käme, und befragt würde. Auch
dürfe er sich nicht fürchten, selbst einen Mein-
eid zu schwören; denn es sei bloßer Aberglau-
be, daß man dann binnen Jahr und Tag ster-
ben müsse!" -- Eine Tröstung, die im Mun-
de eines solchen, selbst abergläubischen Böse-
wichts, fast drollig klingen würde, wenn sie
bei einer andern, minder gräßlichen, Gelegen-
heit gegeben worden wäre!

Einige Stunden nachher ward der Leichnam
der Ermordeten gefunden. Zen** spielte, so gut
er nur konte, den Erschrocknen und Betrübten.
Doch nicht lange entging er und So**r dem
Verdachte. Seine frühern Reden bei jener
Hirtin und andern Bekannten erregten jezt erst
Muthmaßungen. Auch hatten die Nachbarn
eine Mannsperson früh aus Zen**s Garten je-
nem Busche, wo die That geschehen, zulaufen
gesehn, und argwohnten auf So**r. Wie bei-
de verhaftet wurden, wie sie alles endlich ein-

P 4

zutragen. Beiher ermahnt' er ihn immer: ja
nichts zu geſtehn, wenn er doch vielleicht in
Verdacht kaͤme, und befragt wuͤrde. Auch
duͤrfe er ſich nicht fuͤrchten, ſelbſt einen Mein-
eid zu ſchwoͤren; denn es ſei bloßer Aberglau-
be, daß man dann binnen Jahr und Tag ſter-
ben muͤſſe!“ — Eine Troͤſtung, die im Mun-
de eines ſolchen, ſelbſt aberglaͤubiſchen Boͤſe-
wichts, faſt drollig klingen wuͤrde, wenn ſie
bei einer andern, minder graͤßlichen, Gelegen-
heit gegeben worden waͤre!

Einige Stunden nachher ward der Leichnam
der Ermordeten gefunden. Zen** ſpielte, ſo gut
er nur konte, den Erſchrocknen und Betruͤbten.
Doch nicht lange entging er und So**r dem
Verdachte. Seine fruͤhern Reden bei jener
Hirtin und andern Bekannten erregten jezt erſt
Muthmaßungen. Auch hatten die Nachbarn
eine Mannsperſon fruͤh aus Zen**s Garten je-
nem Buſche, wo die That geſchehen, zulaufen
geſehn, und argwohnten auf So**r. Wie bei-
de verhaftet wurden, wie ſie alles endlich ein-

P 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0239" n="231"/>
zutragen. Beiher ermahnt' er ihn immer: ja<lb/>
nichts zu ge&#x017F;tehn, wenn er doch vielleicht in<lb/>
Verdacht ka&#x0364;me, und befragt wu&#x0364;rde. Auch<lb/>
du&#x0364;rfe er &#x017F;ich nicht fu&#x0364;rchten, &#x017F;elb&#x017F;t einen Mein-<lb/>
eid zu &#x017F;chwo&#x0364;ren; denn es &#x017F;ei bloßer Aberglau-<lb/>
be, daß man dann binnen Jahr und Tag &#x017F;ter-<lb/>
ben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e!&#x201C; &#x2014; Eine Tro&#x0364;&#x017F;tung, die im Mun-<lb/>
de eines &#x017F;olchen, &#x017F;elb&#x017F;t abergla&#x0364;ubi&#x017F;chen Bo&#x0364;&#x017F;e-<lb/>
wichts, fa&#x017F;t drollig klingen wu&#x0364;rde, wenn &#x017F;ie<lb/>
bei einer andern, minder gra&#x0364;ßlichen, Gelegen-<lb/>
heit gegeben worden wa&#x0364;re!</p><lb/>
          <p>Einige Stunden nachher ward der Leichnam<lb/>
der Ermordeten gefunden. Zen** &#x017F;pielte, &#x017F;o gut<lb/>
er nur konte, den Er&#x017F;chrocknen und Betru&#x0364;bten.<lb/>
Doch nicht lange entging er und So**r dem<lb/>
Verdachte. Seine fru&#x0364;hern Reden bei jener<lb/>
Hirtin und andern Bekannten erregten jezt er&#x017F;t<lb/>
Muthmaßungen. Auch hatten die Nachbarn<lb/>
eine Mannsper&#x017F;on fru&#x0364;h aus Zen**s Garten je-<lb/>
nem Bu&#x017F;che, wo die That ge&#x017F;chehen, zulaufen<lb/>
ge&#x017F;ehn, und argwohnten auf So**r. Wie bei-<lb/>
de verhaftet wurden, wie &#x017F;ie alles endlich ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 4</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0239] zutragen. Beiher ermahnt' er ihn immer: ja nichts zu geſtehn, wenn er doch vielleicht in Verdacht kaͤme, und befragt wuͤrde. Auch duͤrfe er ſich nicht fuͤrchten, ſelbſt einen Mein- eid zu ſchwoͤren; denn es ſei bloßer Aberglau- be, daß man dann binnen Jahr und Tag ſter- ben muͤſſe!“ — Eine Troͤſtung, die im Mun- de eines ſolchen, ſelbſt aberglaͤubiſchen Boͤſe- wichts, faſt drollig klingen wuͤrde, wenn ſie bei einer andern, minder graͤßlichen, Gelegen- heit gegeben worden waͤre! Einige Stunden nachher ward der Leichnam der Ermordeten gefunden. Zen** ſpielte, ſo gut er nur konte, den Erſchrocknen und Betruͤbten. Doch nicht lange entging er und So**r dem Verdachte. Seine fruͤhern Reden bei jener Hirtin und andern Bekannten erregten jezt erſt Muthmaßungen. Auch hatten die Nachbarn eine Mannsperſon fruͤh aus Zen**s Garten je- nem Buſche, wo die That geſchehen, zulaufen geſehn, und argwohnten auf So**r. Wie bei- de verhaftet wurden, wie ſie alles endlich ein- P 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/239
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/239>, abgerufen am 30.07.2024.