Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ein Complott, und Ihr selbst mögt nachdenken, wer Euch Geld gab, um in die Schenke zu gehen und zu trinken, anstatt auf Euerm Posten zu bleiben und die Leiche zu bewachen. Scipio, mein Gatte! rief die Frau Bürgermeisterin, erhitze dich nicht! Mir Geld gegeben, um ins Wirthshaus zu gehen? rief der Gerichtsdiener. Gott, mein Gott! wer soll mir Geld gegeben haben? Wer, wer? Niemand hat mir Geld gegeben Wer aber hat auch je auf dieser Welt gehört, daß man einen Todten stiehlt? Wäre der Galgen fort, wunderte sich keine Seele, der giebt einen Bodenbalken oder Brennholz. Aber ich war nur ein Viertelstündchen in der Schenke, um mich zu restauriren! Ich bin ein Mann von Gefühl, ich kann dergleichen nicht gut sehen -- kurz, ich mußte ein Glas darauf trinken. Der Teufel aber ist klug, er benutzte die Zeit -- Der Teufel, der Teufel! rief Balbus; und was soll der mit der Leiche wollen? Die Seele hat er ja ohnehin. Freilich, freilich! antwortete der Gerichtsdiener. Dem Teufel selbst mochte der Kerl zu schlecht sein, und darum hat er ihn auch wieder zurückgebracht. Dem Barbier fiel das Brenneisen aus der Hand. Was zurückgebracht? Unsinn! rief Balbus. Der Kornergeorg, Euer Ehren, ist wieder da. Der Bürgermeister sprang auf die Füße. Lebendig? rief er. ein Complott, und Ihr selbst mögt nachdenken, wer Euch Geld gab, um in die Schenke zu gehen und zu trinken, anstatt auf Euerm Posten zu bleiben und die Leiche zu bewachen. Scipio, mein Gatte! rief die Frau Bürgermeisterin, erhitze dich nicht! Mir Geld gegeben, um ins Wirthshaus zu gehen? rief der Gerichtsdiener. Gott, mein Gott! wer soll mir Geld gegeben haben? Wer, wer? Niemand hat mir Geld gegeben Wer aber hat auch je auf dieser Welt gehört, daß man einen Todten stiehlt? Wäre der Galgen fort, wunderte sich keine Seele, der giebt einen Bodenbalken oder Brennholz. Aber ich war nur ein Viertelstündchen in der Schenke, um mich zu restauriren! Ich bin ein Mann von Gefühl, ich kann dergleichen nicht gut sehen — kurz, ich mußte ein Glas darauf trinken. Der Teufel aber ist klug, er benutzte die Zeit — Der Teufel, der Teufel! rief Balbus; und was soll der mit der Leiche wollen? Die Seele hat er ja ohnehin. Freilich, freilich! antwortete der Gerichtsdiener. Dem Teufel selbst mochte der Kerl zu schlecht sein, und darum hat er ihn auch wieder zurückgebracht. Dem Barbier fiel das Brenneisen aus der Hand. Was zurückgebracht? Unsinn! rief Balbus. Der Kornergeorg, Euer Ehren, ist wieder da. Der Bürgermeister sprang auf die Füße. Lebendig? rief er. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <p><pb facs="#f0046"/> ein Complott, und Ihr selbst mögt nachdenken, wer Euch Geld gab, um in die Schenke zu gehen und zu trinken, anstatt auf Euerm Posten zu bleiben und die Leiche zu bewachen.</p><lb/> <p>Scipio, mein Gatte! rief die Frau Bürgermeisterin, erhitze dich nicht!</p><lb/> <p>Mir Geld gegeben, um ins Wirthshaus zu gehen? rief der Gerichtsdiener. Gott, mein Gott! wer soll mir Geld gegeben haben? Wer, wer? Niemand hat mir Geld gegeben Wer aber hat auch je auf dieser Welt gehört, daß man einen Todten stiehlt? Wäre der Galgen fort, wunderte sich keine Seele, der giebt einen Bodenbalken oder Brennholz. Aber ich war nur ein Viertelstündchen in der Schenke, um mich zu restauriren! Ich bin ein Mann von Gefühl, ich kann dergleichen nicht gut sehen — kurz, ich mußte ein Glas darauf trinken. Der Teufel aber ist klug, er benutzte die Zeit —</p><lb/> <p>Der Teufel, der Teufel! rief Balbus; und was soll der mit der Leiche wollen? Die Seele hat er ja ohnehin.</p><lb/> <p>Freilich, freilich! antwortete der Gerichtsdiener. </p><lb/> <p>Dem Teufel selbst mochte der Kerl zu schlecht sein, und darum hat er ihn auch wieder zurückgebracht.</p><lb/> <p>Dem Barbier fiel das Brenneisen aus der Hand. Was zurückgebracht? Unsinn! rief Balbus. Der Kornergeorg, Euer Ehren, ist wieder da. Der Bürgermeister sprang auf die Füße. Lebendig? rief er.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
ein Complott, und Ihr selbst mögt nachdenken, wer Euch Geld gab, um in die Schenke zu gehen und zu trinken, anstatt auf Euerm Posten zu bleiben und die Leiche zu bewachen.
Scipio, mein Gatte! rief die Frau Bürgermeisterin, erhitze dich nicht!
Mir Geld gegeben, um ins Wirthshaus zu gehen? rief der Gerichtsdiener. Gott, mein Gott! wer soll mir Geld gegeben haben? Wer, wer? Niemand hat mir Geld gegeben Wer aber hat auch je auf dieser Welt gehört, daß man einen Todten stiehlt? Wäre der Galgen fort, wunderte sich keine Seele, der giebt einen Bodenbalken oder Brennholz. Aber ich war nur ein Viertelstündchen in der Schenke, um mich zu restauriren! Ich bin ein Mann von Gefühl, ich kann dergleichen nicht gut sehen — kurz, ich mußte ein Glas darauf trinken. Der Teufel aber ist klug, er benutzte die Zeit —
Der Teufel, der Teufel! rief Balbus; und was soll der mit der Leiche wollen? Die Seele hat er ja ohnehin.
Freilich, freilich! antwortete der Gerichtsdiener.
Dem Teufel selbst mochte der Kerl zu schlecht sein, und darum hat er ihn auch wieder zurückgebracht.
Dem Barbier fiel das Brenneisen aus der Hand. Was zurückgebracht? Unsinn! rief Balbus. Der Kornergeorg, Euer Ehren, ist wieder da. Der Bürgermeister sprang auf die Füße. Lebendig? rief er.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/46 |
Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/46>, abgerufen am 16.07.2024. |